Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
hatte, ein so glänzendes Geschäft, wie es ihm in keinem Traum vorgekommen war! Oelprinz sollte er werden, Besitzer einer unerschöpflichen Petroleumquelle! Sein Name sollte neben den Namen der größten Millionäre genannt werden; ja, er würde wohl in kurzer Zeit zu den berühmten sogenannten »Vierhundert« von New York gehören! Das ließ ihm keine Ruhe. Er hatte, als der Tag graute, wohl kaum einen Versuch gemacht, die Augen zu schließen, und weckte Grinley und Baumgarten, um sie zum Aufbruche zu mahnen.
Sie waren gern bereit dazu, und als die Sonne am Horizonte erschien, hatten sie mit ihren ausgeruhten Pferden schon einige Meilen zurückgelegt.
Die Gegend, durch welche sie kamen, war bergig; die Höhen trugen dichte Wälder, und die Thäler hatten sich mit saftigem Grase geschmückt. In dem letzteren fanden sie von Zeit zu Zeit die Fährte ihrer vorangerittenen Gefährten. Es wurde Mittag, wo den Pferden eine Ruhestunde gegönnt werden mußte.
»Wir werden bald einen dazu passenden Ort finden,« sagte der Oelprinz, »einen tiefen Thalkessel, dessen Sohle die Sonne auf der südlichen Seite nicht treffen kann. Dort ist es kühl. In einer Viertelstunde sind wir dort.«
Sie befanden sich jetzt auf einer ziemlich steil ansteigenden Lehne; als sie dieselbe hinter sich hatten, senkte sich das mit Nadelbäumen bestandene Terrain so schnell abwärts, daß sie absteigen und ihre Pferde führen mußten, um sie zu schonen.
»Nun noch zweihundert Schritte,« sagte Grinley, »dann seht ihr das Thal gerade vor euch liegen. Es ist nicht groß, und mitten in demselben liegt ein riesiger Felsblock, neben welchem eine mehrhundertjährige Blutbuche steht.«
Als sie diese Entfernung zurückgelegt hatten, blieben seine Begleiter halten, ganz überrascht von dem Anblicke, welcher sich ihnen bot. Gerade vor ihren Füßen senkte sich das Gestein beinahe lotrecht abwärts; sie standen am Rande des Thalkessels, welcher von hohen Felswänden eingeschlossen wurde, aber zwei schmale Ausgänge hatte. Sie befanden sich auf einer, einem Altane gleichenden niedrigen Stelle der Westwand. Der eine Eingang lag an der Süd- und der andre an der Nordseite. Der Felsenteil, welcher den Altan trug, trat ziemlich weit in das Thal hinein, so daß der Steinblock, von welchem der Oelprinz vorhin gesprochen hatte, gar nicht weit von ihnen lag. Die Blutbuche neben ihm war ein Baum von solch schönem Baue, daß sein Anblick einen Maler in Entzücken versetzt hätte.
»Welch herrlicher Baum!« rief Baumgarten aus. »So einen – – –«
»Pst!« warnte ihn da Grinley, indem er ihn am Arme faßte. »Still! Wir sind nicht allein hier. Seht Ihr die beiden Indianer dort an der Nordseite des Felsblockes? Jenseits desselben scheinen ihre Pferde zu grasen.«
Es war so. Zwei Indianer saßen am Felsen, da, wo er Schatten warf. Dort waren sie vor den heißen Strahlen der Sonne geschützt. Sie waren mit den Kriegsfarben bemalt, so daß man ihre Züge nicht zu erkennen vermochte. Der eine von ihnen trug zwei weiße Adlerfedern im Schopfe. Und nun erst fiel den drei Beobachtern ein dunkler Strich im Grase auf, welcher beim südlichen Eingange begann und wie eine gerade gezogene Schnur nach dem Felsblock führte.
»Dieser Strich ist die Fährte, welche die beiden Roten gemacht haben,« erklärte Grinley seinen Begleitern. »Sie sind von Süden her hereingekommen und werden, wenn sie sich ausgeruht haben, nach Norden hinausreiten.«
»Da können wir aber doch nicht weiter, nicht hinab!« bemerkte der Bankier besorgt. »Seit unsrer Gefangenschaft im Pueblo traue ich keinem Indsman mehr. Wer mögen die beiden sein?«
»Ich kenne sie und weiß sogar den Namen des einen. Es ist Mokaschi, der Häuptling der Nijoras.«
»Was bedeutet dieser Name?« erkundigte sich der Buchhalter.
»Mokaschi heißt Büffel. Der Häuptling war, als die Bisons noch in großen Herden durch die Savannen und über die Pässe zogen, ein berühmter Büffeljäger. Daher sein Name.«
»Wenn Ihr ihn kennt, so kennt er vielleicht auch Euch?«
»Ja, denn ich bin früher einige Male bei seinem Stamme gewesen.«
»Wie ist er Euch gesinnt?«
»Freundlich, wenigstens früher, und diese Gesinnung wird sich in Friedenszeiten auch nicht ändern. Jetzt aber ist das Beil des Krieges ausgegraben, und da darf man nicht trauen.«
»Hm, was ist da zu thun?«
»Weiß wirklich nicht. Reiten wir vollends hinab, so empfängt er uns vielleicht freundlich, vielleicht auch nicht. Auf alle Fälle aber
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