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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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auf einem Doppelklavier nebeneinander zu Ende führen wollte? Am vernünftigsten, seh’ ich, mach’ ich, wenn meine Frau den ganzen Tag am Bärenfange steht und Zweige darauf wirft, damit ich hineinstolpere, nur durchaus keinen – Bären, obwohl auch keinen Affen. Nein! ihr gefügigen gedrängten Geschöpfe! ich setze mirs noch einmal vor und gelob’ es einer von euch hier öffentlich im Druck. Geschäh’ es dennoch, daß ich die eine nach den Flitterwochen quälen wollte: so les’ ich bloß diesen Sektor hinaus und rühre mich mit dem kommenden Gemälde eurer ehlichen Pilatus, das ich deswegen hieher trage – wie nämlich der dümmste Mann sich für klüger hält als die klügste Ehefrau; wie diese vor ihm, der vielleicht außer dem Haus vor einer Göttin oder Götzin auf den Knien liegt, um beglückt zu werden, gleich dem Kamele auf die ihrigen sinken muß, um befrachtet zu werden; wie er seine Reichskammergericht-Erkenntnisse und seine Plebiszita nach den sanftesten, nur mit zweifelhafter Stimme wie verloren gewagten Gegengründen mit nichts versüßet als mit einem »wenn ichs nun aber so haben will«; wie eben die Träne, die ihn bezauberte im freien Auge der Braut, ihn entzaubert und ganz toll macht, wenn sie aus dem ankopulierten fällt, so wie in den arabischen Märchen alle Bezauberungen und Entzauberungen durch Besprengen mit Wasser geschehen – wahrhaftig das einzige Gute ist doch dies, daß ihr ihn recht betrügt. Ach! und wenn ich mir erst denke, wie weit ein solcher Ehe-Petz gegangen sein muß, bis ihr so weit ginget, daß ihr, um nicht von ihm gefressen zu werden, euch (wie man auch bei den Waldbären tut) gar ohnmächtig anstellet; und der Petz schritt mit seinen müßigen Tatzen um die Scheintote herum!….
    »In meinem Alter soll das Einbein schon anders pfeifen!« sagt der verheiratete Leser; allein ich bin selber schon neun Jahre älter als er, und noch dazu unverheiratet.

Zweiter Sektor oder Ausschnit t
     
    Ahnen-Preiskurant des Ahnen-Grossierers – der Beschäler und Adelbrief
    Es gibt in der ganzen entdeckten Welt keine verdammtere Arbeit als einen ersten Sektor zu schreiben; und dürft’ ich in meinem Leben keine andern Sektores schreiben, keinen zweiten, zehnten, tausendsten, so wollt’ ich lieber Logarithmen oder publizistische Kreisrelationen machen als ein Buch mit ästhetischen. Hingegen im zweiten Kapitel und Sektor kommt ein Autor wieder zu sich und weiß recht gut im vornehmsten Cercle, den es vielleicht gibt (Knäsen sitzen in meinem), was er mit seinen schreibenden Händen anfangen soll und mit seinem Hute, Kopfe, Witz, Tiefsinn und mit allem.
    Da ich durch das Ehepaar, von dessen Verlobung durch Schach und Katze wir sämtlich zurückkommen, mir in neun Monaten den Helden dieses Buches abliefern lasse: so muß ich vorher zeigen, daß ich nicht unbesonnen in den Tag hineinkaufe, sondern meine Ware (d. i. meinen Helden) aus einem recht guten Hause, um kaufmännisch zu reden, oder aus einem recht alten , um heraldisch zu sprechen, ausnehme. Denn der reichsfreien Ritterschaft, den Landsassen und den Patriziern muß es hier oder nirgends gesagt und bewiesen werden, daß mein Heldlieferant, Herr von Falkenberg, von älterem Adel ist wie sie alle; und zwar von unechtem.
    Nämlich Anno 1625 war Mariä Empfängnis, wo sein Urgroßvater sich ungemein besoff und dennoch aus dem Glücktopfe die volle Hand mit etwas Außerordentlichem herausbrachte, mit einem zweiten Adeldiplom. Denn es trank mit ihm, aber siebenmal stärker, ein gescheiter Roßtäuscher aus Westfalen, auch ein Herr von Falkenberg , aber nur ein Namenvetter; ihre beiden Stammbäume bestreiten und anastomosierten sich weder in Wurzelfäserchen noch in Blättern. Ob nun gleich der Sippschaftbaum des Westfälingers so alt und lang im Winde und Wetter des Lebens dagestanden war, daß er mit manchem Veteranen auf den Bergen Libanon und Ätna zugleich aus der Erde vorgeschossen zu sein schien, kurz, obgleich der Roßhändler 64schildig war, indes der Urgroßvater zu seiner größten Schande und zu dessen seiner, der ihn in seinen Roman mithineinnimmt, wirklich sowohl Zähne als Ahnen mehr nicht zählte als 32: so wars doch noch zu machen. Der alte Westfale war nämlich der Stammhalter und die Schlußvignette und das hogarthische Schwanzstück seines ganzen historischen Bildersaals; nicht einmal in beiden Indien, wo wir alle unsre Vettern haben und erben, hatt’ er noch einen. Darauf fußte der Urgroßvater, der ihm sein

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