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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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sie eigentlich nicht. Worauf K. erklärte, das Lob habe natürlich ihr, Olga, gegolten, aber Amalia sei so herrisch, daß sie sich nicht nur alles aneigne, was in ihrer Gegenwart gesprochen werde, sondern daß man ihr auch freiwillig alles zuteile. »Das ist wahr«, sagte Olga, ernster werdend, »wahrer, als du glaubst. Amalia ist jünger als ich, jünger auch als Barnabas, aber sie ist es, die in der Familie entscheidet, im Guten und im Bösen; freilich, sie trägt es auch mehr als alle, das Gute wie das Böse.« K. hielt das für übertrieben, eben hatte doch Amalia gesagt, daß sie sich zum Beispiel um des Bruders Angelegenheiten nicht kümmere, Olga dagegen alles darüber wisse. »Wie soll ich es erklären?« sagte Olga. »Amalia kümmert sich weder um Barnabas noch um mich, sie kümmert sich eigentlich um niemanden außer um die Eltern, sie pflegt sie bei Tag und Nacht, jetzt hat sie wieder nach ihren Wünschen gefragt und ist in die Küche für sie kochen gegangen, hat sich ihretwegen überwunden aufzustehen, denn sie ist schon seit Mittag krank und lag hier auf der Bank. Aber obwohl sie sich nicht um uns kümmert, sind wir von ihr abhängig, so, wie wenn sie die Älteste wäre, und wenn sie uns in unseren Dingen riete, würden wir ihr gewiß folgen, aber sie tut es nicht, wir sind ihr fremd. Du hast doch viel Menschenerfahrung, du kommst aus der Fremde; scheint sie dir nicht auch besonders klug?« - »Besonders unglücklich scheint sie mir«, sagte K., »aber wie stimmt es mit eurem Respekt vor ihr überein, daß zum Beispiel Barnabas diese Botendienste tut, die Amalia mißbilligt, vielleicht sogar mißachtet?« »Wenn er wüßte, was er sonst tun sollte, er würde den Botendienst, der ihn gar nicht befriedigt, sofort verlassen.« - »Ist er denn nicht ausgelernter Schuster?« fragte K. »Gewiß«, sagte Olga, »er arbeitet ja auch nebenbei für Brunswick und hätte, wenn er wollte, Tag und Nacht Arbeit und reichlichen Verdienst.« - »Nun also«, sagte K., »dann hätte er doch einen Ersatz für den Botendienst.« »Für den Botendienst?« fragte Olga erstaunt. »Hat er ihn denn des Verdienstes halber übernommen?« - »Mag sein«, sagte K., »aber du erwähntest doch, daß er ihn nicht befriedigt.« - »Er befriedigt ihn nicht, und aus verschiedenen Gründen«, sagte Olga, »aber es ist doch Schloßdienst, immerhin eine Art Schloßdienst, so sollte man wenigstens glauben.« - »Wie«, sagte K., »sogar darin seid ihr im Zweifel?« - »Nun«, sagte Olga, »eigentlich nicht; Barnabas geht in die Kanzleien, verkehrt mit den Dienern wie ihresgleichen, sieht von der Ferne auch einzelne Beamte, bekommt verhältnismäßig wichtige Briefe, ja sogar mündlich auszurichtende Botschaften anvertraut, das ist doch recht viel, und wir können stolz darauf sein, wieviel er in so jungen Jahren schon erreicht hat.« K. nickte, an die Heimkehr dachte er jetzt nicht. »Er hat auch eine eigene Livree?« fragte er. »Du meinst die Jacke?« sagte Olga. »Nein, die hat ihm Amalia gemacht, noch ehe er Bote war. Aber du näherst dich dem wunden Punkt. Er hätte schon längst nicht eine Livree, die es im Schloß nicht gibt, aber einen Anzug vom Amt bekommen sollen, es ist ihm auch zugesichert worden, aber in dieser Hinsicht ist man im Schloß sehr langsam, und das Schlimme ist, daß man niemals weiß, was diese Langsamkeit bedeutet; sie kann bedeuten, daß die Sache im Amtsgang ist, sie kann aber auch bedeuten, daß der Amtsgang noch gar nicht begonnen hat, daß man also zum Beispiel Barnabas immer noch erst erproben will, sie kann aber schließlich auch bedeuten, daß der Amtsgang schon beendet ist, man aus irgendwelchen Gründen die Zusicherung zurückgezogen hat und Barnabas den Anzug niemals bekommt. Genaueres kann man darüber nicht erfahren oder erst nach langer Zeit. Es ist hier die Redensart, vielleicht kennst du sie: Amtliche Entscheidungen sind scheu wie junge Mädchen.« - »Das ist eine gute Beobachtung«, sagte K., er nahm es noch ernster als Olga, »eine gute Beobachtung, die Entscheidungen mögen noch andere Eigenschaften mit Mädchen gemeinsam haben.« - »Vielleicht«, sagte Olga. »Ich weiß freilich nicht, wie du es meinst. Vielleicht meinst du es gar lobend. Aber was das Amtskleid betrifft, so ist dies eben eine der Sorgen des Barnabas, und da wir die Sorgen gemeinsam haben, auch meine. Warum bekommt er kein Amtskleid, fragen wir uns vergebens. Nun ist aber diese ganze Sache nicht so einfach. Die Beamten zum

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