Sämtliche Werke
erheben kann, und einen Eindruck den man gemacht, nicht so schnell wieder durch einen neuen zu secundiren Zeit hat. Es würde sonst gewiß gelingen, die Künstler und Kunstgenossen aus ihrer faulen Ruhe zu reißen; schon der Unwille über unsre Urtheile verbürgt mir dieß . Daher wollen wir es ja im nächsten Falle recht viel weiter treiben, und Meyer muß uns in den Stand setzen, den Schaden specialiter zu treffen und die falschen Maximen recht im einzelnen anzugreifen.
Von dem Stück, das Sie mir zugesendet, ist nichts gutes zu sagen; es ist abermals ein Beleg, wie sich die hohlsten Köpfe können einfallen lassen etwas scheinbares zu produciren, wenn die Literatur auf einer gewissen Höhe ist und eine Phraseologie sich daraus ziehen läßt. Dieses Werk in specio ist doppelt miserabel, weil es gegen den Gerstenbergischen Ugolino ein ungeheurer Rückschritt ist; denn diese Tragödie, welche Sie vielleicht nicht kennen hat sehr schöne Motive, viel wahres Pathos und wirklich genialisches, obgleich sie kein Werk des guten Geschmacks ist. Man könnte versucht sein, sich derselben zu bedienen, um die Idee der Tragödie daran aufzuklären, weil wirklich die höchsten Fragen darin zur Sprache kommen.
Ich habe diesen Mittag mit Zigesar und andern bei Lodern essen müssen und bin diesen Abend zu einem Kränzchen eingeladen. Die Abende gehen meistentheils in Gesellschaft hin, und ich kann eher über zu viel Zerstreuung als über zu wenige Unterhaltung klagen.
Doch geht es mit meiner Arbeit besser, ich habe auch wieder mehr Muth und sehe etwas entstehen.
Leben Sie recht wohl. Viele Grüße an Meyern.
Sch.
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798. An Schiller.
Zuvörderst wünsche von Herzen Glück, daß die Arbeit gut von statten geht; ich habe an Faust auch einiges gethan und so rückt man denn immer, obgleich langsam, weiter.
Hartmanns Aufenthalt ist vielleicht für uns nützlicher als für denselben, indem wir eine nicht ganz ausgebildete Denkweise eines vorzüglichen Menschen kennen lernen. Uebrigens fällt es mir manchmal ein daß man auf die Kunst eigentlich eine geheime Gesellschaft fundiren sollte, wobei das Lustige wäre daß sehr viele Künstler in die höhern Grade gar nicht kommen könnten: auch mühte man sie selbst dem Fähigsten nicht geben , sondern wenn er endlich dahin gelangte ihm nur erklären daß er sie erreicht habe. Sprechen, schreiben, drucken wird etwas nützen, aber nicht viel; indessen wollen wir uns auch dieses nicht reuen lassen.
Hartmannen haben wir gleich veranlaßt hier etwas zu componiren und zwar einen etwas widerstrebenden Gegenstand: den Admet wie er, ungeachtet der Leiche im Hause, den Herkules aufnimmt und ihn bewirthet. Wie wir hierauf gekommen sind, sollen Sie künftig hören, zum schreiben ist es zu umständlich.
Leben Sie recht wohl, in der Einsamkeit sowohl als in der akademischen Societät, und gedenken an uns.
Weimar am 14. März 1801.
G.
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799. An Goethe.
Jena den 16. März 1801.
Es geht mir hier noch immer ganz ordentlich und mit jedem Tag geschieht etwas. Ich denke, so lange als ich über meinen Garten noch disponiren kann, welches bis Ostern sein wird, noch hier zu bleiben und in dieser Zeit die rohe Anlage des ganzen Stücks vollends hinzuwerfen, daß mir in Weimar nur noch die Rundung und Polirung übrig bleibt.
Hier hat uns die philosophische Facultät auf ihre Kosten Stoff zu einer lustigen Unterhaltung gegeben. Friedrich Schlegel mußte disputiren, und um ihn zu drücken haben die Herren Ulrich, Heinrich, Hennings etc. ein altes ganz außer Curs gekommenes Gesetz, ihm selbst die Opponenten zu setzen, welche seit undenklicher Zeit von den Disputirenden selbst gewählt wurden, wieder hervorgezogen . Auf den guten Rath einiger Freunde hat sich Schlegel dieser Chicane ohne Widerspruch unterzogen und den einen dieser officiell gesetzten Opponenten, der sich bescheidener betrug, ganz gut behandelt; der andere aber, ein Professor Augusti , ein nach aller Urtheil ganz erbärmliches Subject, welches von Gotha her empfohlen worden , hat den Disputiract mit Beleidigungen und Anzüglichkeiten angefangen, und sich zugleich so unverschämt und so ungeschickt betragen, daß Schlegel ihm auch eins versetzen mußte. Ulrich der als Dekan zugegen war und alle diese groben Angriffe des Gegners passiren ließ, relevirte mit Feierlichkeiten einige Repliken von Schlegeln, dieser blieb ihm nichts schuldig, er hat die Lacher auf seiner Seite, und es gab scandalöse Scenen. Nach der allgemeinen
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