Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Grinley.
»Also seid Ihr doch auch besorgt von wegen der Indianer?«
»Besorgt? Nein! Ich kenne diese Gegend und die Roten, die es in derselben gibt, viel besser als der Kurier, der wohl zum erstenmal hierhergekommen ist. Von Sorge oder gar Angst kann keine Rede sein, doch braucht die Vorsicht immerhin nicht vernachlässigt zu werden. Wenn der Mann Spuren gesehen hat, so ist es nicht notwendig, daß sie gerade von Kundschaftern herrühren. Dennoch wollen wir lieber kein Feuer machen. Ihr sollt mir später nicht den Vorwurf machen, etwas unterlassen zu haben, was zu unsrer Sicherheit erforderlich war.«
»Hm!« brummte der Bankier nachdenklich. »Ihr seid also überzeugt, daß es die Gefahr nicht gibt, von welcher der Kurier sprach?«
»Für uns nicht; darauf könnt Ihr Euch verlassen. Um Euch vollständig zu überzeugen und ganz zu beruhigen, will ich, obgleich es ganz und gar nicht nötig ist, ein Uebriges thun und morgen Poller und Buttler voranschicken.«
Die beiden Genannten hatten dies erwartet; sie sagten nichts dazu.
»Warum? Was sollen sie?« fragte der Bankier.
»Unsre Eclaireurs machen, also voranreiten, um dafür zu sorgen, daß Ihr nicht in Gefahr kommt. Ihr seht also, daß ich allen Möglichkeiten Rechnung trage, und werdet Euch hoffentlich wieder beruhigt fühlen.«
»Schön! Wir brechen also morgen früh nicht alle auf?«
»Nein. Ich bleibe mit Euch und Mr. Baumgarten hier. Nur Buttler und Poller reiten fort. Sie werden scharf aufpassen und, falls sie eine Gefahr für uns entdecken, sofort zurückkehren, um uns zu warnen.«
»Das beruhigt mich, Mr. Grinley. Dieser Kurier hatte mir doch einigermaßen Angst gemacht.«
Er ahnte nicht, daß die Veranstaltung, welche ihn beruhigte, ganz den gegenteiligen Zweck hatte, den Betrug vorzubereiten, welchem er zum Opfer fallen sollte.
Da die beiden Genannten frühzeitig aufbrechen sollten, so wurde das Gespräch nicht fortgesetzt, sondern man legte sich schlafen; je einer mußte wachen; die Reihenfolge ergab, daß Baumgarten die erste und der Bankier die zweite Wache hatte. Als der letztere dann den Oelprinzen, welcher folgte, geweckt und sich niedergelegt hatte, blieb dieser wohl eine halbe Stunde lang unbeweglich sitzen; dann beugte er sich zu dem Bankier und Buchhalter nieder, um zu erfahren, ob sie schliefen. Als er bemerkte, daß ihr Schlaf ein fester war, weckte er Poller und Buttler leise; die drei standen auf und entfernten sich eine Strecke, so weit, daß sie nicht gesehen und gehört werden konnten; sie hatten heimlich miteinander zu reden.
»Dachte es, daß du uns wecken würdest,« sagte Buttler. »Hol der Teufel den Kurier, der uns leicht das ganze Spiel verderben konnte! Hättest dich übrigens anders verhalten sollen!«
»Willst auch du mir Vorwürfe machen?« brummte sein Bruder.
»Wunderst du dich darüber? Der Kerl hatte Haare auf den Zähnen und hat dich, wie man so sagt, auf der ganzen Linie geschlagen.«
»Oho!«
»Pshaw! Gib es nur zu; es ist doch wahr! Je erregter du wurdest, desto ruhiger blieb er; schon da war er dir überlegen; diesen Eindruck haben Rollins und Baumgarten unbedingt auch gehabt. Und dann gar die Messergeschichte! Es war eine riesige Blamage, als wir uns nicht rühren durften!«
»Du doch auch nicht!«
»Allerdings nicht. Es reizte mich freilich wohl, dem Kerl die Zähne zu zeigen; aber es war ihm völliger Ernst. Er hätte wahrhaftiglich geschossen. Fünf gegen einen. Was müssen Rollins und Baumgarten von uns denken!«
»Laß sie denken, was sie wollen! Sie haben das erschütterte Vertrauen wiedergefunden. Reden wir von besserem! Ich habe euch die Lage des Petroleumsees genau beschrieben. Getraut ihr euch, ihn zu finden?«
»Unbedingt.«
»Wenn ihr zeitig aufbrecht und durch nichts aufgehalten werdet, seid ihr schon des Nachmittags dort. Die Höhle werdet ihr ebenso leicht finden wie das Gloomy-water? «
»Versteht sich.«
»In ihr findet ihr alles, was nötig ist: die vierzig Fässer Oel, die Werkzeuge und alles andre. Nun merkt wohl auf! Ihr müßt mit der Arbeit sofort, wenn ihr angekommen seid, beginnen, weil es dann längerer Zeit bedarf, die Spuren dieser Arbeit zu verwischen. Ihr rollt die Fässer einzeln bis hart an das Wasser und schafft sie, wenn das Petroleum in den See gelaufen ist, wieder in die Höhle. Den Eingang zu dieser verschließt ihr gerade in derselben Weise, wie ihr ihn findet; er darf selbst für das schärfste Auge nicht zu entdecken sein. Dann löscht ihr alle Spuren aus,
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