Sämtliche Werke
Erzählung aber soll sich Schlegel mit vieler Mäßigung und Anständigkeit betragen haben, und man vermuthet, daß dieser Handel seinen, als Docent schon sehr gesunkenen Credit wieder heben werde.
Von Madame Veit ist ein Roman herausgekommen, den ich Ihnen mittheilen will; der Curiosität wegen sehen Sie ihn an. Sie werden darin auch die Gespenster alter Bekannten spuken sehen. Indessen hat mir dieser Roman, der eine seltsame Fratze ist, doch eine bessere Vorstellung von der Verfasserin gegeben, und er ist ein neuer Beweis, wie weit die Dilettanterei wenigstens in dem Mechanischen und in der hohlen Form kommen kann. Das Buch erbitte ich mir zurück, sobald Sie es gelesen.
Die Aufgabe zu einem Gemälde an Hartmann hat mich überrascht, aber sie hat auf den ersten Blick etwas recht interessantes und einladendes. Ohne sich selbst das Räthsel zu lösen, fühlt man daß es von einem geistreichen Einfall abhängt, ob der Gegenstand glücklich oder refractär ist. Eine vollkommene Selbstständigkeit des Gemäldes ist wohl nicht zu erwarten, aber es ist schon viel, wenn es auf den bloßen Anblick ohne den Schlüssel gleich interessant und auffordernd ist, und sich, sobald man den Schlüssel erhält, rein und vollständig auflöst.
Viel Glück zu den Fortschritten im Faust, auf den die hiesigen Philosophen ganz unaussprechlich gespannt sind.
Leben Sie recht wohl, an Meyern viele Grüße.
Sch.
Die Beilagen bitte gehorsamst, gleich übergeben zu lassen.
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800. An Schiller.
Obgleich Florentin als ein Erdgeborner auftritt, so ließe sich doch recht gut seine Stammtafel machen, es können durch diese Filiationen noch wunderliche Geschöpfe entstehen.
Ich habe ohngefähr hundert Seiten gelesen und conformire mich mit Ihrem Urtheil. Einige Situationen sind gut angelegt, ich bin neugierig ob sie die Verfasserin in der Folge zu nutzen weiß. Was sich aber ein Student freuen muß, wenn er einen solchen Helden gewahr wird! Denn so ohngefähr möchten sie doch gern alle aussehen.
Dagegen sende ich Ihnen eine andere Erscheinung, die, wie sie sagt, vom Himmel kommt, allein, wie mich dünkt, gar zu viel von dieser altfränkischen Erde an sich hat. Der Verfasser dieses Werkleins scheint mir sich wie im Fegfeuer zwischen der Empirie und der Abstraction, in einem sehr unbehaglichen Mittelstande zu befinden; indeß ist weder an Inhalt noch an Form etwas über das sonst gewohnte.
Ich wünsche daß Schlegel von diesem Kampf einigen Vortheil ziehen möge, denn freilich habe ich seine Gabe als Docent, auch von seinen besten Freunden, nicht rühmen hören.
Ob wir gleich Ihre Abwesenheit hier sehr fühlen: so wünsche ich doch daß Sie so lange als möglich drüben bleiben. Wenigstens ist mir die letzte Zeit immer in der Einsamkeit die günstigste gewesen, welches ich Ihnen auch von Herzen wünschen will.
Keinen eigentlichen Stillstand an Faust habe ich noch nicht gemacht, aber mitunter nur schwache Fortschritte. Da die Philosophen auf diese Arbeit neugierig sind, habe ich mich freilich zusammen zu nehmen.
Hartmanns erster Entwurf von dem angezeigten Bilde hat schon vieles zur Sprache gebracht, wenn er das prosaisch reelle durch das poetisch symbolische erheben lernt, so kann es was erfreuliches werden.
Uebrigens sagte ich neulich zu Meyern: wir stehen gegen die neuere Kunst wie Julian gegen das Christenthum, nur daß wir ein bischen klarer sind als wie er. Es ist recht sonderbar wie gewisse Denkweisen allgemein werden und sich lange Zeit erhalten können und so lange wirklich als ein Bestehendes der menschlichen Natur angesehen werden können. Es ist dieß einer von den Hauptpunkten auf den zu reflectiren ist, wenn die Preisfrage zur Sprache kommt.
Leben Sie recht wohl und genießen das akademische Wesen nach Herzenslust.
Weimar am 18. März 1801.
G.
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801. An Goethe.
Jena, 20. März 1801.
Die mitgetheilten Novitäten folgen hier mit meinem besten Danke zurück.
Diese Adrastea ist ein bitterböses Werk, das mir wenig Freude gemacht hat. Der Gedanke an sich war nicht übel, das verflossene Jahrhundert, in etwa einem Dutzend reich ausgestatteten Heften, vorüber zu führen, aber das hätte einen andern Führer erfordert, und die Thiere mit Flügeln und Klauen die das Werk ziehen, können bloß die Flüchtigkeit der Arbeit und die Feindseligkeit der Maximen bedeuten. Herder verfällt wirklich zusehends und man möchte sich zuweilen im Ernst fragen, ob einer der sich jetzt so unendlich trivial, schwach und hohl
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