Sämtliche Dramen
wachen.
Vielleicht wird’s wieder kommen.
Horatio
.
Zuverlässig.
Hamlet
.
Erscheint’s in meines edlen Vaters Bildung,
So red’ ich’s an, gähnt’ auch die Hölle selbst
Und hieß’ mich ruhig sein. Ich bitt’ euch alle:
Habt ihr bis jetzt verheimlicht dies Gesicht,
So haltet’s ferner fest in eurem Schweigen;
Und was sich sonst zu Nacht ereignen mag,
Gebt allem einen Sinn, doch keine Zunge:
Ich will die Lieb’ euch lohnen; lebt denn wohl!
Auf der Terrasse zwischen eilf und zwölf
Besuch’ ich euch.
Alle
.
Eu’r Gnaden unsre Dienste!
Hamlet
.
Nein, eure Liebe, so wie meine euch.
Lebt wohl nun!
Horatio, Marcellus und Bernardo ab.
Meines Vaters Geist in Waffen!
Es taugt nicht alles: ich vermute was
Von argen Ränken. Wär’ die Nacht erst da!
Bis dahin ruhig, Seele! Schnöde Taten,
Birgt sie die Erd’ auch, müssen sich verraten.
Ab.
¶
Dritte Szene
Ein Zimmer in Polonius’ Hause.
Laertes und Ophelia treten auf.
Laertes
.
Mein Reisegut ist eingeschifft. Leb wohl,
Und, Schwester, wenn die Winde günstig sind
Und Schiffsgeleit sich findet, schlaf’ nicht, laß
Von dir mich hören!
Ophelia
.
Zweifelst du daran?
Laertes
.
Was Hamlet angeht und sein Liebsgetändel,
So nimm’s als Sitte, als ein Spiel des Bluts;
Ein Veilchen in der Jugend der Natur,
Frühzeitig, nicht beständig – süß, nicht dauernd,
Nur Duft und Labsal eines Augenblicks:
Nichts weiter.
Ophelia
.
Weiter nichts?
Laertes
.
Nur dafür halt es:
Denn die Natur, aufstrebend, nimmt nicht bloß
An Größ’ und Sehnen zu; wie dieser Tempel wächst,
So wird der innre Dienst von Seel’ und Geist
Auch weit mit ihm. Er liebt Euch jetzt vielleicht;
Kein Arg und kein Betrug befleckt bis jetzt
Die Tugend seines Willens: doch befürchte,
Bei seinem Rang gehört sein Will’ ihm nicht!
Er selbst ist der Geburt ja untertan.
Er kann nicht, wie geringe Leute tun,
Für sich auslesen; denn an seiner Wahl
Hängt Sicherheit und Heil des ganzen Staats.
Deshalb muß seine Wahl beschränket sein
Vom Beifall und der Stimme jenes Körpers,
Von welchem er das Haupt. Wenn er nun sagt, er liebt dich,
Geziemt es deiner Klugheit, ihm zu glauben,
So weit er nach besonderm Recht und Stand
Tat geben kann dem Wort; das heißt, nicht weiter
Als Dänemarks gesamte Stimme geht.
Bedenk’, was deine Ehre leiden kann,
Wenn du zu gläubig seinem Liede lauschest,
Dein Herz verlierst, und deinen keuschen Schatz
Vor seinem ungestümen Dringen öffnest.
Fürcht’ es, Ophelia! fürcht’ es, liebe Schwester,
Und halte dich im Hintergrund der Neigung,
Fern von dem Schuß und Anfall der Begier!
Das scheuste Mädchen ist verschwend’risch noch,
Wenn sie dem Monde ihren Reiz enthüllt.
Selbst Tugend nicht entgeht Verleumdertücken,
Es nagt der Wurm des Frühlings Kinder an,
Zu oft noch eh’ die Knospe sich erschließt,
Und in der Früh’ und frischem Tau der Jugend
Ist gift’ger Anhauch am gefährlichsten.
Sei denn behutsam! Furcht gibt Sicherheit,
Auch ohne Feind hat Jugend innern Streit.
Ophelia
.
Ich will den Sinn so guter Lehr’ bewahren,
Als Wächter meiner Brust; doch, lieber Bruder,
Zeigt nicht, wie heilvergeßne Pred’ger tun,
Den steilen Dornenweg zum Himmel andern,
Derweil als frecher, lockrer Wollüstling
Er selbst den Blumenpfad der Lust betritt
Und spottet seines Rats.
Laertes
.
O fürchtet nichts!
Zu lange weil’ ich – doch da kommt mein Vater.
Polonius kommt.
Zwiefacher Segen ist ein zwiefach Heil:
Der Zufall lächelt einem zweiten Abschied.
Polonius
.
Noch hier, Laertes? Ei, ei! an Bord, an Bord!
Der Wind sitzt in dem Nacken Eures Segels,
Und man verlangt Euch. Hier mein Segen mit dir –
Indem er dem Laertes die Hand aufs Haupt legt.
Und diese Regeln präg’ in dein Gedächtnis:
Gib den Gedanken, die du hegst, nicht Zunge,
Noch einem ungebührlichen die Tat!
Leutselig sei, doch keineswegs gemein!
Den Freund, der dein, und dessen Wahl erprobt,
Mit ehr’nen Haken klammr’ ihn an dein Herz!
Doch härte deine Hand nicht durch Begrüßung
Von jedem neugeheckten Bruder! Hüte dich,
In Händel zu geraten; bist du drin:
Führ’ sie, daß sich dein Feind vor dir mag hüten!
Dein Ohr leih’ jedem, wen’gen deine Stimme;
Nimm Rat von allen, aber spar’ dein Urteil!
Die Kleidung kostbar, wie’s dein Beutel kann,
Doch nicht ins Grillenhafte; reich, nicht bunt:
Denn es verkündigt oft die Tracht den Mann,
Und die vom ersten Rang und Stand in
Weitere Kostenlose Bücher