Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
gezweifelt.«
»Na, daß er uns ganz verlassen werde, habe ich auch nicht gedacht; er weiß ja, wohin wir morgen wollen, und da meinte ich, daß er unterwegs wieder zu uns stoßen würde. Ah, schaut! Da haben wir ja den Frosch!«
Nämlich der Zug der Neugierigen war, mit vier Laternen versehen, in der Nähe des Flusses angekommen. Da saß der Hobble-Frank neben seiner weidenden Mary im Grase. Er erhob sich ganz erstaunt, als er die vielen Menschen erblickte, und fragte in deutscher Sprache:
»Was habt ihr denn da vor, ihr Leute? Das is ja die reene Wallfahrt, die da herangeschlängelt kommt!«
»Ah, Sie sind wieder da, Herr Frank!« antwortete der Emeritus. »Das ist mir außerordentlich lieb, denn vielleicht können Sie uns Auskunft geben. Wie lange befinden Sie sich wieder hier?«
»Seit vielleicht eener Schtunde.«
»Haben Sie beobachtet, was an dieser Stelle vorgegangen ist?«
»Natürlich! Ich habe ja meine Oogen und ooch meine Ohren, und so eenem Prairiejäger, wie ich bin, kann niemals nischt entgehen.«
»Haben Sie die beiden Frauen gesehen, welche Wasser holen wollten?«
»Ja.«
»Und auch das Tier?«
»Welches Tier?«
»Welches im Wasser gesessen hat?«
»Im Wasser gesessen? Ich habe keens bemerkt.«
»So sind Ihre Augen und Ohren doch nicht so aufmerksam gewesen, wie Sie denken.«
»Oho! Was für een Vieh soll es denn gewesen sein?«
»Ein Ochsenfrosch.«
»Sapperlot! Da soll eener hier gewesen sein?«
»Ja.«
»Wer hat denn das gesagt?«
»Die Frauen.«
»Von eenem Ochsenfrosch is mir wirklich nischt ins Bewußtsein gekommen.«
»Waren Sie denn wirklich in der Nähe, als die Damen hier waren?«
»Was das betrifft, so war ich ihnen allerdings sehr nahe.«
Da schob sich Frau Rosalie zu ihm hin und sagte:
»Sie habe ich allerdings nich gesehen, Herr Hobble-Frank, desto deutlicher aber den Ochsenfrosch. Wenn Sie so sehr in unsrer Nähe gewesen sein wollen, so müssen Sie ihn unbedingt ooch gesehen haben!«
»Leider nich!«
»Er war ja groß genug!«
»Wie denn ungefähr?«
»Grad wie een ausgewachsener Mensch.«
»Oho! So groß wird im ganzen Leben keen Frosch, Frau Eberschbach, selbst wenn es een Ochsenfrosch wäre. Ich habe genug solche Kerls gesehen; sie werden etwas größer als eene tüchtige Männerhand, größer nich. Ihren Namen haben sie nich etwa daher, daß sie die Größe eines Ochsen besitzen, sondern von ihrer obligaten Schtimme. Sie schreien nämlich ganz ähnlich, wie ein Ochse brüllt.«
»Das schtimmt, das schtimmt! Wir haben das Biest schreien hören.«
»Wann denn?«
»Na, als wir hier waren!«
»Das hätt’ ich doch ooch hören müssen!«
»Das denke ich ooch. Wo haben Se denn nur Ihre Ohren und Ihre Oogen gehabt, daß Sie das Vieh nich gehört und nich gesehen haben?«
»Das weeß ich wirklich nich. Zeigen Sie mir doch ergebenst ‘mal die genaue topographische Schtelle, an welcher der Frosch gebrüllt hat!«
»Er brüllte erscht dann, als er offschprang.«
»Hörn Se ‘mal, Frau Eberschbach, das will mir unglooblich erscheinen. Een Frosch brüllt nich im Schpringen, sondern nur wenn er sitzt.«
»Nee, dieser schrie in dem Oogenblicke, an welchem er aus dem Wasser in die Höhe fuhr. Kommen Sie! Ich will Ihnen die Schtelle zeigen.«
Frau Ebersbach führte den ungläubigen Frank vollends an das Ufer hinab, deutete auf einen Punkt desselben, in dessen Nähe der leere Eimer lag, dann in das Wasser hinein und erklärte dabei:
»Hier schtanden wir, um Wasser für den Kaffee zu schöpfen; da sehen Sie zum Beweise ooch den Eemer liegen, den wir vor Platzangst weggeworfen haben. Und da im Wasser saß der Ochsenfrosch.«
Da machte der Hobble-Frank ein sehr langes Gesicht, welches aber mehr und mehr einen lustigen Ausdruck annahm, und fragte:
»Sie haben also genau gesehen, daß es een Ochsenfrosch gewesen is?«
»Na, offen und ehrlich geschtanden, haben wir erscht nich so recht gewußt, in welche Klasse von Insekten das Biest gehören mag; aber unser Herr Kantor hat die Zowolie schtudiert, und mit seiner gütigen Hilfe is es herausgedüftelt worden, daß es ooch een Ochsenfrosch gewesen is.«
»Ausgezeechnet, ausgezeechnet! Das macht mir gewaltigen Schpaß, meine Damen und meine Herren! Und warum kommen Sie denn jetzt mit Laternen und Lampinjongs nach dem Flusse gezogen?«
»Um den Ochsenfrosch zu suchen und zu fangen,« antwortete Frau Rosalie.
»Meenen Sie, daß das so leicht sein wird?«
»Na, vor eenem Frosche werden wir uns doch nich
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