Sagen aus dem Rheinland
lichtete sich aus grauen Wolken des Himmels klarer Schein. Und im harten Burghof lockerte sich die Erde, daß es wie ein leises Rieseln war; Wurzeln wuchsen... und zugleich brachen Knospen auf zu feinen Nadeln, und schon auch streuten sich Samen ringsumher, aus denen junge Zedern wuchsen, die noch heute dort in Aspel bei dem Burghof stehen, und deren eine bis heute die Gestalt des gewundenen Peitschenstiels behalten hat.
Da war stille Befriedigung über des Knappen Unschuld und Gottes sichtbarliches Zeichen. Erst war Staunen, eine heilige Stille wie Gebet... dann aber brach der Jubel los, und mit aufgetanen Armen holte der Graf den also treu Erwiesenen zu seinem Stuhl. Und nun erst war rechte Freude der Heimkehr nach so langer Fahrt durch Nöte und Gefahr in Kampf und heißer Sonnenglut des Morgenlandes.
Die Zöpfe von Ruhrort
Es war zu allen Zeiten und ist auch noch heute so, daß die Schützenfeste am Niederrhein mit recht lauter, jubelnder Freude, aber auch manchmal mit ein wenig Zank und Streit gefeiert werden. Und so war es einmal in Ruhrort, dem damals kleinen Städtchen an der Ruhr. Das Geschehen einer Nacht in längst vergangener Zeit ist bis heute noch nicht ganz in der Erinnerung geschwunden, wie folgende kleine Geschichte zeigen kann.
Die Ruhrorter Junggesellen hatten ihre Duisburger Freunde eingeladen, und es ging recht lustig her mit Wort und Spiel. Aber wie es denn so ist: wenn der Wein die Gemüter erhitzt, werden die Münder übermütig. Und schließlich war es hier wie überall, daß der eine dieses und jenes vor seinen Nachbarn voraushaben wollte; aus Scherz wurde Ernst, und zuletzt entschieden die Fäuste über Recht und Unrecht – und weil die Duisburger stärker waren als ihre Gastgeber, trieben sie sie recht ins Gedränge, daß sie in ihre Häuser flüchten mußten. Da sie auch ein Zeichen ihres Sieges wünschten, schnitten sie ihnen die langen Zöpfe ab, die sie dann an der Stadtpumpe angenagelt haben.
Noch heute soll es so sein, daß die Ruhrorter Vereine bei ihren Festen mit Musik und Fahnen dreimal um die alte Pumpe ziehen.
Die Zwerge von Kollenberg
Auf dem Kirchgute Kollenberg bei Radevormwald wohnte einst ein Pächter, welcher niemals seine Kühe selbst hütete, sondern die Sorge für dieselben den Zwergen überließ, welche aufs beste für das Vieh sorgten. Das Essen setzte man den kleinen Leuten in Näpfchen auf einen bestimmten Zaunpfahl.
War der Herbst herbeigekommen, so beteiligte sich einer der Zwerge auch an der Ernte. Aber er trug niemals mehr als einen Halm und schleppte denselben anscheinend nur mühsam fort, schwer seufzend bei dieser Arbeit. Die Pächtersfrau wurde einst ärgerlich darüber, daß der kleine Mann bei einer so scheinbar geringfügigen Arbeit so schwer seufzte und gab ihrem Unmut unverhohlenen Ausdruck. Seit der Zeit verschwanden die Zwerge von Kollenberg. Der Wächter aber verarmte von da ab immer mehr.
Frau säugt junge Schweine bei den Zwergen
Zu Richrath wurden noch vor kurzem in einem Steinbruch Höhlen gezeigt, in welchen in grauer Vorzeit Zwerge hausten. Einmal stahlen diese Zwerge eine Frau in der Nähe des Dellbaches und schleppten sie mit in ihre Höhle. Dort zwangen sie das arme Weib, ihre Schweine zu säugen.
Lange Jahre weilte die Frau bei den Zwergen, welche im allgemeinen gut und liebreich gegen sie waren. Aber die Sehnsucht nach dem hellen Sonnenlicht und ihrer lieben Heimat wuchs täglich bei der Frau, bis es ihr einmal gelang, aus der Höhle zu entfliehen. Sie gelangte bald auf den Hof, wo sie einst gewohnt hatte; aber niemand kannte sie mehr, und auch sie fand keinen der alten Bekannten wieder. Traurig setzte sie sich auf einen Stein im Hof und begann bitterlich zu weinen. Einige Kinder drängten sich neugierig um das seltsame, fremde Weib. Der Anblick der lebensfrohen Kinder vermehrte ihren Schmerz, und mit doppelter Bitterkeit dachte sie an ihr Los in der finstern Höhle bei den mißgestalteten Zwergen. Als einige der Kinder zudringlich wurden, rief sie ihnen zu: »Stört meine Ruhe nicht, denn ich habe keins von Euch unter meinem Herzen getragen.«
Dann ging sie fort und wurde nie wieder gesehen.
Gott läßt seiner nicht spotten
Der Wandersmann, der das Geldernsche Land durchwanderte und spät in der Nacht auf einem Bauernhofe ankam und Obdach erhielt, fühlte plötzlich in der Nacht, daß sein Ende nahe war; und den Knecht, der auf sein Stöhnen hin herzugekommen war, hat er in herzlichem Verlangen, einen Priester zu holen,
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