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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Sommer
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durch Fienstedt: damals kam ihr die Einwohnerschaft mit sieben Rinkeimern Bier entgegen sie zu empfangen, und hierüber war die Königin so erfreut, daß sie den Bewohnern von Fienstedt und den benachbarten Dörfern, welche das Gleiche gethan, alle Steuern für ewige Zeiten erließ unter der Bedingung daß jede Gemeinde alljährlich am Himmelfahrtstage der Königin zu Ehren sieben Rinkeimer Bier am Gemeindebrunnen trinke. Der Vorleser ermahnte darum die Gemeinde das Fest nicht untergehen zu lassen; denn wenn sie es nicht mehr feire, sei sie verpflichtet der Obrigkeit den Zehnten und dazu noch ein schwarzes Rind mit weißen Füßen und weißer Blässe, einen Ziegenbock mit vergoldeten Hörnern und ein vierspänniges Fuder Semmeln zu entrichten. 1

    Gegenwärtig erzählt man daß eine Gräfin von Mansfeld, die ihr Gemahl verstoßen habe, in diesen Dörfern freundlich aufgenommen worden sei; und als der Graf später ihre Unschuld erkannte und die Verstoßne wieder zu Ehren aufnahm, habe er den fünf Dorfgemeinden den Zehnten unter der Bedingung erlassen, daß sie alle Jahr am Himmelfahrtstage ein Fest feierten und dabei zu seinem Gedächtniß eine Tonne Bier tränken. – Das Geld, mit welchem das Fest ausgerichtet wird, schießen die einzelnen Dorfgemeinden zusammen: sie erwählen zwei Bierherrn, die Alles anordnen und nichts zu zahlen brauchen. Das Bier aber muß bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken werden, und jeder Fremde, der vorüber geht, muß mittrinken. In Fienstedt, Gorsleben, Zörnitz und Krimpe trinkt man das Bier im Dorfe, in Gödewitz auf einem Hügel vor demselben, welcher davon der Bierhügel heißt, und auf den am Himmelfahrtsmorgen aus jedem Hause ein Bewohner kommen muß. Wenn eine Gemeinde das Fest nicht mehr feiern wollte, so wäre sie, wie man jetzt sagt, verpflichtet einen Bock mit ganz goldenen Hörnern, zwei Fuhren Semmeln und eine Tonne Mückenfett der Obrigkeit zu liefern.

    In andern sächsischen Dörfern, wie in Nietleben, schmückt man am Himmelfahrtstage die Häuser mit Blumengewinden.

     

    Fußnoten

     

    1 Neue Mittheilungen des thüringisch-sächsischen Vereins 5, 2, 130 f.

     

     

Pfingsten.
    Man ziert in Sachsen und Thüringen nicht alle Häuser zu Pfingsten mit Maien, sondern nur die, in welchen Mädchen wohnen, werden von den jungen Burschen geschmückt. Auf dem Thüringerwalde bekränzt man außerdem noch die Kirchthüren und Brunnengeländer.

    In den meisten Dörfern holt man am ersten Feiertage einen Baum, die Pfingstmaie, gewöhnlich eine Birke, zu Wagen mit Musik aus dem Walde, pflanzt sie im Dorfe oder auf einer Wiese vor demselben auf, und dann tanzen die Burschen und Mädchen an den drei Feiertagen vom Mittage bis in die Nacht hinein um den Baum. Außerdem haben sich zu Pfingsten noch folgende Gebräuche bewahrt.

    Das Brautpaar suchen. In Volkstädt, Thondorf, Dederstedt, Schochwitz, Zaschwitz, Schlettau, Brachwitz und andern sächsischen Dörfern verkleiden sich am zweiten Pfingstfeiertag ein Bursch und ein Mädchen und verstecken sich außerhalb des Dorfes im Gebüsch oder hohen Grase. Dann zieht das ganze Dorf mit Musikanten aus »das Brautpaar zu suchen .« Wenn es gefunden ist, wird es von der Gemeinde umringt, die Musikanten fangen zu spielen an, und das Brautpaar wird mit Jubel ins Dorf geführt, wo man am Abend einen Tanz hält. An einigen Orten heißt das Brautpaar der Prinz und die Prinzessin.

    Den alten Mann ins Loch karren. In Burg bei Reideburg, eine halbe Meile von Halle, reiten zwölf »Pfingstburschen« am frühen Morgen, bunt geschmückt und von zwei Wagen begleitet, in den Wald: auf dem einen Wagen sitzen zehn Musikanten, der andre ist leer. Im Walde hauen die Pfingstburschen unter Musik die Pfingstmaie um und führen sie auf dem zweiten Wagen ins Dorf. Sie reiten nun noch am Vormittag auf die benachbarten Dörfer und laden die Bewohner zu ihrem Feste ein. Das Fest beginnt Nachmittags damit, daß man einen Mann aus Stroh zusammen bindet, ihn auf eine Karre legt und eine Grube von der Länge des Mannes gräbt. Einem der Pfingstburschen nach dem andern werden nun die Augen verbunden, und er muß so mit der Karre auf die Grube zu fahren. Wer die Grube trifft, der erhält den Preis, welcher an die Maie angebunden ist, gewöhnlich ein Tuch oder Zeug zu einer Weste. Der Mann von Stroh bleibt in der Grube liegen; man schüttet sie wieder zu, und dann tanzt das ganze Dorf um die Maie. Dieses Spiel nennt man »Den alten Mann ins Loch karren .«

    Den

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