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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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Unrat der dem Patroklos geschlachteten Rinder straucheln, daß ihm Mund und Nase besudelt ward. Ein lautes Gelächter schallte, als Odysseus den Mischkrug und bald darauf Ajax, Kot ausspeiend, den Stier faßte. Den letzten Preis ergriff Antilochos lächelnd und sprach: »Ehre verleihen die Götter älteren Menschen, zwar ist Ajax nur weniges älter denn ich, aber er ist früheren Stammes.« »Du sollst nicht umsonst so neidlos geredet haben«, sprach Achill zu dem holden Jüngling, »ich füge deinem Preis noch ein halbes Talent Goldes hinzu.«
    Und nun trug der Pelide die herrliche Lanze des Sarpedon, die Patroklos jüngst erbeutet hatte, in den Kreis und legte sie mit Schild und Helm nieder. Um sie sollten zwei der tapfersten Helden in Waffen kämpfen, die Rüstung sollten beide gemeinschaftlich erhalten und beide köstlich im Zelte des Achill bewirtet werden, der Sieger aber das thrakische Schwert des Asteropaios voll Silberbuckeln davontragen. Mit drohendem Blicke rannten der Telamonier Ajax und Diomedes gegen einander, in Waffen dreimal aufeinander losstürmend. Ajax durchstieß den Schild des Tydiden, Diomedes aber zielte nach dem Hals. Die Achiver, um Ajax besorgt, trennten die Streitenden, doch das Schwert erhielt der Tydide.
    Noch wurde mit der eisernen Kugel um die Wette gestritten, die vordem der König von Theben oft geworfen, Eëtion, welchen Achill erschlagen, Epeios schwang sie im Wirbel und warf, doch so, daß die Danaer lachten; dann Leonteus, dann der gewaltige Ajax, daß sie über das Zeichen wegflog; aber weit über alle hinaus, wie ein Hirt Stecken über seine weidenden Rinder, schleuderte sie Polypötes und trug sie als Preis davon.
    Zehn Äxte und zehn Beile von bläulich schimmerndem Eisen stellte Achill den Schützen aus. An den Mast eines Schiffes wurde an dünnen Fäden eine Taube gebunden; wer die traf, sollte die Äxte haben, der Besiegte sich mit den kleineren Beilen begnügen. Um den ersten Schuß losten Teucer und Meriones. Teucers Los sprang aus dem Helm, aber durch Apollos Mißgunst verfehlte er den Vogel und durchschoß den Faden, daß die Taube sich in die Lüfte schwang. Dem verdrossen nachblickenden Teucer entriß Meriones den Bogen, legte seinen Pfeil drauf und durchschoß der Taube in der Luft den Flügel; denn er hatte in Eile dem Phöbos eine Dankhekatombe gelobt. Die Taube setzte sich verwundet auf den Mast, senkte den Hals und die Flügel, und bald fiel sie tot zur Erde nieder. Staunend jubelten die Völker; Meriones faßte die Äxte, Teucer schlich mit den Beilen davon.
    Ein Speer und ein mit Blumen geziertes reines Becken ward als Preis des Speerwurfs zuletzt in den Kreis gebracht. Da stand zuerst der Völkerfürst Agamemnon auf, und Meriones nach ihm. Aber Achill sprach:
    »Atride, wir wissen alle aus der Schlacht, wie weit du die Helden im Speerwurf besiegest, laß drum dem Helden Meriones den Speer und nimm ohne Kampf das Becken.« Agamemnon gehorchte dem Wunsch, reichte dem Kreter die Lanze und griff nach dem Becken. Und damit hatten die Spiele ein Ende.
    PRIAMOS BEI ACHILL
    Als sich die versammelten Völker getrennt hatten, sättigte sich jeder mit Speise und Schlaf. Nur Achill brachte eine Nacht ohne Schlummer im Andenken an seinen bestatteten Freund hin; er legte sich bald auf 210
    Gustav Schwab – Sagen des klassischen Altertums
    die Seite, bald auf den Rücken, bald aufs Angesicht; dann stand er plötzlich auf und schweifte am Meeresufer umher. Am frühen Morgen spannte er seine Rosse ins Joch, befestigte den Leichnam Hektors am Wagensitz und schleifte ihn dreimal um das Denkmal des Patroklos; aber Apollo deckte diesen mit dem goldenen Schirm seiner Ägide und sicherte den Leib vor allen Entstellungen. Achill verließ den Leichnam, in den Staub auf das Antlitz gestreckt. Das erbarmte die seligen Götter im Olymp, mit Ausnahme Heras, und Zeus beschickte die Mutter des Peliden, Thetis; er befahl ihr, schleunig zum Heere zu gehen und dem Sohne zu verkündigen, daß den Göttern insgesamt und Zeus selbst das Herz vor Zorn glühe, weil er Hektors Leib ohne Lösung bei den Schiffen zurückhalte. Thetis gehorchte, ging in das Zelt des Sohnes, setzte sich nahe zu ihm, und sanft mit der Hand ihn streichelnd, sprach sie: »Lieber Sohn, wie lange willst du mit Gram und Seufzern dir das Herz abzehren, des Schlafs und der Nahrung vergessen? Es wäre gut, wenn du dich der Freude des Lebens wieder zuwendetest, denn du wirst mir ja doch nicht lange mehr auf Erden einhergehen,

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