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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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dem Boden herausreißen zu können. Als er das vierte Mal ansetzte, überfiel ihn Achill mit dem Schwert und hieb ihn in den Leib, daß alles Gedärme hervordrang und er röchelnd auf die Erde sank. Der Pelide zog ihm jauchzend die Rüstung ab und ließ den Leichnam den Aalen zur Uferbeute liegen; dann stürzte er sich unter die Päonier, die noch voll Angst an dem Flusse umherflogen. Ihrer sieben hatte sein Schwert erschlagen, und noch wollte er unter ihnen fortwüten, als plötzlich Skamander, der zürnende Beherrscher des Stromes, in Menschengestalt aus dem tiefen Strudel ernportauchte und dem Helden zurief. »Pelide, du wütest mit entsetzlichen Taten, mehr als ein Mensch!
    Meine Gewässer sind voll von Toten; mit Mühe ergießen sich meine Ströme ins Meer, laß ab!« »Ich gehorche dir, denn du bist ein Gott«, antwortete Achill, »aber darum wird mein Arm nicht vom Morde der Trojaner rasten, bis ich sie in die Stadt zurückgejagt und meine eigene Kraft mit der Kraft Hektors gemessen habe.«
    So sprach er und stürzte sich auf die flüchtigen Reihen der Trojaner, drängte sie aufs neue dem Ufer zu, und als sie sich ins Wasser retteten, sprang, den Befehl des Gottes vergessend, auch er wieder in den Strudel. Nun fing der Strom an, wütend zu schwellen, regte seine trüben Fluten auf, warf die Getöteten mit lautem Gebrüll ans Gestade; seine Brandung schlug schmetternd an den Schild des Peliden. Dieser, mit den Füßen wankend, faßte eine Ulme mit den Händen, riß sie aus den Wurzeln und klomm über ihre Äste ans Ufer.
    Nun flog er über das Gefilde hin, aber der Flußgott rauschte ihm mit der tosenden Welle nach und erreichte ihn, so rasch er war. Und sooft er ihm widerstehen wollte, bespülten die Wogen ihm die Schultern und raubten ihm den Boden unter den Füßen. Da klagte der Held gen Himmel: »Vater Zeus, erbarmt sich denn keiner der Ewigen meiner, mich aus der Gewalt des Stroms zu retten? Betrogen hat mich meine Mutter, als sie weissagte, daß mir der Tod durch Apolls edles Geschoß bereitet sei. Hätte mich doch Hektor getötet, der Starke den Starken! So aber soll ich des schmählichsten Todes in den Fluten sterben, wie der Knabe eines Sauhirten, der im Winter durch den Sturzbach watet und fortgerissen wird!«.
    Wie er so jammerte, gesellten sich Poseidon und Athene in Menschengestalt zu ihm, faßten ihn bei der Hand und trösteten ihn, denn nicht sei ihm vom Schicksale bestimmt, in den Strom zu sinken. Die Götter schieden wieder, aber Athene füllte ihn mit Kraft, daß er hoch mit den Knien aus der Flut sprang und das Gefilde wiedergewann. Aber noch immer ließ Skamander von seinem Zorne nicht ab, vielmehr bäumte er sich mit immer höherer Brandung und rief laut seinem Bruder Simois zu: »Komm, Bruder, laß uns beide zusammen die Gewalt dieses Mannes da bändigen; sonst wirft er uns heute noch die Feste des Priamos in den Staub! Auf, hilf mir! Nimm die Quellen des Gebirges zu dir, ermuntere jeden Gießbach, hebe deine Flut hoch, rolle Steinblöcke daher! Nicht seine Kraft, nicht seine Rüstung soll ihn verteidigen: tief im Sumpfe soll diese liegen, mit Schlamm bedeckt. Ihn selbst verschütte ich mit Muscheln, Kies und Sand, daß die Argiver selbst seine Gebeine in dem Wust nicht mehr finden können. So türme ich ihm selbst sein Denkmal auf, und die Danaer brauchen ihm für kein Rasengrab zu sorgen!« Unter diesem Zurufe rauschte er mit Schaum, Blut und Leichen auf den Helden daher, daß bald seine Welle sich über ihm bäumte, indes auch der Strom Simois aus der Ferne sich herbeimachte.
    Hera selbst, voll inniger Angst um ihren Liebling, schrie laut, als sie dieses sah. Dann sprang sie schnell zu Hephaistos: »Lieber hinkender Sohn, nur deine Flammen sind dem gewaltigen Strome gewachsen: 202
    Gustav Schwab – Sagen des klassischen Altertums
    bringe dem Peliden deine Hilfe; ich selbst will den West- und Südwind vom Meergestade erregen, daß sie die schreckliche Glut bis ins Heer der Trojaner hineintragen. Du aber zünde die Bäume am Gestade des Flusses an und durchlodere ihn selbst; laß dich durch keine Schmeichelei und durch keine Drohung zurückschrekken, Glut muß die Vertilgung im Zaume halten!« Auf ihr Wort durchflog die Flamme des Hephaistos das Gefild, und zuerst verbrannte sie die Leichname der Troer, die von Achills Hand gefallen waren. Dann wurde das Feld ganz trocken und das Wasser gehemmt. Am Ufer fingen die Ulmen, die Weiden, die Tamarisken und alles Gras zu brennen an; schon

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