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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatten, schlossen sich den Emigranten und deren Führern an. Man setzte sich zusammen; es wurde viel erzählt, so daß man bald bekannter miteinander wurde. Darüber verging der Nachmittag; der Abend brach herein, und man brannte im Hofe ein Feuer an, um an demselben das Fleisch, welches der Ranchero lieferte, zu braten. Nach dem Essen sollte Kaffee gekocht werden. Die dazu gehörigen Gefäße hatten die Einwanderer mit; man brauchte sie also nicht von Forner zu borgen. Frau Rosalie und eine der andern Frauen nahmen einen Kessel und gingen damit nach dem Flusse, um Wasser zu holen. Nach einigen Minuten kamen sie in großer Aufregung und ohne den Kessel zurück. Ihre Gesichter drückten das größte Entsetzen aus.
    »Was ist denn mit Ihnen?« fragte der Kantor. »Wo haben Sie den Kessel? Wie sehen Sie denn aus?«
    Die andre Frau konnte vor Schreck nicht reden; Frau Rosalie antwortete, aber unter allen Anzeichen des Schreckes:
    »Wie ich aussehe? Wohl schlecht, he?«
    »Ganz leichenblaß. Ist Ihnen vielleicht etwas passiert?«
    »Passiert? Und ob! Herjesses, was wir gesehen haben!«
    »Was denn?«
    »Was? Ja, das weeß ich nich, da fragen Sie mich zu viel.«
    Da meinte ihr Mann:
    »Sei doch nich so dumm! Du mußt doch wissen, waste gesehen hast!«
    Da stemmte sie die Fäuste in die Hüften und fuhr ihn zornig an:
    »Weeßt du es vielleicht?«
    »Ich? Nee,« antwortete er verblüfft.
    »Na also! Da schweigste ooch schtille, verschtehste mich! Ich weeß schon, wo ich meine Oogen hab; aber so een grausiges Geschöpf, wie wir gesehen haben, is mir in meinem ganzen Leben noch nich vorgekommen.«
    »Es war een Geist, een Flußgeschpenst,« erklärte die andre Frau, indem sie sich schüttelte. Sie hatte die Sprache wieder erlangt.
    »Unsinn!« antwortete Frau Rosalie. »Geister gibt es nich, und an Geschpenster gloobe ich erscht recht nich.«
    »So war es een Wassernix!«
    »Ooch nich. Sei doch nich so abergläubisch! Nixe gibt es nur in den Kindermärchen.«
    »Was denkste denn, was es da gewesen sein mag?«
    »Ja, da fragste mich zu viel. Een Geist also warsch nich, denn es gibt keenen; een Mensch is es ooch nich gewesen, also warsch een Vieh, aber was für eens!«
    Da ergriff der Kantor das Wort wieder:
    »Wenn es ein Tier gewesen ist, so werden wir die Gattung, die Art und den Namen bald herausbekommen; ich bin ja Zoologe, nämlich vom Unterrichte in der Schule her. Beantworten Sie mir meine Fragen. War es ein Wirbeltier?«
    »Von eenem Wirbel hab’ ich nischt bemerkt. Dazu ist es zu dunkel gewesen.«
    »Welche Größe hatte es denn?«
    »Als es im Wasser saß, konnte ich das nich gut sehen; aber als es offschprang, war es meiner Seele so groß wie een Mensch.«
    »Also war es unbedingt ein Wirbeltier, wahrscheinlich ein Säugetier?«
    »Das kann ich nich sagen.«
    »Gehen wir die einzelnen Klassen durch. Ist es ein Affe gewesen?«
    »Nee, denn es hatte keenen Schwanz.«
    »Es gibt auch ungeschwänzte Affen. Vielleicht ein Raubtier?«
    »Ooch nich, obgleich es gefährlich genug ausgesehen hat.«
    »Woher wissen Sie denn, daß es kein Raubtier gewesen ist?«
    »Weil es keene Haare hatte.«
    »So so, hm, hm! Vielleicht ein Fisch?«
    »Nee, gar nich, denn een Fisch hat doch keene Arme und Beene.«
    »Die hatte es aber?«
    »Ja.«
    »Sonderbar, höchst sonderbar! Arme und Beine haben nur die Menschen und die Affen; ein Affe aber war es nicht, wie Sie behaupten; also scheint anzunehmen zu sein, daß es ein Mensch gewesen ist, zumal er keine Haare, also kein Fell gehabt hat.«
    »Gott bewahre, een Mensch war es nich; een Mensch hat eene ganz andre Schtimme.«
    »Hatte er denn eine?«
    »Na, und was für eene.«
    »Können Sie es mir nicht einmal vormachen?«
    »Ich will’s versuchen,« meinte sie, setzte sich in Positur, holte tief Atem und brüllte dann: »Uhuahuahuahuaauauauahhh!«
    Bei diesem entsetzlichen Gebrüll sprangen alle Anwesende auf.
    »Herrgott, was muß das für eine Bestie gewesen sein – ein Löwe – Tiger – – Panther!« so rief es durcheinander.
    »Still, ihr Leute!« gebot der Kantor. »Regen Sie sich nicht auf! Sie haben ja gehört, daß es kein Raubtier gewesen ist. Wir haben also nichts zu befürchten, und ich werde an der Hand der Wissenschaft die Sache bald aufklären. Das Tier hatte kein Fell, war also kein Säugetier. Ein Fisch kann es auch nicht gewesen sein, weil es eine Stimme hatte. Da wir von den wirbellosen Tieren ganz absehen müssen, so bleiben uns nur noch die Amphibien, besonders die

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