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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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mir Gelegenheit gebt, zu zeigen, dass ich der alte bin.
    Alba .
    Sobald die Fürsten bei mir eingetreten sind, dann eile gleich, Egmonts Geheimschreiber gefangen zu nehmen. Du hast alle Anstalten gemacht, die übrigen, welche bezeichnet sind, zu fahen?
    Silva .
    Vertraue auf uns. Ihr Schicksal wird sie, wie eine wohl berechnete Sonnenfinsternis, pünktlich und schrecklich treffen.
    Alba .
    Hast du sie genau beobachten lassen?
    Silva .
    Alle. Den Egmont vor andern. Er ist der einzige, der, seit du hier bist, sein Betragen nicht geändert hat. Den ganzen Tag von einem Pferd aufs andere, ladet Gäste, ist immer lustig und unterhaltend bei Tafel, würfelt, schießt und schleicht nachts zum Liebchen. Die andern haben dagegen eine merkliche Pause in ihrer Lebensart gemacht; sie bleiben bei sich; vor ihrer Türe sieht’s aus, als wenn ein Kranker im Hause wäre.
    Alba .
    Drum rasch, eh’ sie uns wider Willen genesen.
    Silva .
    Ich stelle sie. Auf deinen Befehl überhäufen wir sie mit dienstfertigen Ehren. Ihnen graut’s: Politisch geben sie uns einen ängstlichen Dank, fühlen, das Rätlichste sei zu entfliehen; keiner wagt einen Schritt, sie zaudern, können sich nicht vereinigen, und einzeln etwas Kühnes zu tun, hält sie der Gemeingeist ab. Sie möchten gern sich jedem Verdacht entziehen und machen sich immer verdächtiger. Schon seh’ ich mit Freuden deinen ganzen Anschlag ausgeführt.
    Alba .
    Ich freue mich nur über das Geschehene, und auch über das nicht leicht; denn es bleibt stets noch übrig, was uns zu denken und zu sorgen gibt. Das Glück ist eigensinnig, oft das Gemeine, das Nichtswürdige zu adeln und wohlüberlegte Taten mit einem gemeinen Ausgang zu entehren. Verweile, bis die Fürsten kommen; dann gib Gomez die Order, die Straßen zu besetzen, und eile selbst, Egmonts Schreiber und die übrigen gefangen zu nehmen, die dir bezeichnet sind. Ist es getan, so komm hierher und meld’ es meinem Sohne, dass er mir in den Rat die Nachricht bringe.
    Silva .
    Ich hoffe, diesen Abend vor dir stehn zu dürfen.
    (Alba geht nach seinem Sohne, der bisher in der Galerie gestanden.)
    Silva .
    Ich traue mir es nicht zu sagen, aber meine Hoffnung schwankt. Ich fürchte, es wird nicht werden, wie er denkt. Ich sehe Geister vor mir, die still und sinnend auf schwarzen Schalen das Geschick der Fürsten und vieler Tausende wägen. Langsam wankt das Zünglein auf und ab; tief scheinen die Richter zu sinnen; zuletzt sinkt diese Schale, steigt jene, angehaucht vom Eigensinn des Schicksals, und entschieden ist’s. (Ab.)
    Alba (mit Ferdinand hervortretend) .
    Wie fandst du die Stadt?
    Ferdinand .
    Es hat sich alles gegeben. Ich ritt, als wie zum Zeitvertreib, Straß’ auf, Straß’ ab. Eure wohl verteilten Wachen halten die Furcht so angespannt, dass sie sich nicht zu lispeln untersteht. Die Stadt sieht einem Felde ähnlich, wenn das Gewitter von weitem leuchtet: Man erblickt keinen Vogel, kein Tier, als das eilend nach einem Schutzorte schlüpft.
    Alba .
    Ist dir nichts weiter begegnet?
    Ferdinand .
    Egmont kam mit einigen auf den Markt geritten; wir grüßten uns; er hatte ein rohes Pferd, das ich ihm loben musste. „Lasst uns eilen, Pferde zuzureiten, wir werden sie bald brauchen!“, rief er mir entgegen. Er werde mich noch heute wieder sehn, sagte er, und komme auf Euer Verlangen, mit Euch zu ratschlagen.
    Alba .
    Er wird dich wieder sehn.
    Ferdinand .
    Unter allen Rittern, die ich hier kenne, gefällt er mir am besten. Es scheint, wir werden Freunde sein.
    Alba .
    Du bist noch immer zu schnell und wenig behutsam; immer erkenn’ ich in dir den Leichtsinn deiner Mutter, der mir sie unbedingt in die Arme lieferte. Zu mancher gefährlichen Verbindung lud dich der Anschein voreilig ein.
    Ferdinand .
    Euer Wille findet mich bildsam.
    Alba .
    Ich vergebe deinem jungen Blute dies leichtsinnige Wohlwollen, diese unachtsame Fröhlichkeit. Nur vergiss nicht, zu welchem Werke ich gesandt bin, und welchen Teil ich dir dran geben möchte.
    Ferdinand .
    Erinnert mich, und schont mich nicht, wo Ihr es nötig haltet.
    Alba (nach einer Pause) .
    Mein Sohn!
    Ferdinand .
    Mein Vater!
    Alba .
    Die Fürsten kommen bald, Oranien und Egmont kommen. Es ist nicht Misstrauen, dass ich dir erst jetzt entdecke, was geschehen soll. Sie werden nicht wieder von hinnen gehn.
    Ferdinand .
    Was sinnst du?
    Alba .
    Es ist beschlossen, sie festzuhalten. – Du erstaunst! Was du zu tun hast, höre; die Ursachen sollst du wissen, wenn es geschehn ist.

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