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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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des Guiskardszeltes halte,
Fängt’s plötzlich jammervoll zu stöhnen drin,
Zu ächzen an, als haucht’ ein kranker Löwe
Die Seele von sich. Drauf sogleich beginnt
Ein ängstlich heftig Treiben, selber wecket
Die Herzogin sich einen Knecht, der schnell
Die Kerzenstöcke zündet, dann hinaus
Stürzt aus dem Zelt. Nun auf sein Rufen schießt
Die ganze Sippschaft wildverstört herbei:
Die Kaiserin, im Nachtgewand, die beiden
Reichsprinzen an der Hand; des Herzogs Neffe,
In einen Mantel flüchtig eingehüllt;
Der Sohn, im bloßen Hemde fast; zuletzt –
Der Knecht, mit einem eingemummten Dinge, das,
Auf meine Frag’, sich einen Ritter nennt.
Nun zieht mir Weiberröcke an, so gleich
Ich einer Jungfrau ebenso und mehr;
Denn alles, Mantel, Stiefeln, Pickelhaube,
Hing an dem Kerl wie an dem Nagelstift.
Drauf faß ich, schon von Ahndungen beklemmt,
Beim Ärmel ihn, dreh ihm das Angesicht
Ins Mondenlicht, und nun erkenn ich – wen?
Des Herzogs Leibarzt, den Jeronimus.
     
    Der Greis.
Den Leibarzt, was!
     
    Der erste Krieger.    Ihr Ewigen!
     
    Der Greis.   Und nun
Meinst du, er sei unpäßlich, krank vielleicht –?
     
    Der erste Krieger.
Krank? Angesteckt –!
     
    Der Greis (indem er ihm den Mund zuhält).
   Daß du verstummen müßtest!
     
    Der Normann (nach einer Pause voll Schrecken).
Ich sagt’ es nicht. Ich geb’s Euch zu erwägen.
     
    (Robert und Abälard lassen sich, miteinander sprechend, im Eingang des Zeltes sehn.)
     
    Der erste Krieger.
Das Zelt geht auf! Die beiden Prinzen kommen!
     
     
     

Sechster Auftritt
     
    Robert und Abälard treten auf. Die Vorigen.
     
    Robert (bis an den Rand des Hügels vorschreitend).
Wer an der Spitze stehet dieser Schar,
Als Wortesführer, trete vor.
     
    Der Greis. Ich bin’s.
     
    Robert.
Du bist’s! – Dein Geist ist jünger als dein Haupt,
Und deine ganze Weisheit steckt im Haar!
Dein Alter steht, du Hundertjähr’ger, vor dir,
Du würdest sonst nicht ohne Züchtigung
Hinweg von deines Prinzen Antlitz gehn.
Denn eine Jünglingstat hast du getan,
Und scheinst, fürwahr! der wackre Hausfreund nicht,
Der einst die Wiege Guiskards hütete,
Wenn du als Führer dieser Schar dich beutst,
Die mit gezückten Waffen hellen Aufruhrs,
Wie mir die Schwester sagt, durchs Lager schweift,
Und mit lautdonnernden Verwünschungen,
Die aus dem Schlaf der Gruft ihn schrecken könnten,
Aus seinem Zelt hervor den Feldherrn fordert.
Ist’s wahr? Was denk ich? Was beschließ ich? – Sprich!
     
    Der Greis.
Wahr ist’s, daß wir den Feldherrn forderten;
Doch daß wir’s donnernd, mit Verwünschungen
Getan, hat dir die Schwester nicht gesagt,
Die gegen uns, solang ich denken kann,
Wohlwollend war und wahrhaft gegen dich!
In meinem Alter wüßtest du es nicht,
Wie man den Feldherrn ehrt, wohl aber ich
Gewiß in deinem, was ein Krieger sei.
Geh hin zu deinem Vater und horch auf,
Wenn du willst wissen, wie man mit mir spricht;
Und ich, vergäß’ ich redend ja, was ich
Dir schuldig, will danach schamrot bei meinen
Urenkeln mich erkundigen: denn die,
In Windeln haben sie’s von mir gelernt.
Mit Demut haben wir, wie’s längst, o Herr!
Im Heer des Normanns Brauch und Sitte war,
Gefleht, daß Guiskard uns erscheinen möge;
Und nicht das erstemal wär’s, wenn er uns
In Huld es zugestände, aber, traun!
Wenn er’s uns, so wie du, verweigerte.
     
    Robert.
Ich höre dich, du grauer Tor, bestät’gen,
Was deine Rede widerlegen soll.
Denn eines Buben Keckheit würde nicht
Verwegner als dein ungebändigtes
Gemüt sich zeigen. Lernen mußt du’s doch
Noch, was gehorchen sei, und daß ich es
Dich lehren kann, das höre gleich. Du hättest
Auf meine Rüge, ohne Widerrede,
Die Schar sogleich vom Platze führen sollen;
Das war die Antwort einzig, die dir ziemte;
Und wenn ich jetzt befehle, daß du gehst,
So tust du’s, hoff ich, nach der eignen Lehre,
Tust’s augenblicklich, lautlos, tust es gleich!
     
    Abälard.
Mit Zürnen seh ich dich und mit Befehlen
Freigebiger, als es dein Vater lehrt;
Und unbefremdet bin ich, nimmt die Schar
Kalt deine heißen Schmähungsworte auf;
Denn dem Geräusch des Tags vergleich ich sie,
Das keiner hört, weil’s stets sich hören läßt.
Noch, find ich, ist nichts Tadelnswürdiges
Sogar geschehn, bis auf den Augenblick!
Daß kühn die Rede dieses Greises war
Und daß sie stolz war, steht nicht übel ihm,
Denn zwei Geschlechter haben ihn geehrt,
Und eine Spanne von der Gruft soll nicht
Des dritten einer ihn beleidigen.
Wär’ mein das kecke Volk,

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