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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Anwesenden einen schrillen, durchdringenden Schrei.
    »Das war Droll!« rief der Hobble-Frank aus. »Was hat Winnetou mit ihm vor? Wahrscheinlich will er ihm die Insel aus den Beenen schaffen; aber das sollte er doch in eener weniger schmerzhaft-graziösen Weise thun! Ich muß hin zu meiner Tante Droll, denn so een Schrei, der schneidet mir grad wie een Sägwerk durch die Seele.«
    Er sprang auf und wollte fort; Old Shatterhand aber hielt ihn fest und sagte:
    »Bleib hier, lieber Frank! Winnetou weiß ganz wohl, was er thut, und grad für derartige Leiden gibt es bei den Indianern Mittel, von denen selbst unsre besten Aerzte keine Ahnung haben!«
    Gleich darauf trat, wie um diese Worte zu bestätigen, Winnetou wieder ein und sagte:
    »Unser Bruder Droll mußte einen sehr starken aber auch sehr kurzen Schmerz erleiden, um schnell geheilt zu werden. Jetzt ruht er von ihm aus, aber schon nach einer Stunde wird er so gesund sein, wie er gewesen ist, ehe er die berühmte Insel unsers Hobble-Frank in die Beine bekam.«
    Diese Worte enthielten eine kleine, unschuldige Ironie gegen Frank, welcher dies sehr wohl herausfühlte und, obgleich den ernsten Zügen des Apatschen gar nichts anzumerken war, doch schnell antwortete:
    »Wenn Winnetou etwa die Intervention besitzt, mich foppen zu wollen, so mag er doch die gehorsamste Güte haben, nach dem Wendekreise des Krebses zu gehen; er wird finden, daß die Insel zwischen dort und Hohenzollern-Sigmaringen liegt. Was ich eenmal gesagt habe, das habe ich gesagt, und ich hoffe, daß meine Prioritäten off jedem Entoutcas zu finden sind. Zweifeln kann jeder, der es nich verschteht; aber wenn schon, denn schon; ich pflege mich nich gern zu schtreiten und hülle mich, wenn ich von adjustierten Seelen angegriffen werde, in die Schtrahlenaureole meines populär-wissenschaftlichen Schweigens. › Vere Angelica-Tinctur, quoniam ud angelus loquitur ‹; dieses Wort paßt off keenen Menschen so gut als wie off mich! Howgh!«
    Da er vergeblich auf eine Entgegnung wartete, sah er sich in der Lage, sich schweigend in seine Angelikatinktur zu versenken. Nach Verlauf der angegebenen Stunde stellte es sich heraus, daß Winnetou recht gehabt hatte. Droll kam und erklärte in seiner Altenburger Mundart:
    »Is das nich großartig, meine Herre? Ich fühle mich, als ob ich neugebore wäre. Was Winnetou gemacht hat, das weeß ich nich; aber ob er die Nerve nur ausgedehnt oder ganz zerrisse hat, das is egal; ich bin gesund wie een Fisch im Wasser. Nu kann ich wieder reite, und der ›schwarze Mustang‹ soll erfahren, daß die Tante Droll noch derb an ihrem Platze is!«

Drittes Kapitel
    Der Ueberfall
    Der Ua-pesch, an dessen Fuße die Station Rocky-ground lag, war bis zu seiner Höhe mit dichtem Walde bestanden. Die Wasser dieses Berges sammelten sich unten zu einem ziemlich breiten Bache, welcher südöstlich floß und später nach Norden bog. An dieser Biegung vereinigte sich mit ihm ein kleinerer Bach, der am Fuße eines andern Berges entsprang, welcher schon damals Corner-top hieß und auch heut noch diesen Namen führt.
    Die erwähnte Bezeichnung hatte ihren guten Grund. Sowohl der Ua-pesch wie auch der Corner-top bildeten Ecken; sie waren die Endberge zweier langgestreckter Höhenzüge, die zwischen sich ein breites und sehr langes Thal einschlossen, dessen Krümmungen so zahlreich waren, daß die Eisenbahningenieure es vorgezogen hatten, nicht ihm zu folgen, sondern zwischen Firwood-Camp und Rocky-ground einen kürzeren Weg durch die Felsen zu sprengen. Denn Firwood-Camp lag unweit des Anfanges dieses Thales, von demselben nur durch eine Querberglagerung getrennt.
    Von da oben herunter, also dieses vielgewundene Thal entlang, mußten die Komantschen kommen, denn es gab für sie keinen andern Weg nach dem Alder-Spring. Diese Quelle lag, von hohen Erlen umgeben, am Fuße des Corner-top und bildete später den vorhin erwähnten kleinen Bach, der sich mit dem größeren an der Biegung desselben vereinigte. Hatte das Thal die beiden Endberge hinter sich, so bildete es eine weite, ebene Prairie, durch welche die vereinigten beiden Wasserläufe flossen. Aus dem saftigen Grase derselben erhoben sich Büsche, welche wie Coulissen vor- und hintereinander geschoben erschienen und das Anschleichen oder Verbergen selbst größerer Trupps ungemein begünstigten.
    Vergegenwärtigte man sich, was im Firwood-Camp geschehen war, und was für Absichten, die Beteiligten hegten, so war es nicht schwer, vorauszusehen,

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