Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Fußgeschtrampel von wenigstens zweehundert – – –«
Er hielt erschrocken inne, denn jetzt waren die Überfallenen erwacht und erhoben ihre Stimme.
»Donner und’s Messer, das is Kampf!« fuhr der Hobble-Frank auf. »Ich gloobe, wir sind mehrschtenteels überfallen worden!«
»Ja, überfalle sind wir worde!« stimmte Droll bei. »Das müsse rote Halunke sein, wenn’s nötig is!«
Der nächste Augenblick bewies, daß diese Vermutung die richtige war, denn es erscholl das Kampfgeheul der Indianer.
»Gott schteh uns bei; sie sind’s wirklich!« rief Frank. »Droff, off sie! Komm rasch hinaus!«
Er ergriff den Arm Drolls, um ihn mit sich fortzuziehen; aber dieser wegen seiner Pfiffigkeit bekannte Jäger hielt ihn zurück und sagte, vor Aufregung allerdings beinahe zitternd:
»Bleib da! Nich so schnell hinaus! Wenn die Indianersch itzt bei Nacht eenen Überfall unternehme, so sind ihrer so viele beisamme, daß mer so vorsichtig wie möglich zu sein hat. Wolle erscht sehe, wie de Sache schteht. Nachher wisse mer, was mer zu mache habe. Mer müsse uns niederlege und vorwärts krieche.«
Dies thaten sie. Sie schoben sich an Händen und Füßen bis zum Ausgang hin. Da erkannten sie trotz der Dunkelheit, daß ihre Gefährten verloren seien. Die Übermacht der Roten war zu groß. Links von ihnen war der Kampf entbrannt. Die Schüsse Firehands, Shatterhands und Winnetous knallten, aber nicht lange Zeit, dann ertönte der hundertstimmige Siegesruf der Roten. Gerade vor dem Ausgange der Spalte war freie Bahn.
»Rasch hinter mir her und übersch Wasser nüber!« raunte Droll dem Vetter zu.
Er kroch so schnell und vorsichtig wie möglich auf der Erde hin. Frank folgte ihm. Dabei berührte die Hand des letzteren einen harten, langen Gegenstand; dieser war ein Gewehr mit Kugelschloß. »Old Shatterhands Henrystutzen!« durchzuckte es ihn. Er nahm das Gewehr mit. Die beiden kamen glücklich an das Wasser und dann an das andre Ufer desselben. Dort ergriff Droll den Hobble-Frank bei der Hand und zog ihn fort, abwärts, in südlicher Richtung. Die Flucht gelang ihnen, weil es so finster war und weil ihre Schritte bei dem Geschrei der Indianer nicht gehört werden konnten. Bald aber wurde der Raum zwischen Wasser und Felsen so enge, daß Droll riet: »Mer müsse wieder nüber ans linke Ufer. Da wird die Bahn wohl breeter sein.«
Sie wateten hinüber. Zu ihrem Glücke befanden sie sich schon weit unterhalb der Stelle, wo der Posten gestanden hatte. Sie gingen oder vielmehr sie rannten weiter, bald an die Felsenwand, bald an im Wege liegende Steine stoßend, bis sie die Stimmen der Indianer nicht mehr hörten; da hielt der Hobble-Frank seinen Gefährten an und sagte in vorwurfsvollem Tone: »Nun halte endlich mal schtille, du Tausendsapperlot! Warum biste denn eegentlich fortgerannt und hast mich schmählich verführt, mitzuloofen! Das is doch gegen alle Pflicht und Kameradschaftlichkeet! Haste denn gar keene Ambition im Leibe?«
»Ambition?« antwortete Droll, wegen seines Körperumfanges vom Laufen beinahe atemlos. »Die habe mer wohl im Leib, aber wer de Ambition behalte will, der muß vor alle Dinge den Leib ze rette suche. Darum bin ich fortgerannt.«
»Aber das war doch eegentlich gar nich erlaubt!«
»So? Warum soll das nicht erlaubt gewese sein?«
»Weil es unsre Pflicht war, unsre Freunde zu retten.«
»So! Und off welche Weise hättest se denne rette wolle?«
»Wir hätten uns off diese Roten werfen müssen, um sie zusammenzuhauen und niederzuschtechen.«
»Hihihihi! Zusammenhaue und niederschteche!« lachte Droll in seiner eigenartigen Weise. »Da hätte mer weiter nischt erreicht, als daß mer ooch mit gefange worde wäre.«
»Gefangen. Meenste etwa, daß unsre Gefährten nur gefangen worden sind, nicht erschossen, erschtochen und erschlagen?«
»Nee, umgebrunge hat mer se nich, das schteht fest. Ich weeß es genau.«
»Das könnte mich beruhigen!«
»Gut, so beruhige dich. Haste denn Schüsse gehört?«
»Ja.«
»Und wer is es denn, der geschosse hat? Etwa de Indianersch?«
»Nee, denn was ich hörte, das waren Revolverschüsse.«
»Also! De Indianersch habe ihre Gewehre gar nich gebraucht; es is also ihre Absicht gewest, de Bleichgesichter bei lebendige Leibe gefange ze nehme, um se schpäter desto mehr martern ze könne. Darum bin ich fort. Jetzt sind wir zwee beede gerettet und könne für unsre Leute mehr thun, als wenn mer mit gefange genomme worde wäre.«
»Da haste recht, Vetter, da
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