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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu lassen. Es drang schon durch die Öffnung in dieses Stockwerk. Dasselbe war eng, viel, viel enger, als das untere. Darum stieg die Flut mit zehnfacher Schnelligkeit an den Wänden empor.
    Das »lange Ohr« war jünger und stärker als der »alte Donner«. Er riß sich von ihm los und warf ihn mit einem kräftigen Stoße zu Boden. Nun aber drangen die andern Utahs auf ihn ein. Er besaß keine Waffe und hatte nur eine Hand frei, sich ihrer zu erwehren. Schon legte einer das Gewehr auf ihn an, um ihn zu erschießen; da rief er: »Halt, sonst werfe ich das Licht in das Wasser, und dann seid ihr verloren! Ihr könnt nicht sehen, wohin ihr zu steigen habt, und das Wasser holt euch ein.« Das half. Sie sahen ein, daß sie sich nur dann retten konnten, wenn sie Licht behielten. Schon stand ihnen das Wasser bis an den Hüften.
    »So behalte die Fackel, und steig voran, du Hund!« antwortete der »alte Donner«. »Aber später wirst du es büßen!«
    Der Timbabatsche stand schon auf den Stufen und eilte weiter. Wieder gelangte er durch eine schmale Öffnung in das nächste Stockwerk. Die Drohung des Alten war ernst gemeint. Das »lange Ohr« wußte es. Er dachte, daß er nur dann nichts zu befürchten habe, wenn die Utahs in der Flut umkamen. Darum blieb er, als er durch die Öffnung gestiegen war, stehen und blickte zurück. Hinter ihm erschien der Kopf des »alten Donners«. »Du hast mich einen Hund genannt und willst dich an mir rächen,« rief er ihm zu. »Du bist selbst ein Hund und sollst wie ein Hund sterben. Fahre zurück in das Wasser!«
    Er versetzte ihm einen Fußtritt in das Gesicht, so daß der Alte zurückstürzte und in der Öffnung verschwand. Einen Augenblick später erschien der Kopf des nächsten Utah; auch dieser erhielt einen Fußtritt und fiel zurück. So erging es dem dritten; weiter kam keiner, denn das Wasser hatte die andern erreicht und von den Stufen geschwemmt; es trat jetzt schon durch die Öffnung; der Timbabatsche befand sich allein; nur er war übrig geblieben.
    Er stieg weiter und weiter, noch einige Stockwerke höher, und das Wasser folgte ihm mit derselben Schnelligkeit. Da fühlte er, daß die Luft besser wurde. Der Aufstieg war nun so eng geworden und es gab keine Stufen mehr, sondern ein eingekerbtes Holz war als Leiter der Mauer gelegt. Schon setzte er die Fußspitzen in die Kerben, um nach oben zu klimmen, da hörte er über sich eine Stimme: »Halt, bleib unten, sonst erschieße ich dich! Die Utahs haben uns vernichten wollen; nun sind sie selbst alle verloren, und du sollst als der letzte von ihnen sterben!«
    Es war die Stimme des »großen Bären«. Der Timbabatsche erkannte sie.
    »Ich bin ja kein Utah. Schieß nicht!« antwortete er voller Angst.
    »Wer bist du denn?«
    »Dein Freund, der Häuptling der Timbabatschen.«
    »Ach, das »lange Ohr«! So hast du erst recht den Tod verdient, denn du bist ein Abtrünniger, ein Verräter.«
    »Nein, nein! Du irrst!«
    »Ich irre nicht. Du hast dich auf irgend eine Weise in mein Geheimnis geschlichen und es den Utahs mitgeteilt. Nun magst du so ertrinken, wie sie ertrunken sind.«
    »Ich habe nichts verraten!« beteuerte der Rote voller Angst, denn das Wasser stieg ihm schon bis an die Knie.
    »Lüge nicht!«
    »Laß mich hinauf! Bedenke, daß ich stets dein Freund gewesen bin!«
    »Nein, du bleibst unten!«
    Da ließ sich eine andre Stimme hören, nämlich diejenige Old Firehands: »Laß ihn herauf! Es ist des Fürchterlichen genug geschehen. Er wird seine Sünde eingestehen.«
    »Ja, ich gestehe es; ich werde euch alles, alles sagen!« versicherte das »lange Ohr«, denn das Wasser reichte ihm schon fast bis an die Hüfte.
    »Gut, ich will dir das Leben schenken und hoffe, daß du mir dafür dankbar sein wirst.«
    »Meine Dankbarkeit wird ohne Grenzen sein. Sage mir, was du willst, und ich werde es thun!«
    »Ich halte dich beim Wort. Nun komm herauf!«
    Der Rote warf, um mit beiden Händen klettern zu können, die Fackel in das Wasser und stieg hinauf. Als er oben anlangte, sah er sich in demjenigen Raume des Inselgebäudes, in welchem sich der Herd befand. Vor der offenen Thür brannte ein Feuer, und bei dem hereinfallenden Scheine desselben sah er den großen Bären, Old Firehand und Old Shatterhand. Er sank vor Müdigkeit und infolge der ausgestandenen Angst nieder, raffte sich aber schnell wieder auf, um hinaus zu springen und rief: »Fort, fort, hinaus, sonst kommt das Wasser, ehe wir uns retten können!«
    »Bleib hier!«

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