Sämtliche Dramen
Tage?
Apemantus
. Wo mein Hunger Nahrung findet, oder viel mehr, wo ich sie verzehre.
Timon
. Ich wollte, Gift gehorchte mir, und wüßte meine Meinung.
Apemantus
. Wohin wolltest du es senden?
Timon
. Dein Mahl zu würzen.
Apemantus
. Den Mittelweg der Menschheit kanntest du nie, sondern nur die beiden äußersten Enden. Als du in Gold und Wohlgeruch lebtest, wurdest du wegen zu gesuchter Feinheit verspottet; in deinen Lumpen kennst du sie gar nicht mehr, und wirst, um ihres Gegenteils willen, verabscheut. Hier hast du eine Mispel, iß sie!
Timon
. Ich esse nicht, was ich hasse.
Apemantus
. Hassest du Mispeln?
Timon
. Ja, wenn sie dir auch gleich sehen.
Apemantus
. Hättest du die diesen Mispeln ähnlichen faulen Zwischenträger früher gehaßt, so würdest du dich jetzt mehr lieben. Kanntest du je einen Verschwender, der noch geliebt ward, wenn seine Mittel dahin waren?
Timon
. Wen, ohne diese Mittel, von denen du sprichst, sahest du je geliebt?
Apemantus
. Mich selbst.
Timon
. Ich verstehe dich; du hattest einmal so viel, daß du dir einen Hund halten konntest.
Apemantus
. Was auf der ganzen Welt kannst du am besten mit deinen Schmeichlern vergleichen?
Timon
. Die Frauen; aber die Männer, die Männer sind das Ding selbst. Was würdest du mit der Welt machen, Apemantus, wenn sie dir gehörte?
Apemantus
. Ich würde sie dem Vieh geben, um der Menschen los zu werden.
Timon
. Wolltest du denn mit den übrigen Menschen zugrunde gehen und ein Vieh unter dem Vieh bleiben?
Apemantus
. Ja, Timon.
Timon
. Ein viehischer Wunsch, den ich die Götter bitte zu gewähren! Wärest du der Löwe, so würde der Fuchs dich betrügen; wärest du das Lamm, so würde der Fuchs dich fressen; wärest du der Fuchs, so würdest du dem Löwen verdächtig werden, wenn dich der Esel vielleicht verklagte; wärest du der Esel, so würde deine Dummheit dich plagen, und du lebtest doch nur als ein Frühstück für den Wolf; wärest du der Wolf, so würde deine Gefräßigkeit dich quälen, und du müßtest dein Leben oft wegen deines Mittagsessens wagen; wärest du das Einhorn, so würde Stolz und Wut dich zugrunde richten, und du würdest die Beute deines eigenen Grimmes; wärest du der Bär, so tötete dich das Pferd; wärest du das Pferd, so ergriffe dich der Leopard; wärest du der Leopard, so wärest du des Löwen Bruder, und deine eigenen Flecken würden sich gegen dein Leben verschwören; deine ganze Sicherheit wäre, versteckt sein, und deine Verteidigung Abwesenheit. Welch Vieh könntest du sein, das nicht einem andern Vieh unterworfen wäre? und welch ein Vieh bist du schon, daß du nicht einsiehst, wie viel du in der Verwandlung verlörest?
Apemantus
. Könntest du mir durch Reden gefallen, so hättest du es hiemit getroffen: der Staat von Athen ist ein Wald von Vieh geworden.
Timon
. Wie ist der Esel durch die Mauern gebrochen, daß du außer der Stadt bist?
Apemantus
. Dort kommt ein Dichter und ein Maler: die Pest der Gesellschaft treffe dich! Aus Furcht, angesteckt zu werden, gehe ich fort. Wenn ich einmal nicht weiß, was ich sonst tun soll, will ich dich wieder besuchen.
Timon
. Wenn es außer dir nichts Lebendiges mehr gibt, sollst du willkommen sein. Ich möchte lieber eines Bettlers Hund als Apemantus sein.
Apemantus
. Du bist das Haupt der Narr’n der ganzen Welt.
Timon
. Wärst du doch rein genug, dich anzuspein!
Apemantus
. Verwünscht bist du, zu schlecht, um dir zu fluchen!
Timon
. Mit dir gepaart ist jeder Schuft ein Edler.
Apemantus
. Nicht andern Aussatz gibt’s, als was du sprichst.
Timon
.
Ja, nenn’ ich dich. – Ich schlug’ dich, doch das würde
Die Hände mir vergiften.
Apemantus
. Oh, könnte doch mein Mund sie faulen machen!
Timon
.
Hinweg! du Sprößling eines räud’gen Hundes!
Die Wut erstickt mich, daß du Leben hast;
Mir schwindelt, seh’ ich dich!
Apemantus
.
Oh, mögst du bersten!
Timon
.
Fort, läst’ger Schuft! Mich dauert’s, einen Stein
An dich zu wenden!
Er wirft einen Stein nach ihm.
Apemantus
.
Tier!
Timon
.
Sklav’!
Apemantus
.
Kröte!
Timon
.
Schelm!
Apemantus zieht sich zurück, als ob er gehn wollte.
Mir ekelt ob der falschen Welt, und lieben
Will ich von ihr die kahle Notdurft nur.
Drum, Timon, grabe dir alsbald dein Grab,
Lieg’, wo der Seeschaum täglich schlagen mag
Den Stein; dein Epitaph schreib’ in der Grotte,
Daß Tod in mir des Lebens andrer spotte.
Er betrachtet das Gold.
Du süßer Königsmörder, edle
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