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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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war am Reden, als der Hahn just krähte.
    Horatio
.
    Und da fuhr’s auf, gleich einem sünd’gen Wesen
    Auf einen Schreckensruf. Ich hab’ gehört,
    Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen,
    Erweckt mit schmetternder und heller Kehle
    Den Gott des Tages, und auf seine Mahnung,
    Sei’s in der See, im Feu’r, Erd’ oder Luft,
    Eilt jeder schweifende und irre Geist
    In sein Revier; und von der Wahrheit dessen
    Gab dieser Gegenstand uns den Beweis.
    Marcellus
.
    Es schwand erblassend mit des Hahnes Kräh’n.
    Sie sagen, immer wann die Jahrszeit naht,
    Wo man des Heilands Ankunft feiert, singe
    Die ganze Nacht durch dieser frühe Vogel.
    Dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie,
    Die Nächte sind gesund, dann trifft kein Stern,
    Kein Elfe faht, noch mögen Hexen zaubern:
    So gnadevoll und heilig ist die Zeit.
    Horatio
.
    So hört’ auch ich und glaube dran zum Teil.
    Doch seht, der Morgen, angetan mit Purpur,
    Betritt den Tau des hohen Hügels dort:
    Laßt uns die Wacht aufbrechen, und ich rate,
    Vertraun wir, was wir diese Nacht gesehn,
    Dem jungen Hamlet; denn, bei meinem Leben,
    Der Geist, so stumm für uns, ihm wird er reden.
    Ihr willigt drein, daß wir ihm dieses melden,
    Wie Lieb’ uns nötigt und der Pflicht geziemt?
    Marcellus
.
    Ich bitt’ Euch, tun wir das; ich weiß, wo wir
    Ihn am bequemsten heute finden werden.
    Ab.
    ¶

Zweite Szene
    Ein Staatszimmer im Schlosse.
    Der König, die Königin, Hamlet, Polonius, Laertes, Voltimand, Cornelius, Herren vom Hofe und Gefolge.
    König
.
    Wiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders,
    Noch das Gedächtnis frisch; und ob es unserm Herzen
    Zu trauren ziemte, und dem ganzen Reich,
    In eine Stirn des Grames sich zu falten;
    So weit hat Urteil die Natur bekämpft,
    Daß wir mit weisem Kummer sein gedenken,
    Zugleich mit der Erinn’rung an uns selbst.
    Wir haben also unsre weiland Schwester,
    Jetzt unsre Königin, die hohe Witwe
    Und Erbin dieses kriegerischen Staats,
    Mit unterdrückter Freude, so zu sagen
    Mit einem heitern, einem nassen Aug’,
    Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage,
    In gleichen Schalen wägend Leid und Lust,
    Zur Eh’ genommen; haben auch hierin
    Nicht eurer bessern Weisheit widerstrebt,
    Die frei uns beigestimmt. – Für alles, Dank!
    Nun, wißt ihr, hat der junge Fortinbras,
    Aus Minderschätzung unsers Werts, und denkend,
    Durch unsers teuren sel’gen Bruders Tod
    Sei unser Staat verrenkt und aus den Fugen:
    Gestützt auf diesen Traum von seinem Vorteil,
    Mit Botschaft uns zu plagen nicht ermangelt
    Um Wiedergabe jener Länderei’n,
    Rechtskräftig eingebüßt von seinem Vater
    An unsern tapfern Bruder. – So viel von ihm;
    Nun von uns selbst und eurer Herberufung.
    So lautet das Geschäft: wir schreiben hier
    An Norweg, Ohm des jungen Fortinbras,
    Der schwach, bettlägrig, kaum von diesem Anschlag
    Des Neffen hört, desselben fernern Gang
    Hierin zu hemmen; sintemal die Werbung,
    Bestand und Zahl der Truppen, alles doch
    Aus seinem Volk geschieht; und senden nun
    Euch, wackrer Voltimand, und Euch, Cornelius,
    Mit diesem Gruß zum alten Norweg hin,
    Euch keine weitre Vollmacht übergebend,
    Zu handeln mit dem König, als das Maß
    Der hier erörterten Artikel zuläßt.
    Lebt wohl, und Eil’ empfehle euren Eifer!
    Cornelius
und
Voltimand
.
    Hier, wie in allem, wollen wir ihn zeigen.
    König
.
    Wir zweifeln nicht daran. Lebt herzlich wohl!
    Voltimand und Cornelius ab.
    Und nun, Laertes, sagt, was bringt Ihr uns?
    Ihr nanntet ein Gesuch: was ist’s, Laertes?
    Ihr könnt nicht von Vernunft dem Dänen reden,
    Und Euer Wort verlieren. Kannst du bitten,
    Was ich nicht gern gewährt’, eh’ du’s verlangt?
    Der Kopf ist nicht dem Herzen mehr verwandt,
    Die Hand dem Munde dienstgefäll’ger nicht,
    Als Dänmarks Thron es deinem Vater ist.
    Was wünschest du, Laertes?
    Laertes
.
    Hoher Herr,
    Vergünstigung, nach Frankreich rückzukehren,
    Woher ich zwar nach Dänmark willig kam,
    Bei Eurer Krönung meine Pflicht zu leisten;
    Doch nun gesteh’ ich, da die Pflicht erfüllt,
    Strebt mein Gedank’ und Wunsch nach Frankreich hin
    Und neigt sich Eurer gnädigen Erlaubnis.
    König
.
    Erlaubt’s der Vater Euch? Was sagt Polonius?
    Polonius
.
    Er hat, mein Fürst, die zögernde Erlaubnis
    Mir durch beharrlich Bitten abgedrungen,
    Daß ich zuletzt auf seinen Wunsch das Siegel
    Der schwierigen Bewilligung gedrückt.
    Ich bitt’ Euch, gebt Erlaubnis ihm zu gehn!
    König
.
    Nimm deine günst’ge Stunde: Zeit sei dein,
    Und eigne Zierde;

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