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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Nase voll davon, sich mit Alkoholikern rumzuärgern, und sind mit Freuden bereit, die neue Aufgabe zu übernehmen, wenn du die Zelle leitest.»
    «Zelle – das klingt eher nach terroristischen Aktionen», sagte ich, weil mir vor Verblüffung nichts anderes einfiel.
    «Es klingt ausgesprochen modern und dynamisch. Die oberste Polizeiführung hat den Terminus sehr begrüßt. In unserer Branche sind derzeit Spezialisierung und Flexibilität gefragt, und da passt diese Einheit haargenau hinein. Ihr spezialisiert euch auf einen bestimmten Typ von Gewaltverbrechen, und bei Bedarf wird die Zelle von den anderen Mitarbeitern des Gewaltdezernats unterstützt.»
    «Und wenn nichts Untypisches anliegt?»
    «Dann arbeiten Koivu und Puupponen im Gewaltdezernat mit, während du Forschungsarbeit leistest.»
    «Also bietest du mir doch einen Schreibtischjob an.»
    Taskinen schmunzelte. «Damit habe ich den hohen Herren die Sache schmackhaft gemacht. Du hast bei dem Projekt über familiäre Gewalt und als Ausbilderin Erfahrung gesammelt. Wenn es nichts zu tun gibt, kannst du eine Art Bericht darüber abfassen, welche Art von untypischer Gewaltkriminalität im Polizeibezirk West-Uusimaa vorkommt. Willkommen in der modernen Zeit! Bei den Entscheidungsträgern kann man alles durchsetzen, wenn man es mit den richtigen Ausdrücken spickt.»
    Ich stand auf und ging zum Fenster. Die Kiefern schwankten im Novemberwind, von Norden her zog eine Regenwolke auf, die den Mittagshimmel verdunkelte. Es stimmte, dass ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte, wenn der Kurs an der Polizeifachhochschule im Februar zu Ende ging. Ich spürte den säuerlichen Kaffeegeschmack auf der Zunge; die Qualität des Gebräus hatte sich in meiner Abwesenheit nicht verändert.
    «Mir bleiben nicht mehr viele Jahre bis zur Pensionierung», sagte Taskinen. «Da erlaube ich mir ein wenig Egoismus: Ich möchte für den Rest meiner Dienstzeit mit den qualifiziertesten Leuten zusammenarbeiten. Du bist eine von ihnen.»
    Ich ließ mich noch eine Viertelstunde lang überreden, bevor ich schließlich zustimmte. Die Vorstellung, von Anttis Einkommen abhängig zu sein, war mir ohnehin zuwider, ich hatte ja schon Gewissensbisse, weil wir unsere Wohnung in Nihtimäki zum Teil mit dem Erbe seines Vaters finanziert hatten. Das Gehalt, das Taskinen mir anbot, enthielt alle denkbaren Zuschläge. Es reizte mich, weitgehend selbständig arbeiten zu können, und die faulen Witze von Koivu und Puupponen hatte ich geradezu vermisst. Bessere Kollegen als die beiden hätte ich mir nicht wünschen können.
    «Am Montag in einer Woche bin ich wieder im Metier. Aber über die Arbeit wollen wir jetzt nicht reden», sagte ich rasch, bevor Anu das Thema vertiefen konnte, denn Anttis Miene hatte sich verfinstert. Er fühlte sich leicht ausgeschlossen, wenn Anu, Pekka und ich über Polizeiangelegenheiten sprachen. Anu arbeitete immer noch bei der Jugendpolizei, die ein Verbindungsglied zwischen der Schutzpolizei, dem Gewaltdezernat und dem Jugend- und Sozialamt bildete. Auch ihre Stelle hatte Taskinen für sie maßgeschneidert, damit sie nur tagsüber zu arbeiten brauchte. Jyrki Taskinen hatte sich zur grauen Eminenz des Polizeiwesens entwickelt, er zog die Strippen, wie er wollte.
    Koivu erzählte von den seltsamsten Verbrechen der letzten Monate. Unter anderem berichtete er von einem Mann, der in diesem Winter in Haukilahti Frauen aufgelauert hatte, nur mit Tennissocken bekleidet.
    «Ein untypischer Flitzer also. Man sollte meinen, dass er in der Kälte schrumpft, hat Puupponen gesagt. Er nennt den Kerl Hubschraubermann.»
    «Hoffentlich nicht in Anwesenheit der Betroffenen. Man erwartet doch wohl nicht von uns, dass wir solche Fälle bearbeiten?»
    Koivu schüttelte nur den Kopf. Anu trug mit Iida und Sennu kleine Schüsseln mit verschiedenen vietnamesischen Fleisch- und Gemüsegerichten auf. Für Iida konnte das Essen gar nicht scharf genug sein, und Juuso schien den gleichen Geschmack zu haben. Amüsiert dachte ich an den Koivu zurück, den ich vor einer Ewigkeit kennengelernt hatte. Für den jungen Mann aus Ostfinnland waren Anfang der neunziger Jahre sogar frische Kräuter exotisch gewesen.
    «Wir haben im Kochkurs im Mädchenclub Satay-Soße gemacht, vorige Woche, als vietnamesisch Kochen dran war. Wenn finnisches Essen an der Reihe ist, backe ich karelische Piroggen nach Uromas Rezept.» Iida zwinkerte ihrem Patenonkel Koivu zu.
    «Du bist ziemlich oft im Mädchenclub», stellte Anu

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