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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Kostbarkeit,
    Als in dem Schätzer: Wahn und Tollheit ist’s,
    Den Dienst zu machen größer als den Gott! –
    Und töricht schwärmt der Wille, der sich neigt
    Zu dem, was seine Liebe fälschlich adelt,
    Wenn innrer Wert dem Scheinverdienst gebricht.
    Troilus
.
    Ich nehme heut ein Weib, und meine Wahl
    Hängt von der Leitung meines Willens ab:
    Mein Wille ward entflammt durch Aug’ und Ohr,
    Zwei wackern Lotsen durch die schroffen Klippen
    Von Will’ und Urteil. Wie verstieß’ ich nun
    (Wenn einst dem Willen meine Wahl mißfiel)
    Das Weib, das ich erkor! – Da ist kein Ausweg,
    Kein Wanken gilt, wenn Ehre soll bestehn.
    Wir senden nicht die Seide heim dem Kaufmann,
    Die wir verderbt, noch werfen wir verächtlich
    Die übrigbliebnen Speisen durch einander,
    Weil wir nun satt: – man hielt es wohlgetan,
    Daß Paris Rache nehm’ am Griechenvolk;
    Einmüt’ger Beifall schwellt’ ihm seine Segel:
    Die alten Kämpfer, Meer und Wind, sie ruhten,
    Ihm beizustehn; den Port erreicht’ er schnell,
    Und statt der alten Base, dort gefangen,
    Bracht’ er ’ne griech’sche Fürstin, deren Frische
    Apollo runzlicht, welk den Morgen macht. –
    Mit welchem Fug? Die Griechen halten jene! –
    Und ist sie’s wert? Ha, eine Perle ist sie,
    Die mehr denn tausend Schiffe jagt’ ins Meer
    Und Kaufherrn schuf aus Kön’gen.
    Gesteht ihr ein, recht war’s, daß Paris ging –
    (Ihr müßt; denn alles rief: Zieh hin! Zieh hin!),
    Bekennt ihr, daß ein Kleinod seine Beute –
    (Ihr müßt; denn alle schlugt ihr in die Hände
    Und rieft: Unschätzbar!): warum schmäht ihr nun
    Den Ausgang eures eignen weisen Plans
    Und tut, was selbst Fortuna nicht getan,
    Entwürd’gend, was ihr reicher habt geschätzt
    Als Land und Meer? Dann, pfui dem schnöden Raub!
    Wir stahlen, was wir fürchten zu behalten,
    Als Dieb’, unwert des so gestohlnen Guts!
    Was wir vergeltend raubten ihrem Strand,
    Scheun wir zu schützen in der Heimat Land!
    Kassandra
draußen.
    Weint. Troer, weint! –
    Priamus
.
    Welch Schrei’n? Welch Angstgestöhn?
    Troilus
.
    Die tolle Schwester; ihre Stimm’ erkenn’ ich.
    Kassandra
draußen.
    Weint, Troer!
    Hektor
.
    ’s ist Kassandra!
    Kassandra kommt, in Verzückung, mit fliegenden Haaren.
    Kassandra
.
    Weint, Troer, weint! Leiht mir zehntausend Augen,
    Und alle füll’ ich mit prophet’schen Tränen!
    Hektor
.
    Still, Schwester, still! –
    Kassandra
.
    Jungfrau’n und Knaben, Männer, schwache Greise,
    Unmünd’ge Kindheit, die nichts kann als weinen,
    Verstärkt mein Wehgeschrei! Und zahlt voraus
    Die Hälfte all des Jammers, der uns nah!
    Weint, Troer, weint: gewöhnt Eu’r Aug’ an Tränen:
    Troja vergeht, das schöne Ilium sinkt!
    Paris, der Feuerbrand, verzehrt uns alle.
    Weint, weint! O Helena, du Weh der Wehen! –
    Weint! Troja brennt! Verbannt sie, heißt sie gehen!
    Geht ab.
    Hektor
.
    Nun, junger Troilus, weckt dies grause Lied
    Der prophezei’nden Schwester kein Gefühl
    Der Reu’ im Herzen? Oder ist dein Blut
    So toll erhitzt, daß Überlegung nicht,
    Noch Furcht vor schlechtem Ausgang schlechter Sache
    Die Glut dir mäß’gen kann? –
    Troilus
.
    Ei, Bruder Hektor,
    Wir dürfen nicht die Güte jeder Tat
    Ermessen nach dem Ausgang des Erfolgs,
    Noch unsre Herzen gleich entmut’gen, weil
    Kassandra rast. Ihr hirnverrücktes Toben
    Verbittre nicht die Lust an einem Streit,
    Dem unser aller Ehre sich verpfändet
    Als wohlgeziemend. Mir, für meinen Anteil,
    Gilt er nicht mehr als jedem Sohn des Priam;
    Und Zeus verhüte, daß wir etwas täten,
    Verföchten, drauf beharrten, was auch nur
    Rechtmäß’gen Grund zum kleinsten Tadel gäbe!
    Paris
.
    Sonst dürfte wohl die Welt des Leichtsinns zeihn
    Mein Unternehmen so wie euern Rat.
    Doch, bei den Göttern! Eu’r vollkommner Beifall
    Gab Flügel meinem Wunsch und schnitt hinweg
    Jeglich Bedenken solcher kühnen Wagnis.
    Denn was vermag allein mein schwacher Arm?
    Was beut die Kühnheit eines Manns für Kampf,
    All’ derer Stoß und Feindschaft zu bestehn,
    Die solche Fehd’ erweckte? Dennoch schwör’ ich:
    Müßt’ ich allein den schweren Kampf versuchen,
    Und käme nur die Macht dem Willen gleich,
    Nie widerriefe Paris, was er tat,
    Noch wankt er im Verfolg!
    Priamus
.
    Paris, du sprichst
    Wie einer, der von süßen Lüsten schwindelt.
    Du hast den Honig stets, die Galle sie,
    So tapfer sein verdiente Ruhm noch nie.
    Paris
.
    Ich trachte nicht allein den Freuden nach,
    Die solche Schönheit ihrem Eigner bringt;
    Des holden Raubes

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