Sagen aus Oberösterreich
völlig durchnäßt und es begann ihn jämmerlich zu frieren. Da aber kehrte allmählich wieder das klare Denken zurück und schließlich vermochte er, sich aus der Wiese herauszuarbeiten und auf einen Weg zu kommen.
Nach einer heftigen Erkältung, die er sich in jener Nacht geholt hatte, ging er in sich und wurde ein sehr rechtschaffener Mann, der dem Wein weit aus dem Weg ging und der heiligen Respekt vor den Lichtgeistern des Ameisberges hatte. Er war fest davon überzeugt, daß sie es gewesen waren, die ihn vom rechten Weg abgelockt hatten, aber dadurch seine Trunksucht heilten.
Auch heute noch vermeiden es die Umwohner, wenn es nur irgendwie angeht, in der Nacht über den Ameisberg zu gehen, gerade so, wie sie den Grettenbergwald meiden, wenn es nicht unbedingt sein muß.
Der Dank der Donaunixe im Strudengau
Im Hößgang unfern der Insel Wörth lebte einst ein junger Schiffer, der die gefahrvolle Überfahrt nach beim »Strudel« und »Wirbel« besorgte. Er bewohnte mit seiner Mutter eine kleine Hütte am Donauufer. Eines Tages führte er einige Bauernburschen in seinem Boot über den Strom, die voll es frischen Mostes waren und allerlei Unfug trieben. Sie neckten sich gegenseitig, schaukelten übermütig mit dem Boot und bespritzten einander. Als sie bei der Insel Wörth vorüberkamen, tauchte plötzlich bei einer Sandbank eine Donaunixe auf, die sich dort sonne wollte. Kaum hatten die Burschen die Nixe erblickt, brachen sie in johlendes Gelächter aus, verspotteten die arg Erschrockene und riefen ihr wüste Schimpfnamen zu. Als ihres Übermutes kein Ende war, konnte der junge Schiffer nicht länger an sich halten und fuhr sie ergrimmt an: »Wenn ihr nicht augenblicklich eure Schandmäuler haltet, sollt ihr mich kennen lernen. Den nächsten, der noch ein Spottwort sagt, hänge ich in den Strom, daß ihm der Weindunst aus dem hohlen Schädel vergeht.« Ernüchtert schwiegen die Burschen; denn sie kannten den Fährmann und wußten, daß mit ihm nicht zu spaßen sei. Die Nixe verwand in den Fluten des Stromes.
Es war damals die Zeit, in der die Türken ins Land eingebrochen waren und kleinere Scharen der Feinde überall sengend und mordend umherzogen. In einer düsteren, stürmischen Nacht klopfte es an der Hütte des Fährmanns, und als er aufsprang und vor die Tür trat, um nach dem späten Gast Ausschau zu halten, erblickte er eine vornehm gekleidete Frau, die mit ihren drei Kindern vor der Hütte stand und ihn händeringend bat, sie nach dem andern Ufer zu bringen. Die Türken hätten ihr Heim zerstört, und mit knapper Not sei es ihr gelungen, ihr und ihrer Kinder nacktes Leben zu retten und bis hierher zu flüchten. Doch sei ihr der Feind auf den Fersen und sie fürchte für das Leben ihrer Kinder.
Obwohl der Schiffer glaubte, daß die Türken wohl kaum seine abseits gelegene Hütte auffinden würden, ging ihm die Angst der bebenden Frau zu Herzen. Er nahm seine Laterne und hieß die Frau mit ihren Kindern in sein Schifflein steigen. Ein wütender Sturm tobte das Donautal entlang, und die hochgehenden Wellen des angeschwollenen Stromes verhießen eine gefahrvolle Überfahrt im nächtlichen Dunkel. Doch den mutigen Schiffer schreckte die Gefahr nicht. In Gottes Namen stieß er vom Ufer ab und fuhr in das rasch dahinscheidend Wasser hinaus. Aber bald verlöschte ein mächtiger Windstoß seine Laterne, die starke Strömung drückte das Boot aus seiner Richtung, und das warnende Rauschen des gefährlichen Strudels drang immer näher an sein Ohr. Der Schiffer mit seinem Nachen schwebte in höchster Gefahr. Da ertönte eine Stimme vom anderen Ufer: »Hierher!« Der Ruf wiederholte sich mehrmals, und entschlossen steuerte der Fährmann in jene Richtung, aus der die Stimme erklungen war. Bald sah er sich bei der richtigen Landungsstelle und setzte seien Fahrgäste ans Land, wo er die fremde Frau mit ihren Kindern in eine nahe gelegene Schifferhütte führte, damit sie hier, geschützt vor Sturm und Unwetter, den Morgen erwarte. Sie dankte ihrem Retter aus vollem Herzen und versprach ihm eine hohe Belohnung.
Der Sturm hatte indessen sein Wüten noch gesteigert. Trotzdem bedachte sich der Jüngling keinen Augenblick, wieder über den Strom zurückzufahren; denn ihm bangte um seine Mutter, die er bei der Türkengefahr nicht die ganze Nacht allein in seiner Hütte lassen wollte. So stieß er wieder vom Lande ab und ruderte hinaus in den finsteren Strom. Aber er war noch nicht weit gekommen, als er neuerdings die
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