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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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kommen, obwohl sich das Nieseln in dem Augenblick, in dem ich ins Freie trat, in einen eisigen Schneeregen verwandelte. Ich setzte meinen alten Hut auf und blieb einen Moment lang auf dem verlassenen Parkplatz stehen. Aus der Ferne sah ich vermutlich aus wie ein geheimnisvoller Fremder in einem alten Film, und genau das war ich wohl auch, nur ohne Kino. Während ich neben meinem Auto stand und mit meinem typischen Gefühl der Entfremdung von der Welt kämpfte, lauschte ich dem rhythmischen Pochen der gefrierenden Tropfen auf meinem Mantel und meinem Hut. Ich steckte die Hände in meinen Trenchcoat, dachte an den vergangenen Morgen zurück und sah zu, wie mein Atem in nebeligen Spiralen verwehte, kaum dass er meine Nase und meinen Mund verlassen hatte.
    Ich hatte mit Martha und den Katzen zu Hause in sicherer Isolation gelebt. Es war Sonntag, und ich hatte den Morgen in Trainingshose und T-Shirt mit einer Tasse heißem Tee und einem Roman auf dem Sofa verbracht. In der Stereoanlage war ein unbeschwertes, verspieltes Stück von Vivaldi gelaufen, und zwischen meiner Brust, auf der das Buch auflag, und meinem Schoß, auf dem die Tasse samt Untertasse stand, hatten zwei sieben Wochen alte Kätzchen, Benny und Boo, einen spielerischen Ringkampf miteinander ausgetragen. Martha und ich hatten im Wald nahe bei unserem Haus bei einem Abendspaziergang einen Wurf mit vier verlassenen Kätzchen gefunden. Zwei waren schon tot, aber die anderen beiden klammerten sich ans Leben. Wir begruben die gestorbenen und nahmen die beiden lebenden bei uns auf, wie wir es seit Jahren mit anderen streunenden oder ausgesetzten Tieren taten. Nach ein paar Wochen Aufpäppeln mit der Flasche, zahlreichen Tierarztbesuchen und sorgfältiger Pflege hatten die Kätzchen nicht nur überlebt, sie waren aufgeblüht. Statt ihnen woanders ein schönes Zuhause zu suchen, hatten wir beschlossen, diese beiden zu behalten, und nachdem sie jetzt so kräftig waren, begannen wir gerade, uns an ihrer Gesellschaft zu erfreuen, und sie sich an der unseren.
    Mir gegenüber hatte Martha mit hochgezogenen Beinen in einem bequemen Sessel gesessen und die Zeitung gelesen, sich ihrer Anmut und Schönheit gar nicht bewusst. Später liebten wir uns unter der Dusche, frühstückten, machten einen Spaziergang und lagen dann auf der Couch und genossen unseren freien Tag, kuschelten mit unseren neuen Familienmitgliedern. Wir sahen uns Filme an und ließen den Tag unbemerkt und in aller Stille an uns vorüberziehen. Diese ruhigen Momente waren es, wofür ich lebte, die Augenblicke, in denen Martha und ich getrennt und doch miteinander vereint waren, verliebt und lebendig an einem Ort, der verführerisch sinnlich erschien, und der unmittelbar unter der Oberfläche des täglichen Lebens und all der damit verbundenen Einschränkungen existierte.
    Wir waren lebendig. Zärtlich.
    Ich hatte Jahre gebraucht, um diesen einen Ort auf der Welt zu finden, ihn zu renovieren und aufzubauen und ihn, gemeinsam mit der Frau die ich liebte, aus einer Traumvorstellung in all das zu verwandeln, was ich mir jemals gewünscht hatte.
    Dieser Anruf war in unser Leben eingebrochen und hatte alles zum Einsturz gebracht, es in tausend Stücke geschlagen. Die Scherben drohten die Gegenwart in eine parallele Vision der Vergangenheit umzukehren, wie ein schwarzer Spiegel, in dem sichtbar wurde, was ich lange tot geglaubt hatte. Ich hatte die Vergangenheit tödlich verwundet zum Sterben zurückgelassen, und nun war sie gewaltsam aus der Dunkelheit zurückgekehrt, wie der böse Geist in einer Horrorgeschichte.
    Du überheblicher Feigling , sagte eine Stimme irgendwo hinter mir. Denk immer daran, Andy, die Welt ist nun einmal nicht so, wie du sie gerne hättest … sondern so, wie sie verdammt noch mal ist .
    Die Worte waren so deutlich, dass ich mich tatsächlich umdrehte, in der Erwartung, Onkel dort stehen zu sehen. Aber da war nur der kalte Regen, der langsam in Schnee überging.
    Ich ließ die Erinnerungen an den Sonntag mit dem Winterwind verwehen, stieg in mein Auto und begab mich zur letzten bekannten Adresse meines Onkels.
    Etwa eine Viertelstunde nach einem hektischen und verwirrenden Telefonanruf, bei dem ich genau genommen keinerlei vernünftige Auskunft herausbrachte, war Onkel da und stürmte mit einem besorgten, finsteren Ausdruck auf seinem normalerweise freundlichen Gesicht in die Küche. »Was zur Hölle war denn das für ein Anruf? Völlig wirres Zeug, was ist los?«
    »Ich weiß es nicht,

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