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Sagen aus dem Rheinland

Sagen aus dem Rheinland

Titel: Sagen aus dem Rheinland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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damit er nicht ohne letzte Zehrung den Weg in die Ewigkeit zu gehen brauche.
    Der Knecht, den die durchstürmte kalte Nacht nicht gerade einlud, den gefahrvollen Weg durch das Dunkel allein zu machen, weckte den Bauer selbst, ihn um seinen Rat zu fragen, ihn auch wohl zu bewegen, mit ihm zu gehen – und der, wohl wissend, daß man den Armen nicht ohne Stärkung dürfe sterben lassen, glaubte in seiner dummen Verschlagenheit, den Ewigen selbst in seiner heiligsten Feier umgehen und seiner spotten zu können. Ein wenig als Priester verkleidet, in seiner wahren Eigenschaft den schwachen, verlöschenden Augen des Sterbenden kaum erkennbar, teilte er das heilige Mahl selber aus, so wenigstens, daß der Wandersmann alsbald schon ohne Erkenntnis der Täuschung, mit Welt und Leben ausgesöhnt, hinüberschlief.
    Als es Tag wurde, begrub man ihn und sprach zu keinem davon. Und es war, als sei alles gut – die Saat wuchs, Lerchen jubelten, und als die Vögel ringsumher in den Pappeln, Erlen und den Büschen zwischen den Weiden verstummten, reifte das Korn. Doch in diesen Zeiten, als schon die Ernte in den Scheunen geborgen war, geschah es, daß eines Tages die Magd mit verstörtem Gesicht ins Haus gestürzt kam: »In der Scheune steht ein schwarzes Gespenst, furchtbaren Gesichts, mit funkelnden Augen und langer roter schnalzender Zunge ... « Und die es durch den Türspalt sahen, erschraken nicht minder, und Tag um Tag, Nacht um Nacht (da keiner schlief) blieb das Gespenst da, wo es war. Und schließlich, als der Bauer den Priester holte, der mit einem Kruzifix durch die weite Tür dem Untier entgegenging, ward der Bann gelöst: Das Tier sprang auf, sprang an allen vorbei... und eh sie sichs versahen, lag der Bauer im Blute da: Das Untier war ihm an die Kehle gesprungen und kaum, daß er hatte schreien können, war er schon tot.

Gräfin Loretta
    Nicht weit von Traben-Trarbach liegt, weit ins Land schauend, auf dem Kamm steilragender Rebenhänge das Dörflein Starkenburg. Nur eine einzige Fahrstraße führt von Enkirch aus auf die luftige Höhe. Ein kleiner Trümmerrest zeigt die Stelle, wo vormals die ritterliche Feste stand, die dem Dörflein den Namen gab.
    Zur Zeit des Trierer Kurfürsten Balduin wohnte auf der Starkenburg die tatkräftige und schöne Gräfin Loretta von Sponheim. Sie war früh Witwe geworden, ihr Gemahl war von einer Fahrt ins heilige Land nicht heimgekehrt. Um das Erbgut ihrer Kinder lag sie nicht nur mit gierigen Nachbarn, sondern mehr noch mit dem herrschgewaltigen Kurfürsten in gar erbittertem Streit, bis es der Vermittlung wohlmeinender Freunde und Verwandten endlich gelang, einen Waffenstillstand zu vereinbaren. Doch bald bot sich ihr eine solch günstige Gelegenheit, den großen Gegner in ihre Hände zu bekommen, daß sie sich kein Gewissen daraus machte, den geschlossenen Vertrag zu brechen.
    Von ihren Spähern erfuhr die Gräfin, der Kurfürst werde auf einem kleinen Schifflein mit geringer Begleitung moselabwärts nach Koblenz fahren. An trefflich geeigneter Stelle, von einem mit Weidengebüsch dicht bestandenen Vorland aus, ließ sie nahe unter dem Wasserspiegel eine starke Kette spannen, die den Fluß absperrte. Ahnungslos fuhr der Kurfürst in die Falle. Die plötzlich straffgezogene Kette zwang sein leichtes Fahrzeug, zu halten, und von der Übermacht der Mannen Lorettas überwältigt, ward er gefangen und auf die Starkenburg geführt. Dort empfing ihn die Gräfin mit allen seinem Stande zukommenden Ehren, hielt ihn aber in sicherem Gewahrsam. Selbst der Bannstrahl des Papstes vermochte nicht, ihn aus den Händen Lorettas zu befreien.
    Lange zogen sich die Verhandlungen zwischen den Gegnern hin; endlich verpflichtete sich Balduin, der Gräfin ein hohes Lösegeld zu zahlen, ihr eine auf Sponheimschen Grund zu Birkenfeld erbaute Burg zu übergeben und gar ein Bündnis mit ihr zu schließen. Nach seiner Entlassung hielt der Kirchenfürst diese Versprechungen aufs Wort; ja, er schloß sogar Freundschaft mit der tapferen und klugen Frau, die so mannhaft für die Rechte ihrer Kinder eingetreten war.

Gunhild
    Gunhild war einem vornehmen Adelsgeschlecht am Niederrhein entsprossen. Schon in zarter Jugend zeigte sie viel Neigung zu einem beschaulichen Leben. Als sie zur Jungfrau herangewachsen war, trat sie ins Kloster zu Gräfrath. Sie war eine der frömmsten Nonnen. Aber auch bei diesen pflegt sich der Versucher einzustellen. Er erschien Gunhild in der Person des Beichtvaters, eines jungen,

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