Sämtliche Werke
zeigt, wirklich jemals außerordentlich gewesen sein kann. Es sind Ansichten in dem Buch, die man im Reichsanzeiger zu finden gewohnt ist; und dieses erbärmliche Hervorklauben der frühern und abgelebten Literatur, um nur die Gegenwart zu ignoriren, oder hämische Vergleichungen anzustellen!
Und was sagen Sie zu der Aeonis? Haben Sie hier eine feste Gestalt gepackt? Ich gestehe, daß ich nicht recht weiß wovon die Rede ist; wovon die Rede sein soll, sieht man wohl. Indessen ist es gut, daß der Dünkel und der Widerspruchsgeist den Verfasser in die Arena herausgelockt haben, um in Nachahmung Ihres Vorbildes seine Schwäche und Ungeschicklichkeit an den Tag zu legen. Was an dem Stücke gut ist, die Aufstellung zweier Hauptfiguren als ein Gegensatz der sich auflöst und die Begleitung derselben mit allegorischen Nebenfiguren, dieß ist Ihnen abgeborgt, und mit der eignen Erfindung beginnt die Pfuscherei.
Die Erzählung von Tressan hat mir in meiner Einsamkeit Vergnügen gemacht. Von den Ritterromanen, die er bearbeitet hat, ist zwar in ihn selbst wenig mehr übergegangen als eine gewisse moralische Reinheit und Delikatesse; statt der Natürlichkeit der Gefühle findet man nur den Kanzleistyl derselben, und alles ist auf einen sentimentalen Effekt berechnet, aber eine gewisse Einfachheit in der Anlage und eine Geschicklichkeit in der Anordnung befriedigt und erfreut.
Den Ugolino können Sie auf keinen Fall brauchen. Es ist nichts damit zu thun als ihn an den Herrn Dr. Gries aus Hamburg , der sich noch hier aufhält so schnell als möglich zurückzugeben.
Der unaufhörliche Wind, dem ich auch bei verschlossenen Zimmern nicht entweichen kann, macht mir meinen Aufenthalt im Garten oft lästig, und hindert mich auch am Ausgehen, weil er mir die Brust angreift.
Indessen rückt doch die Arbeit immer fort, obgleich nicht mit schnellen Schritten.
Leben Sie recht wohl, Meyern viele Grüße.
Sch.
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802. An Schiller.
Ich vermuthete, daß ich Ihnen durch die Rittergeschichte einiges Vergnügen machen würde, sie ist sehr artig und unterhaltend und dabei ein rechtes Muster von modernem Auffassen und Behandeln älterer Zustände.
Mit Hartmann werden wir, ob er gleich schon zwei Zeichnungen gemacht hat, über den Admet nicht einig werden, weil er in einem Bilde, das ganz symbolisch sein müßte, die Begebenheit natürlich darstellt. Es ist hier eine Kluft befestigt, die nur durch Offenbarung zu überspringen ist. Wir glaubten uns so deutlich darüber gegen ihn ausgedrückt zu haben, allein aus seiner Production sieht man daß er nicht weiß was wir wollen. Es gehört freilich eine völlige Sinnesänderung dazu, und wer weiß ob er bei seinem schönen Talente unter die Berufenen gehört. Professor Meyer hat mir versprochen, wenn Hartmann fort ist, eine Zeichnung in unserm Sinne zu machen, aber nur für unsern stillen Gebrauch.
Ich denke bei gutem und schlimmem Wetter an Sie. Hätte ich voraussehen können daß der Herzog so lange außen bleibt (er kommt erst den 27sten), so hätte ich Sie auf einige Tage besucht; mit nächstem Boten schicke ich wieder einiges zu lesen.
Den üblen Eindruck, welchen das Greifenpaar auf Sie machen würde, habe ich vorausgesehen. Das allegorische Drama habe ich diesen Morgen wieder gelesen; was mir besonders auffiel ist die Bitterkeit und die Trauer in Einem Product. Ich möchte nicht in der Haut des Verfassers stecken.
Zu Ihren Arbeiten wünsche ich viel Glück und freue mich auf die Zeiten wenn wir wieder zusammen sein werden. Faust hat noch keinen völligen Stillstand erlitten.
Weimar am 21. März 1801.
G.
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803. An Goethe.
Ich schreibe Ihnen nur ein paar Zeilen um das Botenmädchen nicht leer abgehen zu lassen; denn eben da ich mich zum Schreiben niedersetze, kommen meine zwei Philosophen ins Zimmer. Vorgestern hatte ich Besuch von meiner Frau mit den Kindern und meinem jungen Vetter, der Adjutant bei der holländisch-französischen Armee ist. Er hat mir für einen blutjungen Militair, der viele Jahre dieses Kriegs mitgemacht hat, sehr gesittet und einfach-bescheiden geschienen.
Mit der Arbeit geht es ganz ordentlich, doch fürchte ich wird mich das lange Zögern der guten Jahrszeit und der ewige Wind binnen acht Tagen von hier wegtreiben.
Der vorletzte Act den ich hier angefangen und fertig mitzubringen hoffe, ist die Ausbeute meines Hierseins. Leben Sie recht wohl. Viele Grüße an Meyern.
Jena, 24. März 1801.
Sch.
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804. An Schiller.
Eben bin ich im
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