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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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hat er doch Söhne die Fülle, und er selbst der Alte, gedenkt noch nicht vom Throne zu steigen. Oder versprachen dir vielleicht die Trojaner ein köstliches Landgut, wenn du mich erschlügest? Habe ich dich doch, wie ich meine, im Beginne dieses Kampfes schon einmal mit meiner Lanze verfolgt! Denkst du nicht mehr daran, wie ich dich, den Vereinzelten, dort von den Rinderherden weg die Höhen des Ida hinabjagte? Da schautest du dich im Fliehen nicht einmal um, und bis nach der Stadt Lyrnessos trugen dich deine Füße. Ich aber warf diese mit Pallas und Zeus in Trümmer; und nur die Barmherzigkeit des letzteren rettete dich, während ich Weiber und Beute genug davonführte. Doch heute werden dich die Götter nicht zum zweiten Male retten; ich rate dir, begib du dich schleunig wieder unter die Menge zurück und hüte dich, mir zu begegnen, daß dir kein Leid geschehe!« Dagegen rief Äneas: »Hoffe mich nicht mit Worten, wie einen Knaben, abzuschrecken, Pelide; herzzerschneidende Worte könnte auch ich dir zurufen. Kennt doch einer vom Rufe des andern Geschlecht wohl: daß dich die Meeresgöttin Thetis gebar, weiß ich; ich aber rühme mich, Aphroditens Sohn und Zeus' Enkel zu sein. Auch werden wir nicht mit kindischen Worten voneinander aus dem Schlachtfelde scheiden; laß uns deswegen nicht länger hier, gleich albernen Kindern, schwatzend in der Mitte des Getümmels stehen! Die ehernen Kriegslanzen sind es, die wir einander zu kosten geben wollen.« So sprach er und schwang den Speer zum Wurfe, von dem der entsetzliche Schild des Achill ringsum nachhallte; doch durchstürmte das Geschoß nur die zwei äußeren Schichten von Erz; die beiden inneren waren von Zinn, und von der mittleren goldenen wurde die Lanze gehemmt. Jetzt schwang auch der Pelide seinen Speer; dieser traf den Schild des Äneas am äußersten Rande, wo das Erz und die Stierhaut am dünnsten war; Äneas duckte sich und streckte in der Angst den Schild in die Höhe: so sauste ihm die Lanze, die beiden Schildränder durchfahrend, über die Schulter hin und bohrte sich aufrecht dicht neben ihm in den Boden ein, daß den Sohn Aphroditens vor der Todesgefahr schwindelte. Und schon rannte Achill mit gezücktem Schwerte, laut schreiend, herbei. Da ergriff Äneas einen ungeheuren Feldstein, wie ihn zwei jetzige Sterbliche nicht aufheben könnten; er aber schwang ihn ganz behende. Hätte er nun mit dem Steine nur des Gegners Helm oder Schild getroffen, so wäre er unfehlbar dem Schwerte des Peliden erlegen.
    Das erbarmte selbst die Götter, die, den Trojanern abhold, auf dem Herakleswalle saßen. »Es wäre doch schade«, sprach Poseidon, »wenn Äneas, weil er Apollos Wort gehorcht hat, zum Hades hinabfahren sollte; auch fürchte ich, Zeus könnte zürnen, dann haßt er gleich den Stamm des Priamos, so will er ihn doch nicht ganz vertilgen, und durch Äneas soll das Herrschergeschlecht in Kindern und Kindeskindern fortdauern.«
    »Tue, was du willst«, erwiderte Hera, »ich und Pallas, wir haben es mit einem Eidschwur beteuert, daß wir kein Unglück, welches es auch sei, von den Trojanern abhalten wollen,«
    Diese Unterredung war das Werk eines Augenblicks; Poseidon flog in den Kampf, zog unsichtbar den Speer aus dem Schilde des Äneas und legte diesen dem Achill quer vor die Füße, nachdem er die Augen des Helden mit einem dichten Nebel umgossen hatte. Den Trojaner selbst schleuderte er, ihn hoch von der Erde aufhebend, über Wagen und Streiter hinweg an die Grenzen der Schlachtordnung, wo das Volk der kaukonischen Bundesgenossen kampfgerüstet einherzog. »Welcher Gott«, so schalt Poseidon hier den geretteten Helden, »verblendete dich, Äneas, gegen den Liebling der Götter, den weit mächtigeren Peliden, kämpfen zu wollen? Weich in Zukunft zurück, sooft du ihm begegnest; hat ihn einmal das Schicksal erreicht, dann magst du dich getrost in den vordersten Reihen schlagen!« Jetzt verließ ihn der Gott und zog den Nebel vor Achills Augen hinweg, der verwundert seine Lanze an der Erde liegen und den Mann verschwunden sah.
    »Troll er sich immerhin mit eines Gottes Hilfe«, sprach er verdrießlich, »ich bin sein Fliehen schon gewohnt.«
    Dann sprang er in die Reihen der Seinigen zurück und ermunterte sie zur Schlacht. Drüben aber feuerte Hektor die Seinigen an, und nun folgte ein wilder gemischter Angriff. Als Phöbos Apollo sah, wie gierig Hektor dem Peliden entgegenstrebte, flüsterte er ihm ein Warnungswort ins Ohr, vor welchem Hektor erschrocken

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