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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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was der heutige Tag zu bringen hatte.
    Die Komantschen waren überzeugt, daß Old Shatterhand und Winnetou nach dem Alder-Spring reiten würden, und hatten sich vorangemacht, sie dort zu erwarten und gefangen zu nehmen. Um dies zu erreichen, mußten die Roten bei Männern, wie die beiden Genannten waren, außerordentlich vorsichtig sein. Diese letzteren durften nicht ahnen, daß die Komantschen sich an der Erlenquelle befanden, und auch bei ihrer Ankunft durfte kein Umstand verraten, daß der »schwarze Mustang« mit seiner Schar anwesend sei. Darum verstand es sich von selbst, daß die Indsmen sich nicht direkt nach der Quelle begaben, sondern sich in der Nähe derselben verbergen würden; aber wo, das war die wichtige Frage.
    Für Winnetou und Old Shatterhand war es nicht schwer, sich in die Gedanken und Berechnungen ihrer Gegner zu versetzen. Weil der Alder-Spring auf der rechten Seite des Thales lag, verstand es sich ganz von selbst, daß sich die Indianer nach der linken halten und eine Strecke hinaus in die Prairie reiten würden, um dann umzukehren und von der entgegengesetzten Seite zu kommen. Auf diese Weise wurde es vermieden, durch verräterische Spuren Verdacht zu erregen. Von der Prairie her in der Nähe der Quelle angekommen, würden sich die Komantschen verstecken, um diejenigen, auf die sie es abgesehen hatten, zu erwarten, zu beschleichen, zu umzingeln und dann zu überfallen. Wer den Indsmen zuvorkommen und sie selbst beobachten wollte, mußte also noch weiter als sie in die Prairie hinausreiten und einen noch bedeutenderen Bogen schlagen. Das war es, was Old Shatterhand und Winnetou sich sagten, und aus diesem Grunde geschah es, daß sie nach ihrem Aufbruche vom Rocky-ground nicht dem Ua-pesch entlang ritten, sondern, sobald es Tag geworden war, weit nach links abschwenkten und hinaus in die Savanne den Weg nahmen.
    Es war nach dem gestrigen Gewitter heut ein wunderschöner Morgen angebrochen. Die Sonnenstrahlen verwandelten jeden Tropfen, der an den Halmen oder Blättern hing, in einen Brillanten; die Luft war kräftig, frisch und rein, und die Natur lag rundum in jungfräulicher Schönheit schweigend ausgebreitet. Ein Ritt durch solch eine Gegend und solch einen Morgen mußte ein Hochgenuß für jeden Menschen sein – – – nur nicht für einen Westmann, welcher die Absicht hatte, feindliche Indianer zu beschleichen. Das zeitweilige Schnauben und Stampfen der Pferde wurde von der heutigen Luft weit fortgetragen, und das feuchte, schwere Gras hatte eine Fährte zur Folge, welche vielleicht noch am Abend deutlich zu lesen war. Das sind Umstände, die einem Savannenmanne sehr gefährlich werden können, und ihm ist, wie jedem andern Menschen ja wohl auch, sein Leben lieber, als alle Schönheiten der Natur. Darum war es leicht begreiflich, daß Kas das Schweigen, welches bisher geherrscht hatte, mit der Bemerkung unterbrach:
    »Wundervoller Morgen heut, grad so wundervoll wie damals bei Timpes Erben! Wollte aber doch, es läge ein tüchtiger Nebel, anstatt dieses Sonnenglanzes auf der Prairie!«
    Die sechs Männer ritten paarweise nebeneinander, voran Old Shatterhand mit Winnetou, dann der Hob ble-Frank mit der Tante Droll und am Ende Kas mit seinem Vetter Has. Der kleine Hobble hatte dem guten Kas die Bemerkung über die Insel Ischia noch nicht vergessen; sie wurmte ihn noch jetzt in diesem Augenblicke, und darum ergriff er die Gelegenheit, ihm einen kleinen Hieb zu versetzen.
    »Sie scheinen een großer Freund von allerhand Nebels zu sein. Ob es wohl off der Insel Ischia ooch welche gibt?«
    Kas antwortete ruhig:
    »Da müssen Sie nicht mich sondern Droll fragen, der weiß es ganz gewiß, denn er hat die Insel ja in den Beinen gehabt.«
    »Aber die Nebel nich, verschtanden? Sie schtammen aus Hof an der bayerischen Grenze; da sind die Nebel derheeme, bei uns in Moritzburg aber is das Wetter schtets so helle wie een geputzter Lampencylinder.«
    »Moritzburg? Das berühmte Jagdschloß bei Dresden? Ist dort Ihre Heimat?«
    »Heimat? Sonderbare Frage! Een Mann meiner satinierten Bildung und naturgeschichtlichen Bedeutung hat seine Heimat in der ganzen Welt, doch will ich keineswegs in Abrede schtellen, was Moritzburg mir dadurch zu verdanken hat, daß ich dort das erschte Licht der Welt erblickt habe. Es gibt eben Orte, an denen nur große Menschen geboren werden, und man erkennt sie merschtenteels daran, daß sie durch hübsche Jagdschlösser ausgezeichnet sind.«
    »Hmm!« brummte Kas

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