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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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regnete, desto kürzer schürzte sich sein Frack hinauf, und am kürzesten Tage ging der Epitomator wegen des unerhörten Wetters im kürzesten Überrock herum, in einer niedlichen Sedez-Ausgabe der vorigen Langfolio-Ausgabe. Die Moral, die ich daraus holen kann, möchte die Frage sein: sollte ein gescheiter Staat, der doch gewiß siebzigmal klüger ist als alle Strumpfwürker zusammengenommen, die ja selber nur Glieder desselben sind, den eingesäumten Strumpfwürker nicht dadurch am besten einholen, daß er auch seine schmutzigen Glieder (Diebe, Ehebrecher etc.), statt lange an ihnen zu reiben und zu säubern, mit dem Schwerte oder sonst frisch herunterschnitte?…
    Der Doktor Fenk zerstreuete durch launigen Trost die einsamen Flüche, die sein Freund Rittmeister statt der Seufzer tat. Er sagte, er habe an Ernestinen mehr als einmal über einen besonders guten Zug, den er getan, kein andres Erschrecken bemerkt als ein freudiges. Er wolle sein Reisegeld daransetzen, daß sie, da sie ihn liebe, einen Pfiff in ihrem Kopfe großbrüte, der die Treppe zum Brautbette zimmern werde – er riet ihm, sich zerstreuet und achtlos anzustellen, damit er sie nicht im Ausbrüten des Pfiffes ertappe und wegstöre – er fragte ihn: »Kennst du den kleinen Dienst der Liebe vollkommen?« – Kein Deutscher verstand Metaphern weniger als der Rittmeister. »Ich meine,« fuhr er fort, »kannst du denn nicht der listigste Vokativus von Haus aus sein? – Kannst du nicht die Schachfigur, die du ziehen willst, lange fassen, um deine Hand lange über deiner Schachmiliz zu behalten und die Generalissima mit der Hand irre und verliebt zu machen? – Kannst du nicht deine Positionen jede Minute gegen diese Feindin wechseln und besonders Anhöhen suchen, weil ein stehender Mann einer sitzenden Frau schöner vorkommt als einer stehenden? Ich und sie sollten dich bald auf den Stuhl zurückgebogen, bald vorwärts, bald links, bald rechts gerankt, bald im Schatten, bald ihre Hand, bald ihren Mund fixierend erblicken im Spiele. Ja du solltest drei oder vier Bauern ins Zimmer herunterstoßen, bloß um dich zum Aufheben nachzubücken, damit etwa dein schwellendes Gesicht auf ihr Herz Eindrücke machte und damit du das Blut in deinen und ihren Kopf zugleich emportriebest. Laß deinen Zopf eine Achtels-Elle dem Hinterkopfe näher oder ferner schnüren, falls etwa diese Schnürung und diese Elle sich bisher eurer Ehe entgegengesetzet hätte.« Der arme Rittmeister begriff und tat vom ganzen Dienstreglement kein Jota, und dem Doktor wars ebenso lieb; denn er redete aus Humor in nichts lieber als in den Wind. Ernestine schreibt in ihrem Briefe fort:
    »Morgen gehen gottlob meine Karwochen zu Ende, und es ist ein Glück für den Rittmeister, der alle Tage empfindlicher wird, daß nur der Doktor da ist, der über jede gezogne Figur einen Einfall weiß. Sein Witz, sagt er, beweise, daß er selber jämmerlich spiele, weil gute Spieler über und unter ihrem Spielen niemals ein Bonmot hätten.
    Den 20. Jun. um 3 Uhr. Heute abends um 12 Uhr werd’ ich endlich vom Schach-Fußblocke losgeschlossen. Er will an der Definitiv-Partie – nennt sie Fenk – den ganzen Tag spielen; er lässet aber, weil er aus seinen Tags-Kampagnen den Ablauf der nächtlichen errät, nachts den Kutscher mit dem Wagen halten, um sogleich wie ein Leichnam traurig abzufahren. Er sollte mir nur nicht zumuten, so schlecht zu spielen wie er. Er ist aber in allem so hastig und hält vor allen Vorstellungen die Ohren zu.
    Um 12 Uhr nachts. Ich bin außer mir. Wer hätt’ es von meinem Vater geglaubt? Mein Spiel konnte kaum besser stehen – es war auf meines Vaters Sekundenuhr, die neben dem Schachbrett lag, schon viel über halb Zwölf – er hatte nur drei Offiziere und ich noch alle meine – ohn’ ein Wunderwerk war er in 18 Minuten matt – eine fliegende Röte spannte einmal ums andre sein ganzes Gesicht – wir wurden zuletzt ordentlich beklemmt, und selbst der Doktor sagte kein lustiges Wort mehr – bloß mein weißes Miezchen marschierte schnurrend auf dem Spieltisch herum – kein Mensch denkt natürlicherweise auf die Katze, und er bietet mir im Spiele das erste Schach – nun mocht’ er (oder war ichs? denn ich schlage zuweilen auch solche Pralltriller auf dem Tische) mit den Fingern einen auf der Bande machen – wie der Blitz fährt die Bestie, die es für eine Maus halten muß, darauf hin und schmeißet uns das ganze Spiel um und da sitzen wir! Stellen Sie sich vor! Ich halb

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