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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verborgenen, seltenen Stellen, auf welche die Sonne nicht von früh bis zum Abend zu brennen vermochte, wo es also wenigstens für einige Zeit Schatten gab, ließ sich ein einsamer, phantastisch gestalteter Kaktus sehen, dessen farb- und charakterloses Grau dem Beschauer jedoch auch keine Freude brachte.
    Zur Zeit der größten Tageshitze wurde an einer steilen Bergwand gerastet. Es gab da einigen Schatten; aber die gegenüberliegende Wand warf die Wärme so intensiv auf die Ruhenden, daß dieselben keine Erquickung fanden und sie lieber wieder aufstiegen, weil der Ritt, wenn er ein schneller war, doch eine etwas kühlende Luftbewegung brachte.
    Endlich – die Sonne neigte sich schon sehr dem Horizonte zu – schien die Hitze abzunehmen, und zwar schneller, weit schneller, als es eigentlich hätte sein sollen. Sam Hawkens prüfte den Himmel und machte ein leicht bedenkliches Gesicht.
    »Warum schaust du so nach oben?« fragte ihn der Hobble-Frank. »Es scheint mir, als ob der Horizont dir nich gefällt?«
    »Kannst recht haben,« antwortete der Gefragte.
    »Warum?«
    »Weil sich die Luft so schnell und plötzlich abkühlt.«
    »Ach, wohl gar Gewitter?«
    »Möchte es fast befürchten, wie mir scheint.«
    »Das wäre doch gut! Een Gewitter nach dieser Trockenheet und Hitze müßte uns doch willkommen sein!«
    »Danke! Die Gewitter pflegen in dieser Gegend ganz anders aufzutreten, als du zu denken scheinst. Es gibt Jahre, in denen hier nicht ein Tropfen Regen fällt; ja es hat Zeiten gegeben, wo es zwei und gar drei Jahre lang nicht geregnet hat. Wenn es dann aber einmal ein Wetter gibt, dann ist es auch ein fürchterliches. Wollen machen, daß wir das Pueblo erreichen.«
    »Wie weit ist’s noch dahin?«
    »In einer halben Stunde sind wir dort.«
    »Da hat’s ja keene Gefahr. Es schteht noch nich een Wölkchen am Firmamente des Himmels; es können also noch Schtunden vergehen, ehe es da oben schwarz und finster wird.«
    »Irre dich nicht. Es bedarf hier nur einiger Minuten, um den Himmel zu verdunkeln, und ich möchte fast behaupten, daß ich die Elektrizität, welche sich in der Luft angesammelt hat, rieche. Schau nur meine Mary an, wie eilig sie es hat, wie sie die Nüstern aufbläst und mit den Ohren und mit dem Schwanze wedelt! Die weiß ganz genau, daß etwas im Anzuge ist, das gescheite Vieh.«
    Es war wirklich so. Das alte Maultier hastete förmlich vorwärts und zeigte eine Unruhe, welche auffallen mußte. Und doch war für den Unerfahrenen ganz und gar nichts Bedrohliches zu bemerken. Als Frank seinem Vetter Droll die Befürchtung Sams mitteilte, antwortete dieser:
    »Habe mir ooch schon so ‘was gedacht. Sieh nur, wie gelb es draußen rund off dem Gesichtskreis liegt! Das wird höher und höher schteige, und wenn es den Scheitelpunkt erreicht hat, bricht das Wetter los. Gut, daß wir bald unter Dach und Fach komme!«
    »Im Pueblo?«
    »Ja.«
    »Da gibt’s doch wohl nur Zelte, durch die der Regen dringen wird.«
    »Was du denkst. Hast du denn noch keen Pueblo gesehn?«
    »Nee.«
    »Da wirst du dich wundern, wenn wir hinkommen. So een Pueblo is ganz sonderbar anzuschauen.«
    Er hatte ganz recht, wenn er sagte, daß ein Pueblo einen ganz eigenartigen Anblick biete. Was das Wort an und für sich betrifft, so ist es ein spanisches und bedeutet »bewohnter Ort«, also sowohl ein einzelnes Haus als auch ein Dorf, eine Ortschaft. Diejenigen Indianer, welche Pueblos bewohnen, werden Puebloindianer oder kurzweg Pueblos genannt. Zu ihnen gehören die Tanos, Taos, Tehua, Jemes, Queres, Acoma, Zuñi und Moqui, im weiteren Sinne auch noch die Pimas, Maricopas und Papagos am Gilaflusse und südlich von demselben.
    Ein Pueblo ist entweder aus Stein oder aus Adobes (Luftziegeln) oder aus beiden gebaut. Gewöhnlich liegt das Gebäude an einem Felsen, welcher als Rückwand dient, und etwaige Felstrümmer sind mit in den Mauerbau gezogen. Das Gebäude steigt stets stufenartig an, so daß jedes vorhergehende, tiefere Stockwerk vor dem nachfolgenden, höheren vortritt, und alle sind mit einem flachen Dache versehen. Das Erdgeschoß also trägt auf seinem platten Dache das erste Gestock, welches um einige Meter zurückgebaut ist. Dadurch bleibt vor dem ersten Stocke ein freier Raum, der vordere Teil des Parterredaches, in welchem sich ein Loch befindet, das den Eingang zum Parterre bildet. Der zweite Stock liegt auf dem ersten, aber auch zurück und hat vor sich das vordere platte Dach des ersten Geschosses. In der

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