Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Campo rechnen. Señor Morgenstern und Kiesewetter haben von unsern Feinden gehört, daß man über die Fisch-, Blutegel-, Krokodils- und Zwillingsquelle muß, um nach dem Palmensee zu gelangen. Wir haben diesen See also jetzt vor uns, und da aus den vorhin angeführten Gründen uns Waldland nahe liegt, so ist daraus zweierlei zu schließen, nämlich erstens, daß wir nicht anderthalbe Tagereise mehr brauchen, um den Palmensee zu erreichen, und zweitens, daß derselbe sich nicht im offenen Lande, sondern im Walde befindet.«
»Dann heißt es, doppelt Achtung geben und vorsichtiger sein als bisher,« antwortete Geronimo.
»Warum das?« fragte EI Picaro. »Meinst du etwa, daß wir wieder Blutegel finden werden?«
»Laß den Scherz! Wir haben Veranlassung ernst zu sein. Du hast doch gehört, daß Kapitän Pellejo die Soldaten nach dem Palmensee beordert hat. Vielleicht befinden sie sich schon dort, wenn wir kommen. Entdecken wir sie aber nicht zur rechten Zeit, so können wir von ihnen ganz unversehens überfallen werden.«
»Wären sie schon dort, so hätten wir das allerdings zu befürchten,« fiel der Vater Jaguar ein; »ich bin aber überzeugt, daß sie noch nicht angekommen sind.«
»Aus welchem Grunde?«
»Weil sie zu weit haben.«
»Das glaube ich nicht. Wenigstens haben sie nicht weiter als wir. Seit dem Zusammentreffen an der Fischquelle sind nun fünf Tage vergangen. Diese Zeit reicht sehr gut aus, um von Matara, Cachipampa oder gar Miravilla nach der Gegend zu kommen, in welcher unsrer Vermutung nach der Palmensee zu suchen ist.«
»Ganz richtig! Aber du mußt bedenken, daß dies nicht die einzigen Orte sind, von woher wir Soldaten zu erwarten haben. In Cruz grande und ganz besonders in Candelaria stehen auch welche, und diese haben einen längeren Weg zurückzulegen als derjenige ist, den wir glücklicherweise bereits hinter uns haben.«
»So kommen diese vielleicht später; die andern aber, die ich vorhin nannte, sind schon da.«
»Nein, eine solche Disposition trifft kein Offizier. Es wird dem Kapitän nicht einfallen, in einer so einsamen Gegend, welche noch dazu in der Nähe der feindlichen Grenze liegt, die einen auf die andern warten zu lassen. Er hat jedenfalls die Ausmarschbefehle so gegeben, daß die einzelnen Trupps, welche übrigens nur aus wenigen Mann bestehen können, zu gleicher Zeit am Versammlungsorte eintreffen. Aus den fernliegenden Garnisonen rückt man eher, aus den näherliegenden aber später.«
»Hm! Du triffst immer das Richtige und hast jedenfalls auch diesmal recht. Also brauchen wir noch keine Sorge zu haben.«
»O doch! Wir haben bisher nur von den Soldaten gesprochen. Die fürchte ich am wenigsten. Unter einer Garnison verstehe ich etwas ganz andres, als was man am Rio Salado darunter versteht. Du hast da Orte, deren Besatzung nicht zehn, ja oft nur fünf Köpfe zählt. Wir haben wohl kaum dreißig Mann zu erwarten, und mit diesen werden wir auf alle Fälle leicht fertig. Ich denke aber auch an die Indianer. Wer gibt uns die Gewißheit, daß diese nicht schon am Palmensee versammelt sind? Ich bin überzeugt, daß sie die Weißen erwarten, um von ihnen die versprochenen Gewehre zu bekommen. Vielleicht gehen sie ihnen sogar entgegen, um ihnen die Last, welche Pulver und Blei, Messer, Beile und Flinten bilden, noch eher abzunehmen.«
»Carlos, das ist wahr! Wir müssen gewärtig sein, heute und hier schon ihren Besuch zu empfangen.«
»Wir müssen wenigstens mit dieser Möglichkeit rechnen. Daher habe ich unser Lager hier am nördlichen Ufer des Wassers aufgeschlagen, während das südliche, wie ich weiß, dazu viel geeigneter wäre. Auch dürfen wir heute abend keine Feuer anzünden; sie könnten uns verraten. Die Fische müssen schon jetzt am Tage gebacken werden, und zwar bei kleinen Feuern, welche keinen dichten Rauch erzeugen.«
»Und doch dürfte alle diese Vorsicht vergeblich sein, denn ich meine, daß die Roten dennoch gerade hierher kommen würden.«
»Warum?«
»Sehr einfach darum, weil die Quellen sich auf dieser Seite befinden. Dem Trinkwasser geht doch jeder nach.«
»Sehr wahr; aber ich habe vergessen, zu sagen, daß drüben am andern Ufer sich eine noch viel größere Quelle befindet. Der Ort hat seinen Namen zwar von dieser Zwillingsquelle, die jenseitige aber wird öfters aufgesucht, weil sie viel bequemer liegt und sich an ihren Ufern ein Grasplatz erstreckt, an welchem bedeutend mehr Menschen lagern können als hier.«
»Zugegeben! Aber, Carlos,
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