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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ihre Strafe wird eine schwere sein. Wohl ihnen, wenn deine Hand ihre Seelen von ihnen genommen hätte. Sie scheinen tot zu sein.«
    »Nein,« antwortete Old Shatterhand, dessen scharfem Auge es während der Unterredung nicht entgangen war, daß die beiden einmal leise die Köpfe erhoben hatten, um sich umzusehen. »Sie sind nicht tot; sie sind sogar nicht mehr ohnmächtig; sie stellen sich nur tot, weil sie glauben, wir werden sie hier liegen lassen.«
    »So mögen die Hunde sich erheben, sonst zermalme ich sie mit dem Fuße!« rief der Häuptling, indem er jedem der beiden einen so gewaltigen Fußstoß versetzte, daß sowohl Knox als auch Hilton es aufgab, Bewußtlosigkeit zu heucheln; sie standen auf. Ihre Angst war so groß, daß es ihnen gar nicht einfiel, an Flucht oder Verteidigung zu denken.
    »Ihr seid meinen Kriegern heute früh entkommen,« sagte der Häuptling im grimmigsten Tone. »Nun hat der große Manitou euch in meine Hand gegeben, und ihr sollt für die Mordthaten, welche ihr begangen habt, am Marterpfahle heulen, daß es alle Bleichgesichter des Gebirges hören.«
    Die beiden verstanden jedes Wort des Roten, da derselbe ein ziemlich gutes Englisch sprach.
    »Mordthaten?« fragte Knox in der Absicht, den Versuch zu machen, sich durch Leugnen zu retten. »Davon wissen wir nichts. Wen sollen wir ermordet haben?«
    »Schweig, Hund! Wir kennen euch, und auch diese Bleichgesichter hier, welche euretwegen in unsre Hände gefallen sind, wissen, was ihr gethan habt!«
    Knox war ein listiger Bursche. Er sah Old Shatterhand unverletzt und unbeschädigt neben dem Roten stehen. Die Indianer hatten es nicht gewagt, sich an dem berühmten Manne zu vergreifen. Wer in seinem Schutze stand, war gewiß ebenso sicher vor ihnen wie er selbst; darum kam dem Mörder ein Gedanke, welchen er für den einzig rettenden hielt. Old Shatterhand war ein Weißer; er mußte sich also der Weißen gegen die Roten annehmen. So wenigstens dachte Knox und darum antwortete er: »Natürlich müssen sie wissen, was wir gethan haben, denn wir sind ja mit ihnen geritten und seit Wochen mit ihnen zusammengewesen.«
    »Lüge nicht!«
    »Ich sage die Wahrheit. Frage Old Shatterhand, welcher dir erklären und beweisen wird, daß wir gar nicht diejenigen sein können, für welche wir von euch gehalten werden.«
    »Irrt euch nicht,« erklärte Old Shatterhand. »Wenn ihr glaubt, daß ich eine Lüge sprechen werde, um euch der verdienten Strafe zu entziehen, so muß ich euch sagen, daß es mir unmöglich einfallen kann, mich auf gleiche Stufe mit euch zu stellen. Ihr wißt, was ich von euch denke; ich habe es euch gesagt und meine Ansicht über euch auch nicht geändert.« Er wendete sich von ihnen ab.
    »Aber, Sir,« rief Knox, »Ihr wollt uns doch nicht etwa in dieser Gefahr verlassen! Es handelt sich um unser Leben!«
    »Allerdings, nachdem es sich vorher um das Leben der von euch Gemordeten gehandelt hat. Ihr habt den Tod verdient, und ich habe gar keine Veranlassung, dagegen zu sein, daß einem jeden sein Recht werde.«
    »Alle Wetter! Kommt Ihr uns so, nun, so weiß ich auch, was ich zu thun habe. Rettet Ihr uns nicht, nun, so sollt Ihr mit uns zu Grunde gehen!« Und sich von Old Shatterhand ab und zu dem Häuptlinge wendend, fuhr er fort: »Warum ergreifst du nicht auch diese vier? Sie haben sich ja auch an dem Pferderaube beteiligt und auch mit auf die Utah geschossen; gerade durch ihre Kugeln sind die meisten eurer Leute gefallen!«
    Das war eine Frechheit sondergleichen. Old Shatterhand machte eine Bewegung, als ob er sich auf den unverschämten Menschen stürzen wolle, besann sich aber eines andern und blieb schweigend stehen. Dennoch folgte die Strafe sofort der That, und was für eine Strafe. Die Augen des Häuptlings leuchteten auf; sie sprühten förmlich Blitze, als er Knox andonnerte: »Feigling! Du hast nicht den Mut, die Schuld allein zu tragen und wirfst sie auf andre, gegen welche du eine stinkende Kröte bist. Dafür soll die Strafe für dich nicht erst am Marterpfahle, sondern gleich jetzt beginnen. Ich werde mir deinen Skalp nehmen, und du sollst leben und ihn an meinem Gürtel hängen sehen. Nani witsch, nani witsch!«
    Diese beiden Utahworte bedeuten »mein Messer, mein Messer!« Er rief sie den am Rande der Blöße stehenden Indianern zu.
    »Um Gottes willen!« schrie der Bedrohte auf. »Bei lebendigem Leibe skalpieren, nein, nein!«
    Er that einen Sprung, um zu fliehen; aber der Häuptling war ebenso schnell wie er,

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