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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Patroklus,
    Wir kennen dies Erwidern nur zu gut.
    Doch dieser Vorwand, so mit Hohn beschwingt,
    Kann doch nicht unsrer Wahrnehmung entfliegen.
    Manch seltnen Wert besitzt er, mancher Grund
    Heißt uns dies eingestehn; doch seine Tugend,
    Nicht tugendlich verwendet seinerseits,
    Verlor in unsern Augen fast den Glanz:
    Ja, gleich der Würz’ in ungesunder Speise,
    Verdirbt wohl ungekostet. Meldet ihm,
    Wir kommen, ihn zu sehn. Ihr sündigt nicht,
    Wenn Ihr ihm sagt, er dünk’ uns mehr als stolz
    Und minder als gesittet: viel größer noch
    In eignem Hochmut als nach echter Schätzung.
    Manch Bess’rer krümmt sich hier der spröden Wildheit
    In die er sich verlarvt,
    Entäußert sich der heil’gen Herrschermacht
    Und räumt ihm ein, nachsichtig und aus Schonung,
    Den Vorrang seiner Laune: ja, bewacht
    Sein kindisch Wechseln, seine Ebb’ und Flut,
    Als ob der Lauf und Fortgang dieses Kriegs
    Mit seiner Witt’rung schiffte. Sagt ihm dies;
    Sagt noch, daß, wenn er so sich überschätzt,
    Wir ihn verschmähn; dann lieg’ er, wie ein Rüstzeug,
    Zu dem man spricht, weil’s zum Gebrauch zu schwer:
    »Bewegung her! – dies kann nicht in den Krieg!« –
    Und daß wir vorziehn einen rühr’gen Zwerg
    Dem Riesen, welcher schläft. Dies alles sagt ihm!
    Patroklus
.
    Ich tu’s und bring Euch Antwort unverzüglich.
    Geht ab.
    Agamemnon
.
    Antwort durch fremden Mund genügt uns nicht;
    Er komme selbst. Geht Ihr, Ulyß, zu ihm!
    Ulysses geht ab.
    Ajax
. Was ist er mehr als andre?
    Agamemnon
. Nicht mehr, als was er selbst zu sein wähnt.
    Ajax
. So viel? Und glaubt Ihr nicht, daß er sich dünkt ein bess’rer Mann als ich zu sein?
    Agamemnon
. Das ist kein Zweifel.
    Ajax
. Und teilt Ihr diesen Dünkel? Bejaht Ihr’s?
    Agamemnon
. Nein, edler Ajax; Ihr seid eben so stark, so tapfer, so klug, so edel, und viel gesitteter.
    Ajax
. Warum sollte ein Mensch stolz sein? Wo kommt der Stolz her? Ich weiß nicht, was Stolz ist!
    Agamemnon
. Eu’r Gemüt ist um so reiner, Ajax, und Eure Tugenden um so leuchtender. Wer stolz ist, verzehrt sich selbst; Stolz ist sein eigner Spiegel, seine eigne Trompete, sein eigne Chronik! Und wer sich selbst preist, außer durch die Tat, vernichtet die Tat im Preise.
    Ajax
. Ich hasse einen stolzen Mann, wie ich das Brüten der Kröten hasse.
    Nestor
beiseit. Und liebst dich selber doch: ist das nicht seltsam?
    Ulysses kommt zurück.
    Ulysses
.
    Achill will morgen nicht im Feld erscheinen.
    Agamemnon
.
    Womit entschuldigt er’s?
    Ulysses
.
    Den Grund verschweigt er,
    Dem Strome seiner Stimmung folgt er nach
    Und weigert jedem Ehrfurcht und Gehorsam
    In selbstisch eigenwilliger Verstocktheit.
    Agamemnon
.
    Warum nicht kommt er, freundlich doch ersucht,
    Aus seinem Zelt und teilt die Luft mit uns?
    Ulysses
.
    Ein Stäubchen, die Verhandlung zu erschweren,
    Macht er zum Berg; er ist an Größe krank;
    Ja, mit sich selbst nur redend, schnaubt sein Hochmut,
    Und ihm versagt der Atem. Eigendünkel
    Erregt sein Blut durch so erhitzten Schwulst,
    Daß, wie des Leibs und Geistes Kräfte kämpfen,
    Sein Reich des Lebens in Empörung wütet
    Und den Achilles niederstürzt. Was noch?
    So pestkrank ist sein Stolz, daß jede Beule
    Ruft: Keine Rettung!
    Agamemnon
.
    Ajax, geht zu ihm!
    Mein teurer Fürst, geht Ihr hinein und grüßt ihn;
    Man sagt, er schätzt Euch sehr, und kommt vielleicht
    Ein wenig zu sich selbst, von Euch ermahnt.
    Ulysses
.
    O Agamemnon, dies geschehe nicht!
    Es soll des Ajax Schritt gesegnet sein,
    Der weggeht vom Achill. Soll jener Stolze,
    Der seinen Trotz mit eignem Fett beträuft
    Und nichts, was nur geschehn ist, je gewürdigt
    Der Überlegung, – wenn’s ihn selber nicht
    Anregt’ und traf, – soll dem gehuldigt werden
    Von ihm, der unser Abgott mehr als er?
    Nein, dieser dreimal würd’ge, tapfre Fürst
    Soll nicht so schmähn den wohlerrungnen Lorbeer,
    Noch sich mit meinem Will’n so weit erniedern –
    Er, ganz so hochberühmt als selbst Achill –,
    Jetzt zum Achill zu gehn.
    Das hieße spicken Stolz, der schon zu feist,
    Und Feu’r zutragen dem Cancer, wenn er flammt
    In des Hyperion strahlendem Geleit. –
    Der Fürst vor ihm erscheinen? Zeus verhüt’ es
    Und spreche donnernd: Geh’ Achill zu diesem! –
    Nestor
beiseit.
    O das ist recht; er kratzt ihn, wo’s ihn juckt.
    Diomedes
beiseit.
    Und wie sein Schweigen diesen Beifall trinkt!
    Ajax
.
    Geh’ ich zu ihm, dann mit der Eisenfaust
    Schlag’ ich ihm ins Gesicht.
    Agamemnon
.
    Ihr sollt nicht

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