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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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zerbrach dem Eumelos das Joch, daß die Stuten auseinandersprangen und der Lenker sich neben dem Rade verwundet auf dem Boden wälzte. Der Tydide flog vorüber; ihm zunächst Menelaos; nächst ihm trieb Antilochos seine Rosse mit scheltendem Zuruf. An einem durchwühlten Hohlwege strauchelte Menelaos, Antilochos aber fuhr kühn durch den engen Paß an ihm vorbei. Während die zuschauenden Helden Rosse und Wagen durch den Staub zu erkennen strebten und sich darüber stritten, war Diomedes, die andern immer hinter sich lassend, mit seinem von Zinn und Gold schimmernden Wagen am Ziel angekommen. Den dampfenden Rossen strömte der Schweiß vom Nacken; der Held selbst sprang vom Sitz und lehnte die Geißel ans Joch. Sein Freund Sthenelos nahm den Kampfpreis in Empfang, ein schönes Weib und einen gehenkelten Kessel, gab sie den Freunden wegzubringen und schirrte die Rosse aus. Nächst ihm kam Antilochos an und fast zu gleicher Zeit Menelaos.
    Speerwurfsweite davon fuhr etwas träger Meriones einher, und ganz zuletzt schleppte den versehrten Wagen mit verrenkten Gliedern Eumelos hin. Dennoch wollte diesem Achill, weil ihn unverschuldetes Unglück getroffen und er der beste Wagenlenker war, den zweiten Preis erteilen, aber Antilochos fuhr zornig auf. »Mir gehört der zweite Preis«, sprach er, »die herrliche ungezähmte sechsjährige Stute; bedauerst du jenen, so hast du Gold, Erz, Vieh, Rosse und Mägde genug im Zelte, gib ihm davon, was du willst!« Achill lächelte, sprach seinem lieben Altersgenossen das Roß zu und schenkte dem Eumelos einen herrlichen Harnisch. Aber Menelaos beschuldigte nun seinerseits den Antilochos, ihm die Rosse mit List gehindert zu haben, und sann ihm einen Eid beim Schöpfer des Rosses, Poseidon, an. Der Beschämte gestand sein Vergehen und führte die gewonnene Stute dem Atriden zu. Dies besänftigte den Zorn des Menelaos; er überließ dem Jünglinge das Roß und nahm sich den dritten Preis, das Becken. Zwei Talente Goldes als vierten Kampfpreis erhub Meriones; den übrigen fünften, einen vom Feuer noch unberührten Mischbecher mit Henkeln, überließ Achill dem Nestor als Geschenk.
    Nun wurde zum Faustkampf geschritten und dem Sieger ein Maultier, dem Besiegten ein Henkelbecher bestimmt. Sogleich erhub sich ein kraftvoller, gewaltiger Mann, Epeios, der Sohn des Panopeus, faßte das Tier und rief. »Dieses ist mein, den Becher nehme, wer will! Das aber verkünde ich: der Leib wird ihm von meiner Faust zerschmettert, und die Gebeine zermalm ich ihm!« Auf diesen Gruß verstummten alle Helden, 209
    Gustav Schwab – Sagen des klassischen Altertums
    bis sich Euryalos, des Mekisteus Sohn, ihm gegürtet und kampfbereit entgegenstellte. Bald kreuzten sich ihre Arme, die Fäuste klatschten auf den Kiefern, der Angstschweiß floß ihnen von den Gliedern. Endlich versetzte Epeios seinem Gegner einen Streich auf den Backen, daß er zu Boden fiel wie ein Fisch, der aus der Welle aufs Ufergras gesprungen ist. Epeios hob ihn an den Händen empor, und seine Freunde führten ihn Blut speiend und mit hängendem Haupt aus der Versammlung.
    Hierauf stellte Achill die Preise für den Ringkampf aus: dem Sieger einen großen Dreifuß, zwölf Rinder an Wert, dem Besiegten ein blühendes kunstfertiges Weib. Da umfaßten sich bald mit schmiegsamen Armen Odysseus und der große Ajax, ineinandergefugt, wie ein Zimmermann Sparren zusammenfügt; ihr Schweiß floß, ihr Rücken knirschte, an Seiten und Schultern wurden Blutstriemen sichtbar; schon murrten die Achiver, da hub Ajax den Odysseus in die Höhe, doch dieser gab dem Gegner mit gebeugtem Knie von hinten einen Stoß, warf ihn rücklings nieder und sank ihm von oben auf die Brust; doch vermochte er ihn nur ein weniges zu bewegen, und beide rollten miteinander in den Staub. »Ihr seid beide Sieger«, rief Achill,
    »und ich belohne euch mit gleichem Preise.«
    Für den Wettlauf ward dem Sieger ein kunstvoll gearbeiteter, sechs Maß haltender Krug von Silber bestimmt; dem nächsten Läufer ein Stier, dem dritten ein halbes Talent Goldes. Hier erhoben sich der schnelle Lokrer Ajax, Odysseus und Antilochos. Achill gab das Zeichen; voran stürmte Ajax, ihm zunächst Odysseus, wie ein Webschiff an der Brust des Weibes dahinfliegt; schon wehte sein Hauch dem Ajax im Nacken, und alle Danaer ermunterten den Eilenden. Als sie dem Ziel ganz nahe waren, flehte Odysseus im Herzen zu seiner Schützerin Athene; die schuf ihm die Glieder leicht und ließ den Lokrer über den

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