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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Rousseau, dessen Schriften der Ausgangspunkt seiner ganzen Denk- und Schreibweise. Seine warme, nette, wahrheitliche Prosa erinnert an jenen ersten Kirchenvater der Revolution. »L’organisation du travail« ist eine Schrift von Louis Blanc, die bereits vor einiger Zeit die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Wenn auch nicht gründliches Wissen, doch eine glühende Sympathie für die Leiden des Volks zeigt sich in jeder Zeile dieses kleinen Opus, und es bekundet sich darin zu gleicher Zeit jene Vorliebe für unbeschränkte Herrscherei, jene gründliche Abneigung gegen genialen Personalismus, wodurch sich Louis Blanc von einigen seiner republikanischen Genossen, z.B. von dem geistreichen Pyat, auffallend unterscheidet. Diese Abweichung hat vor einiger Zeit fast ein Zerwürfnis hervorgebracht, als Louis Blanc nicht die absolute Preßfreiheit anerkennen wollte, die von jenen Republikanern in Anspruch genommen wird. Hier zeigte es sich ganz klar, daß diese letztern die Freiheit nur der Freiheit wegen lieben, Louis Blanc aber dieselbe vielmehr als ein Mittel zur Beförderung philanthropischer Zwecke betrachtet, so daß ihm auf diesem Standpunkte die gouvernementale Autorität, ohne welche keine Regierung das Heil des Volks fördern könne, weit mehr gilt als alle Befugnisse und Berechtigungen der individuellen Kraft und Größe. Ja, vielleicht schon wegen seiner Taille ist ihm jede große Persönlichkeit zuwider, und er schielt an sie hinauf mit jenem Mißtrauen, das er mit einem andern Schüler Rousseaus, dem seligen Maximilian Robespierre, gemein hat. Ich glaube, der Knirps möchte jeden Kopf abschlagen lassen, der das vorgeschriebene Rekrutenmaß überragt, versteht sich, im Interesse des öffentlichen Heils, der allgemeinen Gleichheit, des sozialen Volksglücks. Er selbst ist mäßig, scheint dem eignen kleinen Körper keine Genüsse zu gönnen, und er will daher im Staate allgemeine Küchengleichheit einführen, wo für uns alle dieselbe spartanische schwarze Suppe gekocht werden soll und, was noch schrecklicher, wo der Riese auch dieselbe Portion bekäme, deren sich Bruder Zwerg zu erfreuen hätte. Nein, dafür dank ich, neuer Lykurg! Es ist wahr, wir sind alle Brüder, aber ich bin der große Bruder, und ihr seid die kleinen Brüder, und mir gebührt eine bedeutendere Portion. Louis Blanc ist ein spaßhaftes Kompositum von Liliputaner und Spartaner. Jedenfalls traue ich ihm eine große Zukunft zu, und er wird eine Rolle spielen, wenn auch eine kurze. Er ist ganz dazu gemacht, der große Mann der Kleinen zu sein, die einen solchen mit Leichtigkeit auf ihren Schultern zu tragen vermögen, während Menschen von kolossalem Zuschnitt, ich möchte fast sagen, Geister von starker Korpulenz, ihnen eine zu schwere Last sein möchten.
    Das neue Buch von Louis Blanc soll vortrefflich geschrieben sein, und da es eine Menge unbekannter und boshafter Anekdoten enthält, hat es schon ein stoffartiges Interesse für die schadenfrohe große Menge. Die Republikaner schwelgen darin mit Wonne; die misère, die Kleinheit jener regierenden Bourgeoisie, die sie stürzen wollen, ist hier sehr ergötzlich aufgedeckt. Für die Legitimisten aber ist das Buch wahrer Kaviar, denn der Verfasser, der sie selbst verschont, verhöhnt ihre bürgerlichen Besieger und wirft vergifteten Kot auf den Königsmantel von Ludwig Philipp. Sind die Geschichten, die Louis Blanc von ihm erzählt, falsch oder wahr? Ist letzteres der Fall, so hätte die große Nation der Franzosen, die soviel von ihrem Point d’honneur spricht, sich seit zehn Jahren von einem gewöhnlichen Gaukler, von einem gekrönten Bosco regieren und repräsentieren lassen. Es wird nämlich in jenem Buche folgendes erzählt: Den 1. August, als Karl X. den Herzog von Orleans zum Lieutenant-General ernannt, habe sich Dupin zu letzterm nach Neuilly begeben und ihm vorgestellt, daß er, um dem gefährlichen Verdacht der Zweideutigkeit zu entgehen, auf eine entschiedene Weise mit Karl X. brechen und ihm einen bestimmten Absagebrief schreiben müsse. Ludwig Philipp habe dem Rate Dupins seinen ganzen Beifall geschenkt und ihn selbst gebeten, einen solchen Brief für ihn zu redigieren; dieses sei geschehen, und zwar in den derbsten Ausdrücken, und Ludwig Philipp, im Begriff, den schon mit einem Adreßkuverte versehenen Brief zu versiegeln und das Siegellack bereits an die Wachskerze haltend, habe sich plötzlich zu Dupin gewandt mit den Worten: »In wichtigen Fällen konsultiere ich immer meine Frau,

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