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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Kriegsgelüste des eigenen Herzens widerstehen können und sich lieber mit ihren Brüdern als mit den Fremden schlagen? Werden sie den Vorwurf der Feigheit ruhig anhören können? Werden sie nicht ganz den Kopf verlieren, wenn plötzlich der tote Feldherr von St. Helena anlangt? Ich wollte, der Mann läge schon ruhig unter der Kuppel des Invalidendoms und wir hätten die Leichenfeier glücklich überstanden! –
    Das Verhältnis Guizots zu den beiden obengenannten Trägern des Staates werde ich späterhin besprechen. Auch läßt sich noch nicht bestimmen, inwieweit er beide durch die Ägide seines Wortes zu schirmen denkt. Sein Rednertalent dürfte in einigen Wochen stark genug in Anspruch genommen werden, und wenn die Kammer, wie es heißt, über den casus belli ein Prinzip aufstellen wird, kann der gelehrte Mann seine Kenntnisse aufs glänzendste entwickeln. Die Kammer wird nämlich die Erklärung der koalisierten Mächte, daß sie bei der Pazifikation des Orients keine Territorialvergrößerungen und sonstige Privatvorteile beabsichtigen, in besondere Erwägung ziehen und jeden faktischen Widerspruch mit jener Erklärung als einen casus belli feststellen. Über die Rolle, die Thiers bei dieser Gelegenheit spielen wird, und ob er dem alten Nebenbuhler Guizot wieder mit all seiner Sprachgewalt entgegenzutreten gedenkt, kann ich Ihnen ebenfalls erst später berichten.
    Guizot hat einen schweren Stand, und ich habe Ihnen schon oft gesagt, daß ich großes Mitleid für ihn empfinde. Er ist ein wackerer, festgesinnter Mann, und Calamatta hat in einem vortrefflichen Porträt sein edles Äußere sehr getreu abkonterfeit. Ein starrer, puritanischer Kopf, angelehnt an eine steinerne Wand – bei einer hastigen Bewegung des Kopfes nach hinten könnte er sich sehr beschädigen. Das Porträt ist an den Fenstern von Goupil und Rittner ausgestellt. Es wird viel betrachtet, und Guizot muß schon in effigie viel ausstehen von den maliziösen Zungen.
XXV
    Paris, 6. November 1840
    Über die Juliusrevolution und den Anteil, den Ludwig Philipp daran genommen, ist jetzt ein Buch erschienen, welches die allgemeine Aufmerksamkeit erregt und überall besprochen wird. Es ist dies der erste Teil von Louis Blancs »Histoire de dix ans«. Ich habe das Werk noch nicht zu Gesicht bekommen; sobald ich es gelesen, will ich versuchen, ein selbständiges Urteil darüber zu fällen. Heute berichte ich Ihnen bloß, was ich von vornherein über den Verfasser und seine Stellung sagen kann, damit Sie den rechten Standpunkt gewinnen, von wo aus Sie genau ermessen mögen, wieviel Anteil der Parteigeist an dem Buche hat und wieviel Glauben Sie seinem Inhalt schenken oder verweigern können.
    Der Verfasser, Herr Louis Blanc, ist noch ein junger Mann, höchstens einige dreißig Jahre alt, obgleich er seinem Äußern nach wie ein kleiner Junge von dreizehn Jahren aussieht. In der Tat, seine überaus winzige Gestalt, sein rotbäckiges, bartloses Gesichtchen und auch seine weichlich zarte, noch nicht zum Durchbruch gekommene Stimme geben ihm das Ansehen eines allerliebsten Bübchens, das eben der dritten Schulklasse entsprungen und seinen ersten schwarzen Frack trägt, und doch ist er eine Notabilität der republikanischen Partei, und in seinem Räsonnement herrscht eine Mäßigung, wie man sie nur bei Greisen findet. – Seine Physiognomie, namentlich die muntern Äuglein, deuten auf südfranzösischen Ursprung. Louis Blanc ist geboren zu Madrid, von französischen Eltern. Seine Mutter ist Korsikanerin, und zwar eine Pozzo di Borgo. Er ward erzogen in Rodez. Ich weiß nicht, wie lange er schon in Paris verweilt, aber bereits vor sechs Jahren traf ich ihn hier als Redakteur eines republikanischen Journals, »Le Monde« geheißen, und seitdem stiftete er auch die »Revue du progrès«, das bedeutendste Organ des Republikanismus. Sein Vetter Pozzo di Borgo, der ehemalige russische Gesandte, soll mit der Richtung des jungen Mannes nicht sehr zufrieden gewesen sein und darüber nicht selten Klage geführt haben. (Von jenem berühmten Diplomaten sind, nebenbei gesagt, sehr betrübende Nachrichten hier angelangt, und seine Geisteskrankheit scheint unheilbar zu sein; er verfällt manchmal in Raserei und glaubt alsdann, der Kaiser Napoleon wolle ihn erschießen lassen.) Louis Blancs Mutter und seine ganze mütterliche Familie lebt noch in Korsika. Doch das ist die leibliche Sippschaft, die des Blutes. Dem Geiste nach ist Louis Blanc zunächst verwandt mit Jean-Jacques

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