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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Schwerenot!
     
    Walter
Wenn Ihr doch Eure Reden lassen wolltet.
Geschwätz, gehauen nicht und nicht gestochen.
     
    Adam
Verstehens Ew. Gnaden nicht?
     
    Walter
Macht fort!
Ihr habt zulängst hier auf dem Stuhl gesprochen.
     
    Adam
Auf Ehr! Ich habe nicht studiert, Ew. Gnaden.
Bin ich Euch Herrn aus Utrecht nicht verständlich,
Mit diesem Volk vielleicht verhält sichs anders:
Die Jungfer weiß, ich wette, was ich will.
     
    Frau Marthe
Was soll das? Dreist heraus jetzt mit der Sprache!
     
    Eve
O liebste Mutter!
     
    Frau Marthe
Du –! Ich rate dir!
     
    Ruprecht
Mein Seel, ‘s ist schwer, Frau Marthe, dreist zu sprechen,
Wenn das Gewissen an der Kehl uns sitzt.
     
    Adam
Schweig Er jetzt, Nasweis, mucks Er nicht.
     
    Frau Marthe
Wer wars?
     
    Eve
O Jesus.
     
    Frau Marthe
Maulaffe, der! Der niederträchtige!
O Jesus! Als ob sie eine Hure wäre.
Wars der Herr Jesus?
     
    Adam
Frau Marthe! Unvernunft!
Was das für –! Laß Sie die Jungfer doch gewähren!
Das Kind einschrecken – Hure – Schafsgesicht!
So wird uns nichts. Sie wird sich schon besinnen.
     
    Ruprecht
O ja, besinnen.
     
    Adam
Flaps dort, schweig Er jetzt.
     
    Ruprecht
Der Flickschuster wird ihr schon einfallen.
     
    Adam
Der Satan! Ruft den Büttel! He! Hanfriede!
     
    Ruprecht
Nun, nun! Ich schweig, Herr Richter, laßts nur sein.
Sie wird Euch schon auf meinen Namen kommen.
     
    Frau Marthe
Hör du, mach mir hier kein Spektakel, sag ich.
Hör, neunundvierzig bin ich alt geworden
In Ehren: funfzig möcht ich gern erleben.
Den dritten Februar ist mein Geburtstag;
Heut ist der erste. Mach es kurz. Wer wars?
     
    Adam
Gut, meinethalben! Gut, Frau Marthe Rull!
     
    Frau Marthe
Der Vater sprach, als er verschied: »Hör, Marthe,
Dem Mädel schaff mir einen wackern Mann;
Und wird sie eine liederliche Metze,
So gib dem Totengräber einen Groschen,
Und laß mich wieder auf den Rücken legen:
Mein Seel, ich glaub, ich kehr im Grab mich um.
     
    Adam
Nun, das ist auch nicht übel.
     
    Frau Marthe
Willst du Vater
Und Mutter jetzt, mein Evchen, nach dem vierten
Gebot hoch ehren, gut, so sprich: in meine Kammer
Ließ ich den Schuster, oder einen dritten,
Hörst du? Der Bräut’gam aber war es nicht.
     
    Ruprecht
Sie jammert mich. Laßt doch den Krug, ich bitt Euch;
Ich will ‘n nach Utrecht tragen. Solch ein Krug –
Ich wollt, ich hätt ihn nur entzwei geschlagen.
     
    Eve
Unedelmüt’ger, du! Pfui, schäme dich,
Daß du nicht sagst: gut, ich zerschlug den Krug!
Pfui, Ruprecht, pfui, o schäme dich, daß du
Mir nicht in meiner Tat vertrauen kannst.
Gab ich die Hand dir nicht, und sagte: ja,
Als du mich fragtest: »Eve, willst du mich?«
Meinst du, daß du den Flickschuster nicht wert bist?
Und hättest du durchs Schlüsselloch mich mit
Dem Lebrecht aus dem Kruge trinken sehen,
Du hättest denken sollen: Ev ist brav,
Es wird sich alles ihr zum Ruhme lösen,
Und ists im Leben nicht, so ist es Jenseits,
Und wenn wir auferstehn, ist auch ein Tag.
     
    Ruprecht
Mein Seel, das dauert mir zu lange, Evchen.
Was ich mit Händen greife, glaub ich gern.
     
    Eve
Gesetzt, es wär der Leberecht gewesen,
Warum – des Todes will ich ewig sterben,
Hätt ichs dir Einzigen nicht gleich vertraut;
Jedoch warum vor Nachbarn, Knecht’ und Mägden –
Gesetzt, ich hätte Gründ, es zu verbergen,
Warum, o Ruprecht, sprich, warum nicht sollt ich
Auf dein Vertraun hin sagen, daß du’s warst?
Warum nicht sollt ichs? Warum sollt ichs nicht?
     
    Ruprecht
Ei, so zum Henker, sags, es ist mir recht,
Wenn du die Fiedel dir ersparen kannst.
     
    Eve
O du Abscheulicher! Du Undankbarer!
Wert, daß ich mir die Fiedel spare! Wert,
Daß ich mit Einem Wort zu Ehren mich,
Und dich in ewiges Verderben bringe.
     
    Walter
Nun –? Und dies einz’ge Wort –? Halt uns nicht auf.
Der Ruprecht also war es nicht?
     
    Eve
Nein, gnäd’ger Herr, weil ers denn selbst so will,
Um seinetwillen nur verschwieg ich es:
Den irdnen Krug zerschlug der Ruprecht nicht,
Wenn ers Euch selber leugnet, könnt Ihrs glauben.
     
    Frau Marthe
Eve! Der Ruprecht nicht?
     
    Eve
Nein, Mutter, nein!
Und wenn ichs gestern sagte, wars gelogen.
     
    Frau Marthe
Hör, dir zerschlag ich alle Knochen!
     
    Sie setzt den Krug nieder.
     
    Eve
Tut, was Ihr wollt.
     
    Walter drohend.
Frau Marthe!
     
    Adam
He! Der Büttel! –
Schmeißt sie heraus dort, die verwünschte Vettel!
Warum solls Ruprecht just gewesen sein?
Hat Sie das Licht dabei gehalten, was?
Die Jungfer, denk ich, wird es wissen müssen:
Ich bin ein

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