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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das der Gehorsam, den ich von dir forderte!«
    »Ich habe keinem Menschen zu gehorchen,« antwortete der Mann trotzig.
    »Auch Gott nicht, welcher den Mord verboten hat? Und du bist nicht ein einfacher, sondern ein Massenmörder!«
    »Ich habe nur den Häuptling erschossen!«
    »Nein, denn dein Schuß ist das Signal zu sechshundert andern. Horch!«
    Von beiden Seiten des Thales krachten die Schüsse der Cambas unter den Bäumen hervor. Man sah die Abipones in Masse niederstürzen, und vom am Eingange rief eine laute, donnernde Stimme:
    »Flieht, rettet euch! Ihr seid von allen Seiten umzingelt!«
    Es war der Gambusino, welcher diese Worte mit solcher Stimme rief, daß sie über das ganze Thal hin schallten. Dann warf er sein Pferd herum und jagte hinaus. Antonio Perillo und der Kapitän Pellejo folgten ihm. Dies geschah, während der Vater Jaguar seine letzten Worte zu dem Lieutenant gesprochen hatte; darum fuhr er ergrimmt fort:
    »Schon sind wenigstens hundert tot, und dort entkommen diejenigen, die ich haben wollte und haben muß. Ich habe dir gesagt, wie ich einen solchen Mord bestrafen würde; du aber hast nicht auf meine Warnung gehört. Hier, nimm deinen Lohn!«
    Er riß den Revolver hervor, hielt ihn dem Lieutenant blitzschnell an die Schläfe und drückte ab. Der Ungehorsame brach augenblicklich tot zusammen. Dann warf der gewaltige Mann einen schnellen Blick über das Thal. Eben krachte eine neue Salve der Cambas, welche zehnfach gefährlich waren, weil sie von den Abipones nicht gesehen werden konnten und die letzteren stürzten zu zehn und zwanzig zusammen. Was sollte er thun? Den Gambusino und Antonio Perillo, auf welche es hier ankam, entkommen lassen oder hier bleiben, um dem Morden Einhalt zu thun? Da eben kam Geronimo mit den Seinen durch den Eingang gestürmt; das brachte ihn schnell zur Entscheidung. Er rannte auf eins der Abiponespferde zu, welche, von den Schüssen erschreckt, scheu im Thale herumrannten, und sprang auf. Zu gleicher Zeit mit ihm kam der alte Anciano mit geschwungenem Gewehre gesprungen, warf sich auf ein zweites und rief ihm dabei zu:
    »Señor, Antonio Perillo, der Mörder meines Inka, entkommt. Ich muß ihm nach, muß ihn haben!«
    »Ich reite mit,« antwortete er. »Halte dich zu mir!«
    Sie jagten nebeneinander nach dem Eingange zu. Dort hielt der Vater Jaguar sein Pferd für einen Augenblick an und rief seinem Geronimo zu:
    »Hast du die drei fliehenden Reiter gesehen?«
    »Ja. Wir konnten sie nicht halten, da wir keine Pferde hatten.«
    »Nach welcher Seite haben sie sich gewendet?«
    »Nach links, vom Thale aus.«
    »Thu schnell dem Blutvergießen Einhalt! Der Kampf mag ruhen, wenigstens bis ich wiederkomme!«
    Dann schoß er mit dem alten Anciano zwischen den beiden Felsen hindurch und riß sein Pferd nach links herum, wo er die Spuren der Flüchtigen im Grase sah.
    Von dem Augenblicke an, wo der Gambusino seine Warnung ausgerufen und das Thal verlassen hatte, bis zum gegenwärtigen Moment waren höchstens zwei Minuten vergangen und doch waren die Gestalten der drei Reiter schon fast am nördlichen Horizonte zu sehen. So sehr beeilten sie sich und so groß war ihre Furcht vor dem Vater Jaguar!
    »Wir holen sie nicht ein, denn wir haben fremde Pferde, welche nichts taugen,« knirschte der Anciano.
    »Wir holen sie ein, denn wir müssen sie haben. Gib deinem Gaul das Messer! Mag er immer sterben, wenn er dich nur bis zu ihnen trägt!«
    Die beiden standen, um ihre Last zu verringern, mit vorgebeugten Oberkörpern hoch in den Bügeln und trieben ihre Pferde durch Schläge und Sporen an. Der Zwischenraum verringerte sich, aber nicht rasch genug. Da zog der Vater Jaguar sein Messer und stach seinem Pferde die Spitze desselben in das Fleisch. Er, der Tierfreund, welcher sich sogar hütete, einem Wurme Schmerzen zu bereiten, quälte jetzt das Pferd, um seinen Todfeind zu erreichen, den er so lange Jahre vergeblich gesucht hatte und nun wieder aus den Augen verlieren sollte. Anciano bediente sich desselben Mittels, und die armen Tiere strengten ihre Kräfte auf das äußerste an. Sie flogen nur so über den ebenen, grasigen Plan, parallel mit dem Rande des Waldes, welcher sich von dem Thale des ausgetrockneten Sees aus nach Norden erstreckte. Der Zwischenraum verringerte sich mehr und mehr und die Fliehenden verloren zusehends den Vorsprung, den sie gehabt hatten.
    »Wenn man ihnen ihre Pferde unter den Beinen wegschießen könnte!« seufzte Anciano.
    »Leichtigkeit!« antwortete

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