Sagen aus Franken
Nürnberg. Im Jahr 1420, im Oktober, zogen in der Nacht die Kriegsknechte des bayerischen Herzogs mit ihrem Führer, Christoph Layminger, dem Amtmann des Schlosses in Lauf, nachts in aller stille heran, kamen mit starker Macht über die Mauer und überrumpelten die Besatzung des Burggrafenschlosses. Trotz des strömenden Regens brannte die Wohnung des Burggrafen vollständig nieder. In der gleichen Nacht war auf dem Nürnberger Rathaus ein großes Fest mit Tanz und Schmaus und aller Lustbarkeit gewesen. Vor lauter Freude am Fest und vor Sturm und Regen hatte kein Mensch in der Stadt den feindlichen Überfall bemerkt, bis die Flammen aus den Häusern schlugen. Später behauptete der Burggraf Friedrich VI., dass der Rat der Stadt von dem Überfall gewußt und deswegen Tanz und Lustbarkeit auf dem Rathaus veranstaltet hätte, damit die Nürnberger Bürger nichts merken sollten. Manche behaupteten auch, damals hätten einige Nürnberger Bürger von der Stadt aus an der Gewalttat teilgenommen. Aber zu beweisen war nichts, und darum konnte auch niemand angeklagt werden. Die Burg lag in Trümmern. Der Burggraf Friedrich VI. bekam vom Kaiser die Markgrafschaft Brandenburg und war weit entfernt von Nürnberg mit aller seiner Kraft beschäftigt. Dort in Brandenburg brauchte er viel Geld. Da boten ihm die Nürnberger Ratsherrn an, gegen 120000 Gulden seine Burg über der Stadt Nürnberg mit allen Türmen, Mauern, Gebäuden mit allen Hofrechten, mit der Freiung und mit den Rechten auf die beiden Reichsforste von St. Sebald und St.Lorenz an die Stadt Nürnberg zu verkaufen Mit Freuden ging der Markgraf darauf ein und nahm das Geld in Empfang. Später hat es freilich viel Streit um diesen Kaufvertrag gegeben. Der fünfeckige Turm ist der letzte Rest von der großen Burggrafenwohnung. Auf der anderen Seite steht noch die Walburgiskapelle und eine große dicke Mauer gegen die Kaiserburg zu. Wer heute zur Burg hinaufgeht, muß neben dem fünfeckigen Turm durch einen Hohlweg gehen, der rechts und links mit Mauern verkleidet ist. In den Hügeln hinter diesen Mauern zu beiden Seiten des Hohlweges liegen die Trümmer der zerstörten Burggrafenburg. Die Nürnberger Buben steigen immer wieder einmal auf die Burg hinauf und gehen über die Schutthügel neben dem Hohlweg. Dabei stampfen sie mit den Füßen und bleiben stehen; dann heben sie den Finger und sagen: »Horch, da klingt's hohl!«
Der Kaiser in der Wirtsmütze
Im Jahre 1274 hielt Kaiser Rudolf von Habsburg seinen ersten Reichstag, die deutschen Fürsten waren vollzählig erschienen. Alle freuten sich, das nun wieder ein Mann da war, der die Verbrecher und Unruhestifter im ganzen Lande mit starker Hand strafen und überall für Recht und Ordnung und Frieden sorgen konnte. Zu dem Reichstag waren auch viele Kaufleute gezogen; sie hatten in einem grossen Markte ihre prächtigsten Waren ausgestellt und hofften, dass die reichen, hohen Herren ihnen abkauften, und sie grossen Gewand mit heimbrächten.
Einer von den Kaufleuten hatte seinem Wirt 200 Mark feines Silber (das sind ungefähr 16 000 Mark) in einem geblümten Sack zum Aufheben gegeben. Als er das Geld wieder haben wollte, leugnete der freche Wirt alles ab und behauptete: »Ich weiss von keinem geblümten Geldsack! Ich hab kein Geld von dir bekommen, so geb ich dir auch keines zurück!« Der Kaufmann hatte dem Wirt vertraut und weder Schein noch Zeugen, so dass der Richter seine Klage abweisen musste; in seiner Verzweiflung glaubte der Mann, dass sein sauer erspartes Vermögen verloren sei. Da gab ihm einer den Rat: »Wen dich doch an den Kaiser! Wir haben jetzt wieder einen Helfer gegen Raub und Unrecht!« Der Kaufmann folgte dem Rat und hatte es nicht zu bereuen. Gnädig hörte ihn der Kaiser an und versprach ihm seine Hilfe. Bald darauf liess der Kaiser eine Anzahl Bürger aus der Stadt, darunter den diebischen Wirt, zu sich auf die Burg einladen, alle kamen in ihren schönsten Gewändern. Besonders der Wirt hatte sich herausgeputzt. Das schönste an seiner Kleidung war eine prächtige mit feinstem Pelzwerk besetzte Mütze. Die hielt der Wirt bescheiden in der Hand, drehte sie aber immer so, dass man ihre Fracht von allen Seiten bewundern konnte. Der Kaiser liebte kostbare Pelze und als er die Mütze sah, rief er im Spass: »Solch eine schöne Mütze wäre auch für den Kaiser nicht zu schlecht und müsste ihm gut stehen!« Er nahm sie lachend, setzte sie sich auf den Kopf und ging zum Spiegel, um sich darin zu besehen. Dann
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