Sagen aus dem Rheinland
ihr heißt heute noch eine Mulde, die mit Gestrüpp und alten Weidenbäumen bewachsen war, hinter Röhe auf St. Jöris zu; da ging nachts Frau Liesche um, oder sprang von Baum zu Baum in langes, leuchtend weißes Leinen gehüllt, und plättete mit den Händen Wäsche, daß es schaurig durch den ganzen Wald hallte; das mußte sie nach ihrem Tode zur Strafe dafür, daß sie sonntags gewaschen hatte.
Die versunkene Ritterburg
Bei Goch an der Niers stand in alten Zeiten eine Ritterburg. Der letzte Burgherr war sehr reich. Er ließ seinen Pferden goldene Hufeisen aufschlagen, die Reifen seiner Wagenräder waren aus Silber, und die Halsbänder seiner Hunde waren mit Edelsteinen besetzt. Der Ritter war aber ebenso hartherzig wie reich. Einst kam um die Zeit der Abenddämmerung ein greiser Pilger auf den Burghof und bat um Herberge. Aber niemand kümmerte sich um ihn, und niemand hielt die Hunde zurück, die ihn mit wütendem Gebell anfielen. Es gelang ihm kaum die Tiere mit seinem Stabe abzuwehren. Da ritt der Burgherr mit seinem Gefolge daher. Er befahl seinen Knappen, den Pilger vor das Burgtor zu werfen. Ehe der Befehl ausgeführt werden konnte, trat die Tochter des Ritters dazwischen. Sie nahm den Pilger bei der Hand und führte ihn hinaus. Draußen beschwor der Alte die Jungfrau, nicht mehr in die Burg zurückzukehren, da sie sonst den nächsten Tag nicht mehr erleben werde. Sie glaubte ihm nicht, gab ihm zum Abschied die Hand und ging in die Burg.
In der folgenden Nacht versank das stolze Gebäude mit allem, was darin war. Nur der Garten blieb erhalten. Wo er einst lag, wachsen noch jetzt Jahr für Jahr die schönsten Blumen weit und breit.
Die weiße Frau im Düsseldorfer Schloß
Im Schlosse zu Düsseldorf hört man zuweilen um Mitternacht ein seltsames Rauschen, wie von seidenen Gewändern, ja es sollen Töne der Klage nicht selten dabei vernommen werden. Es schreitet dann ein hohes verschleiertes Weib in weißem Gewande durch die Gänge und soll besonders häufig in einem Saale verkehren, der den Namen des Schwanenzimmers führt. Einige sagen, das sei Jakobe von Baden, die durch ihre Schwägerin ermordete Herzogin von Berg, andere halten dafür, daß es die Stamm-Mutter des Altena-Berg-Brandenburgischen Geschlechtes sei, welche sich in den Räumen der alten Wohnung zeige, wenn irgend ihrem Hause ein glückliches oder unglückliches Verhängnis nahe. Diese Ahnfrau soll aus dem Geschlechte der Schwanen-Jungfrauen gewesen sein, und nach ihr soll das Zimmer, wo sie am meisten erscheint, das Schwanenzimmer heißen.
Die wunderbaren Äpfel
Zwei Burschen aus dem Dönberg gingen an einem Sonntagmorgen zur Kirche nach Langenberg. Das pflegten sie häufig zu tun, und gewöhnlich nahmen sie ihren Weg durch den Hof »am Stein«. Dort dienten zwei Mägde, welche ihnen befreundet waren, und welche sie häufig besuchten. Als sie nun durch den Hof schritten, rief die eine Magd ihrem Schatz ein freundliches »Guten Morgen, Peter« zu; und die andere rief frohen Mutes: »Guten Morgen, Wilhelm! « Das taten sie aber, um die Männer für den Abend zum Besuch einzuladen. Nach dem Gruß boten die Mädchen den beiden je einen Apfel an. Dankend steckte jeder seinen Apfel in die Rocktasche und gingen alsdann ihres Weges weiter.
Als sie auf dem Rückweg von der Kirche begriffen waren, aß der eine Bursche seinen Apfel, während der andere ihn in der Tasche ließ. Den Rock hing er am Abend an die Wand und vergaß den Apfel.
Es dauerte nun einige Tage, da hörte er, daß sein Freund erkrankt sei. »Du mußt doch einmal nachsehen, was ihm fehlt«, denkt er, nimmt seinen Rock von der Wand und macht sich auf den Weg. Wirklich lag Peter schwer krank darnieder. Die Nachbarn munkelten aber, er sei behext. Wieder andere behaupteten, er sei vom Teufel besessen. Alle stimmten aber darin überein, daß der junge, blühende Mann nicht von einer natürlichen Krankheit betroffen worden sei. Kaum war man aber zu dieser Erkenntnis gelangt, so eilte man nach Neviges zum Kloster und teilte dem Pater Crementines den ganzen Vorfall mit. Crementines ließ sich nicht lange bitten und ging sofort mit zum Hause des Kranken. Er erkannte sogleich, daß er bezaubert sei. Er gab ihm das mitgebrachte Heiligtum zu essen. Kaum hatte der Kranke dies genossen, als er sich erbrach; aber eine große Kröte fuhr ihm aus dem Halse.
Als Wilhelm nach Hause kam, dachte er wieder an seinen Apfel. Er griff in seine Rocktasche und zog ebenfalls eine große Kröte
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