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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich hinüber, um zu sehen, wer diese Leute sind und was sie hierhergeführt hat. Dann wird es sich zeigen, ob ich still zurückkehre oder mich von den Umständen zu irgend einer Handlung bewegen lasse.«
    »Meinst du, daß dir dieses letztere erlaubt wäre? Wie leicht könntest du etwas thun, was der Vater Jaguar dann nicht billigen würde.«
    Da legte ihm der Inka die Hand auf die Achsel und sagte in nachdrücklichem Tone:
    »Ich bin hier im Lande geboren und kenne es genau. Du brauchst keine Sorge zu haben, daß ich etwas Unrechtes thun werde. Gehst du mit, oder willst du hier bleiben? In diesem letzteren Falle bleibe auch ich und melde dem Vater Jaguar, was ich beobachtet habe. Ich will ja nur hinüber, um dir Gelegenheit zu geben, zu beweisen, daß du ein mutiger Jüngling bist.«
    »Natürlich gehe ich mit, ganz natürlich! Ich fragte nur so, weil ich glaubte, zu jung zu sein, um so selbständig handeln zu können.«
    So komm und gib mir deine Hand, damit ich dich führe, denn ich glaube, daß meine Augen in der Dunkelheit schärfer als die deinigen sind.«
    Er nahm ihn bei der Hand und schritt mit ihm langsam weiter. Das war nicht leicht, denn es ging zwischen Büschen und unter Bäumen hin. Dann hörte der Wald plötzlich auf, und das Ufer lag baumlos vor ihnen. Haukaropora blieb nachdenklich stehen, überlegte eine kleine Weile und sagte dann:
    »Das ist eine Lücke in dem Gürtel, welcher sich als Waldstreifen um das Wasser legt. Dieser Gürtel ist schmal. Gehen wir innerhalb desselben vorwärts, so befinden wir uns stets in der Finsternis, welche unter den Bäumen herrscht, was uns sehr aufhalten muß. Darum denke ich, es ist besser, wenn wir uns weiter rechts halten, um an dem Rande dieses Gürtels hinzugehen. Da können wir viel schneller laufen und haben den freien Himmel über uns, welcher zwar auch dunkel ist, aber doch nicht so finster wie die Wipfel der Bäume.«
    »Aber werden wir da den Ort finden, wo die Leute sind, welche wir suchen?« warf Anton Engelhardt bedenklich ein.
    »Ganz gewiß!«
    »Ich denke, wir kommen da viel zu weit nach rechts?«
    »Nicht zu sehr, da der Wald ja nicht breit ist. Übrigens ist es sicher, daß diese Leute an der Quelle lagern werden, von welcher der Vater Jaguar sprach. Wenn wir dieselbe erreichen, brauchen wir nur ihrem Wasser zu folgen, um an das Ziel zu gelangen.«
    »Sie wird sich vielleicht unter den Bäumen befinden!«
    »Möglich; aber die Menschen, deren Feuer ich bemerkt habe, lagern jedenfalls nicht unter Bäumen, da das zu unbequem sein würde, sondern auf einer freien Stelle. Verlaß dich auf mich. Wir verirren uns nicht.«
    Sie setzten ihren Weg fort, schneller als bisher. Ihr Lager hatte sich in der Mitte des nördlichen Seeufers befunden; sie bogen bald um den obern, westlichen Teil des Sees. Dann hörte die Lichtung auf und der Wald begann wieder. Er bildete hier einen dunkeln Streifen, welcher einige hundert Schritte breit sein mochte. Sie ließen ihn linker Hand liegen und eilten an seinem äußern Rande nun in östlicher Richtung hin, denn sie befanden sich nun am südlichen Ufer. Sie waren da noch gar nicht weit gekommen, so blieb der junge Inka mit vorwärts gebeugtem Oberkörper stehen. Er hatte die Haltung eines angestrengt Lauschenden eingenommen. Es hatte sich ein ziemlich scharfer Wind erhoben, welcher ihnen gerade entgegenwehte.
    »Hörst du etwas?« fragte Anton.
    »Ja,«
    »Was?«
    »Ich glaube, es ist eine Glocke gewesen.«
    »Eine Glocke? Es gibt doch hier keine Stadt mit Kirchenglocken.«
    »Diese Art meinte ich nicht. Komm noch eine kurze Strecke weiter, so wirst du es auch hören.«
    Sie schritten wieder vorwärts, diesmal aber langsamer als vorher. Bald war ein vom Winde herübergewehter metallener Ton zu hören.
    »Horch!« sagte Anton. »Jetzt habe ich es gehört. Es klang beinahe wie die Glocke einer Madrina.«
    Madrina ist ein dem spanischen Amerika eigentümlicher Ausdruck. Man versteht unter demselben die Stute, welche bei Herden oder auf Reisen die andern Tiere führt. Sie trägt eine Glocke am Halse, deren Ton die übrigen stets folgen.
    »Ja, es kann nichts andres sein, als eine Madrina,« stimmte der junge Inka bei.
    »Sollten sich Arrieros hier im Gran Chaco befinden?«
    »Nein, gewiß nicht. Durch diese Gegend ziehen keine Handelskarawanen. Es werden Indianer sein.«
    »Von welchem Stamme?«
    »Ich weiß es nicht, denke aber, es zu erfahren.«
    »Dann sind diese Menschen sehr unvorsichtig. Die einzelnen Völker leben,

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