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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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euch zu sprechen, und zwar ein sehr ernstes Wort. Wo seid ihr denn gestern abend hingekommen?«
    »Hierher,« antwortete Fritze.
    »Das sehe ich! Aber wer hat euch losgebunden?«
    »Niemand.«
    »Lüge nicht! Von selbst konntet ihr nicht loskommen.«
    »O doch, sehr leicht!«
    »Auf welche Weise?«
    »Wir haben uns losgebissen.«
    »Mensch, wenn du so gute Laune hast, daß es dir beikommt, Scherz mit mir zu treiben, so will ich dich bald in eine andre Stimmung bringen! Ich will wissen, wer euch befreit hat!«
    »Und ich kann nichts anders antworten, als was ich schon gesagt habe. Wir haben uns selbst losgemacht.«
    »Auf welche Weise?«
    »Fällt mir nicht ein, dies zu verraten!«
    »Wenn du nicht reden willst, werde ich dir den Mund öffnen!«
    »Auch dann sage ich nichts. Wenn ich es erklärte, und ihr hängt uns wieder auf, könnten wir dann nicht herunter, denn ihr würdet euch besser vorsehen.«
    »Ist das etwa wieder Hohn? Ich weiß, wer euch befreit hat. Ist’s nicht der Vater Jaguar gewesen?«
    »Seid jetzt nicht so neugierig! Später werden wir es euch erzählen.«
    Er nahm seinen Herrn bei der Hand und eilte mit ihm fort, zum Felsenthor hinein. Antonio Perillo zog seine Pistole und wollte ihnen nach, um sie zum Stehenbleiben zu zwingen, aber der Gambusino meinte, indem er höhnisch auflachte:
    »Laß sie nur! Sie entgehen uns nicht. Sie scheinen nicht zu wissen, daß sich die Krieger schon hier befinden und werden arg erschrecken, wenn sie dieselben sehen.«
    »Mir fällt ein Stein vom Herzen!« fiel Perillo in das Gelächter ein. »Jetzt werden wir bald erfahren, was wir über ihr rätselhaftes Verschwinden zu denken haben und es wird uns das Vergnügen, sie noch einmal aufhängen zu können. Reiten wir ihnen nach!«
    Sie folgten den Vorangeflohenen. Der Hauptmann Pellejo machte den Letzten. Als sie das Thor hinter sich hatten, sahen sie den Doktor und seinen Diener eben rechts hinter den nächsten Büschen verschwinden. Zu gleicher Zeit aber sahen sie noch etwas oder vielmehr noch jemand, das heißt, einen Menschen, welcher nicht verschwand, sondern erschien. Er trat soeben am linken Rande des Thales unter den Bäumen hervor. Wer ihn einmal gesehen hatte, der mußte ihn stets und überall wieder erkennen.
    »Todos los diablos!« rief der Gambusino. »Das ist der Vater Jaguar!«
    Er hielt unwillkürlich sein Pferd an, und die andern beiden thaten mit den ihrigen dasselbe. Da sahen sie hinter dem Vater Jaguar ein leichtes Rauchwölkchen erscheinen, und im nächsten Augenblicke krachte ein Schuß. Was nun geschah, kann unmöglich im zehnten, ja nicht im fünfzigsten Teile der Zeit erzählt werden, in welcher es sich abspielte.
    Der Vater Jaguar war von allen, welche auf das Nahen der Feinde warteten, der ruhigste gewesen. Er wußte, woran er war. Und dann, als der Häuptling der Abipones im Thale erschien und allen Cambas das Herz klopfte, bewahrte er dieselbe Ruhe. Er lehnte am Stamme eines Baumes und beobachtete durch das Gebüsch, welches er vor sich hatte, den Anmarsch der Feinde. Aber eben dieses Gebüsch, welches so dicht sein mußte, daß es ihn verbarg, verhinderte ihn, genau zu sehen. Er konnte die Gesichtszüge der einzelnen, oft sogar selbst ihre Gestalten, nicht erkennen. Er sah erst die Roten kommen, dann die weißen Reiter, und als hierauf der Zuzug stockte, weil der Gambusino, Perillo und Pellejo draußen geblieben waren, glaubte er, daß nun alle im Thale versammelt seien. Darum sagte er zu dem Lieutenant Verano:
    »Bleiben Sie stehen, bis ich wiederkomme. Sollte ich aber schießen, so können Sie mit Ihren Kugeln so viele Abipones niederstrecken, wie Ihnen beliebt.«
    Er trat aus dem Gesträuch hervor, um sich nach dem Mittelpunkte der Feinde zu begeben. Zwar sah er in diesem Augenblicke erst den Gambusino mit seinen beiden Begleitern erscheinen; aber er konnte unmöglich wieder zurück. Verano aber hielt seine Zeit für gekommen. Er hob sein Gewehr, legte es an, zielte auf den Häuptling der Abipones und drückte ab. Der Schuß krachte und der Häuptling stürzte, durch den Kopf getroffen, am Wasser nieder. Eine halbminutenlange Pause des Entsetzens folgte; dann erhoben die Abipones ein Geheul, welches von den Wänden des Thales widerhallte. Der Vater Jaguar wendete sich, als der Schuß hinter ihm krachte, blitzschnell um. Er sah den Lieutenant mit noch erhobenem Gewehre stehen und stand nach einigen raschen Sprüngen neben ihm.
    »Schurke, Verräter, Mörder!« donnerte er ihn an. »Ist

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