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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Despierto gab ihm seine Verhaltungsbefehle in so verworrener Weise, daß selbst der beste Scharfsinn sich aus ihnen nichts zu entnehmen vermocht hätte, und fragte trotzdem am Schlusse:
    »Du hast doch Alles genau verstanden, Pepe?«
    »Ganz genau!« versicherte der Miquelete, hatte aber alle Mühe, die schweren Augenlider offen zu er halten.
    »Und vor allen Dingen nimm die Laterne mit, damit ich Dich in der Dunkelheit finde, wenn ich inspiziren komme. Jetzt kannst Du gehen!«
    Pepe rührte sich trotz dieses Befehles nicht von der Stelle; die Lider waren ihm doch noch zugefallen. Der Hauptmann schüttelte ihn am Arme.
    »Hast Du es gehört? Du kannst gehen!«
    Der Miquelete raffte sich zusammen.
    »Schön, Herr Hauptmann!«
    Er schob sich schleppenden Schrittes zur Thür hinaus, Don Despierto rieb sich mit zufriedener Miene die Hände.
    »Dieser Kerl ist nicht mit Gold auszuwiegen. Hätte ich ihn eigens für meine Bedürfnisse geschaffen, so hätte es mir nicht besser gelingen können. Er wird schlafen und schnarchen wie ein Rhinozeros, und ich werde einige Hände voll Dublonen einstecken dürfen!«
    Auch Pepe hielt ein Selbstgespräch, als er die Wohnung des Hauptmanns verlassen hatte.
    »Santa Lauretta, die Sache ist ganz so, wie ich sie mir gedacht hatte! Er hat in der Ensenadabucht zu thun, jedenfalls irgend eine geldbringende Heimlichkeit, und da ein Anderer wachen und ihn stören würde, so giebt er mir den Posten. Gut, mein bester Don Lukas Despierto, ich werde schlafen, aber blos so lang als es mir gefällig ist. Und einen Blick in den Brief werde ich wohl auch werfen, he; vielleicht, daß er mir einigen Aufschluß giebt! Es ist nichts so vorteilhaft, als zu schlafen, wenn man von Amtswegen zu wachen hat!«
    Mit schnellem, elastischem Schritte kehrte er in seine Hütte zurück, wo er die Lampe anbrannte und das Papier hervorzog. Er hatte Lesen gelernt, was keiner seiner   Kameraden von sich rühmen konnte, hielt aber diese Fertigkeit vollständig geheim. Der Brief entsprach seiner Erwartung vollständig.
    »Richtig! Das Schiff ist die Brigg ›Esmeralda,‹ deren Kapitän sich nicht nennt. Er will die Erlaubniß, mit einigen seiner Leute um zehn Uhr in der Ensenada mit einem Boote landen zu dürfen, mit vierzig Goldstücken bezahlen und bittet um ein Licht, welches ihm als Zeichen dienen soll. Darum also befahl der Hauptmann, daß ich die Laterne mitnehmen solle! Der Brief ist ihm jedenfalls durch einen Matrosen der ›Esmeralda‹ zugestellt worden und konnte in keine bessern Hände kommen, als in diejenigen des ›Schläfers.‹ Herr Kapitän, die Regierung zahlt mir keinen Sold; Sie werden Ihren Beutel dem Könige zur Verfügung stellen müssen!«
    Die kleine Bucht, welche den Namen Ensenada führte und soeben der Wachsamkeit Pepe’s anvertraut worden war, lag so mysteriös zwischen den Felsen, daß sie eigens dazu geschaffen schien, jenen Schleichhandel zu begünstigen, wie er, mit dem Dolche im Gürtel und der sicher treffenden Büchse in der Faust, an der Küste Spaniens betrieben wird. Infolge der isolirten Stellung war jener Posten nicht ohne Gefahr. Die Dünste des Meeres hingen in der nebeligen Novembernacht wie eine dichte Decke in der Atmosphäre, benahmen einem gewöhnlichen Auge jede Möglichkeit, Etwas zu sehen, und dämpften den Laut der Stimme, welche Veranlassung hatte, um Hülse zu rufen.
    Pepe lud seinen Karabiner, steckte das Messer in den Gürtel, brannte seine Blendlaterne an und trat hinaus in die Finsterniß, um sich auf seinen Posten zu begeben. Wer den schläfrigen, stets müden Miquelete jetzt gesehen   hätte, würde ihn wohl kaum wieder gekannt haben, so fest und sicher waren seine sonst so schwerfälligen Schritte, so elastisch und gewandt seine Bewegungen und so aufrecht und stramm hielt er seine gewöhnlich schlaff zusammengeknickte Gestalt.
    Es konnte neun Uhr vorüber sein. Die Nacht war still, finster und kalt. Nicht das geringste Geräusch ließ sich vom Dorfe her vernehmen, und nur das dumpfe Branden des Ozeans, der rast- und ruhelos unten gegen die Felsendämme anbrauste, störte das Schweigen der Natur. Kein Stern ließ sich am Himmel sehen; das einzige Licht, welches es gab, kam aus der Laterne des Miquelete, welcher jetzt in der Bucht angelangt war und sich durch vorsichtiges Umherleuchten überzeugte, daß er ganz allein sei.
    Er stellte die Laterne so, daß ihr Strahl hinaus auf die See und auf den nach dem Dorfe führenden Hohlweg fiel und legte sich einige

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