Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
Vom Netzwerk:
sich mit der katholischen Partei verbanden. – Wieweit ist es Ernst mit dieser Verbündung? Ich kann’s nicht sagen. Manche Republikaner mögen wirklich aus Ärger katholisch geworden sein. Die meisten jedoch verabscheuen im Herzen ihre neuen Alliierten, und es wird Komödie gespielt von beiden Seiten. Es gilt nur den gemeinschaftlichen Feind zu bekämpfen, und in der Tat, die Verbindung der beiden Fanatismen, des religiösen und des politischen, ist bedrohlich im höchsten Grade. Zuweilen aber geschieht es, daß die Menschen sich in ihrer Rolle verlieren und aus dem listigen Spiel ein plumper Ernst wird; und so mag wohl mancher Republikaner so lange mit den katholischen Symbolen geliebäugelt haben, bis er zuletzt daran wirklich glaubte; und mancher schlaue Pfaffe mag so lange die Marseillaise gesungen haben, bis sie sein Lieblingslied ward und er nicht mehr Messe lesen kann, ohne in die Melodie dieses Schlachtgesanges zu verfallen.
    Wir armen Deutschen, die wir leider keinen Spaß verstehen, wir haben das Fraternisieren des Republikanismus und des Katholizismus für baren Ernst genommen, und dieser Irrtum kann uns einst sehr teuer zu stehen kommen. Arme deutsche Republikaner, die ihr Satan bannen wollt durch Beelzebub, ihr werdet, wenn euch solcher Exorzismus gelänge, erst recht aus dem Feuerregen in die Flammentraufe geraten! Wie gar manche deutsche Patrioten, um protestantische Regierungen zu befehden, mit der katholischen Partei gemeinschaftliche Sache treiben, kann ich nicht begreifen. Man wird mir, dem die Preußen bekanntlich soviel Herzleid bereiteten, man wird mir schwerlich eine blinde Sympathie für Borussia zuschreiben: ich darf daher freimütig gestehen, daß ich in dem Kampfe Preußens mit der katholischen Partei nur ersterem den Sieg wünsche… Denn eine Niederlage würde hier notwendig zur Folge haben, daß einige deutsche Provinzen, die Rheinlande, für Deutschland verlorengingen. – Was kümmert es aber die frommen Leute in München, ob man am Rhein deutsch oder französisch spricht; für sie ist es hinreichend, daß man dort lateinisch die Messe singt. Pfaffen haben kein Vaterland, sie haben nur einen Vater, einen Papa, in Rom.
    Daß aber der Abfall der Rheinlande, ihr Heimfall an das romanische Frankreich, eine ausgemachte Sache ist zwischen den Helden der katholischen Partei und ihren französischen Verbündeten, wird männiglich bekannt sein. Zu diesen Verbündeten gehört seit einiger Zeit auch ein gewisser ehemaliger Jakobiner, der jetzt eine Krone trägt und mit gewissen gekrönten Jesuiten in Deutschland unterhandelt… Frommer Schacher! scheinheiliger Verrat am Vaterland!
    Es versteht sich von selbst, daß unser armer Börne, der sich nicht bloß von den Schriften, sondern auch von der Persönlichkeit Lamennais’ ködern ließ und an den Umtrieben der römischen Freiwerber unbewußt teilnahm, es versteht sich von selbst, daß unser armer Börne nimmermehr die Gefahren ahnte, die durch die Verbündung der katholischen und republikanischen Partei unser Deutschland bedrohen. Er hatte hiervon auch nicht die mindeste Ahnung, er, dem die Integrität Deutschlands, ebensosehr wie dem Schreiber dieser Blätter, immer am Herzen lag. Ich muß ihm in dieser Beziehung das glänzendste Zeugnis erteilen. »Auch keinen deutschen Nachttopf würde ich an Frankreich abtreten«, rief er einst im Eifer des Gesprächs, als jemand bemerkte, daß Frankreich, der natürliche Repräsentant der Revolution, durch den Wiederbesitz der Rheinlande gestärkt werden müsse, um dem aristokratisch absolutistischen Europa desto sicherer widerstehen zu können.
    »Keinen Nachttopf tret ich ab«, rief Börne, im Zimmer auf und ab stampfend, ganz zornig.
    »Es versteht sich«, bemerkte ein Dritter, »wir treten den Franzosen keinen Fußbreit Land vom deutschen Boden ab; aber wir sollten ihnen einige deutsche Landsleute abtreten, deren wir allenfalls entbehren können. Was dächten Sie, wenn wir den Franzosen z.B. den Raumer und den Rotteck abträten?«
    »Nein, nein«, rief Börne, aus dem höchsten Zorn in Lachen übergehend, »auch nicht einmal den Raumer oder den Rotteck trete ich ab, die Kollektion wäre nicht mehr komplett, ich will Deutschland ganz behalten, wie es ist, mit seinen Blumen und seinen Disteln, mit seinen Riesen und seinen Zwergen… nein, auch die beiden Nachttöpfe trete ich nicht ab!«
    Ja, dieser Börne war ein großer Patriot, vielleicht der größte, der aus Germanias stiefmütterlichen Brüsten

Weitere Kostenlose Bücher