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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Mäuse gefressen hätte und könnte sie nun nicht verdauen. Lasst ihn nur erst; er muss auch essen, trinken, schlafen wie andere Menschen. Es ist mir nicht bange, wenn wir unsere Zeit recht nehmen. Im Anfange geht’s rasch; nachher wird er auch finden, dass in der Speisekammer unter den Speckseiten besser leben ist und des Nachts zu ruhen, als auf dem Fruchtboden einzelne Mäuschen zu erlisten. Geht nur, ich kenne die Statthalter.
    Zimmermeister .
    Was so einem Menschen alles durchgeht! Wenn ich in meinem Leben so etwas gesagt hätte, hielt’ ich mich keine Minute für sicher.
    Vansen .
    Seid nur ruhig. Gott im Himmel erfährt nichts von euch Würmern, geschweige der Regent.
    Jetter .
    Lästermaul!
    Vansen .
    Ich weiß andere, denen es besser wäre, sie hätten statt ihres Heldenmuts eine Schneiderader im Leibe.
    Zimmermeister .
    Was wollt Ihr damit sagen?
    Vansen .
    Hm! Den Grafen mein’ ich.
    Jetter .
    Egmont. Was soll der fürchten?
    Vansen .
    Ich bin ein armer Teufel und könnte ein ganzes Jahr leben von dem, was er in einem Abende verliert. Und doch könnt’ er mir sein Einkommen eines ganzen Jahres geben, wenn er meinen Kopf auf eine Viertelstunde hätte.
    Jetter .
    Du denkst dich was Rechts. Egmonts Haare sind gescheiter als dein Hirn.
    Vansen .
    Redt Ihr! Aber nicht feiner. Die Herren betrügen sich am ersten. Er sollte nicht trauen.
    Jetter .
    Was er schwätzt! So ein Herr!
    Vansen .
    Eben weil er kein Schneider ist.
    Jetter .
    Ungewaschen Maul!
    Vansen .
    Dem wollt’ ich Eure Courage nur eine Stunde in die Glieder wünschen, dass sie ihm da Unruh machte und ihn so lange neckte und juckte, bis er aus der Stadt müsste.
    Jetter .
    Ihr redet recht unverständig; er ist so sicher wie der Stern am Himmel.
    Vansen .
    Hast du nie einen sich schneuzen gesehn? Weg war er!
    Zimmermeister .
    Wer will ihm denn was tun?
    Vansen .
    Wer will? Willst du’s etwa hindern? Willst du einen Aufruhr erregen, wenn sie ihn gefangen nehmen?
    Jetter .
    Ah!
    Vansen .
    Wollt ihr eure Rippen für ihn wagen?
    Soest .
    Eh!
    Vansen (sie nachäffend) .
    Ih! Oh! Uh! Verwundert euch durchs ganze Alphabet. So ist’s und bleibt’s! Gott bewahre ihn!
    Jetter .
    Ich erschrecke über Eure Unverschämtheit. So ein edler, rechtschaffener Mann sollte was zu befürchten haben?
    Vansen .
    Der Schelm sitzt überall im Vorteil. Auf dem Armensünderstühlchen hat er den Richter zum Narren; auf dem Richterstuhl macht er den Inquisiten mit Lust zum Verbrecher. Ich habe so ein Protokoll aufzuschreiben gehabt, wo der Kommissarius schwer Lob und Geld vom Hofe erhielt, weil er einen ehrlichen Teufel, an den man wollte, zum Schelmen verhört hatte.
    Zimmermeister .
    Das ist wieder frisch gelogen. Was wollen sie denn heraus verhören, wenn einer unschuldig ist?
    Vansen .
    O Spatzenkopf! Wo nichts heraus zu verhören ist, da verhört man hinein. Ehrlichkeit macht unbesonnen, auch wohl trotzig. Da fragt man erst recht sachte weg, und der Gefangne ist stolz auf seine Unschuld, wie sie’s heißen, und sagt alles geradezu, was ein Verständiger verbärge. Dann macht der Inquisitor aus den Antworten wieder Fragen und passt ja auf, wo irgendein Widersprüchelchen erscheinen will; da knüpft er seinen Strick an, und lässt sich der dumme Teufel betreten, dass er hier etwas zu viel, dort etwas zu wenig gesagt, oder wohl gar aus, Gott weiß, was für einer Grille, einen Umstand verschwiegen hat, auch wohl irgend an einem Ende sich hat schrecken lassen – dann sind wir auf dem rechten Weg! Und ich versichre euch, mit mehr Sorgfalt suchen die Bettelweiber nicht die Lumpen aus dem Kehricht, als so ein Schelmenfabrikant aus kleinen, schiefen, verschobenen, verrückten, verdrückten, geschlossenen, bekannten, geleugneten Anzeigen und Umständen sich endlich einen strohlumpenen Vogelscheu zusammenkünstelt, um wenigstens seinen Inquisiten in effigie hängen zu können. Und Gott mag der arme Teufel danken, wenn er sich noch kann hängen sehen.
    Jetter .
    Der hat eine geläufige Zunge.
    Zimmermeister .
    Mit Fliegen mag das angehen. Die Wespen lachen Eures Gespinstes.
    Vansen .
    Nachdem die Spinnen sind. Seht, der lange Herzog hat euch so ein rein Ansehn von einer Kreuzspinne, nicht einer dickbäuchigen, die sind weniger schlimm, aber so einer langfüßigen, schmalleibigen, die vom Fraße nicht feist wird und recht dünne Fäden zieht, aber desto zähere.
    Jetter .
    Egmont ist Ritter des goldnen Vlieses; wer darf Hand an ihn legen? Nur von seinesgleichen kann er

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