Sagen von der Alhambra (German Edition)
seinen Mantel steckte, schritt dem Kloster mit eiligen Schritten zu.
Als Lope Sanchez nach Hause kam, erzählte ihm seine Frau, was vorgegangen war. Er war sehr ärgerlich; denn ihm fehlte der fromme Sinn seiner Frau, und er seufzte schon seit einiger Zeit über die vertraulichen Besuche des Mönchs. »Frau«, sagte er, »was hast du gethan? Du hast durch dein Plaudern Alles auf das Spiel gesetzt.«
»Was?« rief die gute Frau; »willst du mir verbieten, mein Gewissen vor meinem Beichtvater zu entladen?«
»Nein, Frau! Beichte von deinen Sünden, so viel du nur willst; aber dieses Schatzgraben ist meine Sünde, und mein Gewissen ist sehr leicht unter der Last derselben.«
Allein das Klagen half jetzt nichts mehr, das Geheimniß war nun einmal ausgeplaudert und ließ sich, wie auf den Sand gegossenes Wasser, nicht wieder zurücknehmen. Ihre einzige Hoffnung gründete sich auf die Verschwiegenheit des Mönchs.
Während Lope Sanchez am nächsten Tage draußen war, ließ sich ein leises Klopfen an der Thüre hören, und Pater Simon trat mit freundlicher, sittsamer Miene ein.
»Tochter«, sagte er, »ich habe inbrünstig zu dem heiligen Franciskus gebetet, und er hat mein Gebet erhört. In der Mitte der Nacht ist mir der Heilige im Traume erschienen, aber sein Antlitz zürnte. »Höre«, sagte er, »du betest zu mir, um Vergebung wegen dieses heidnischen Schatzes zu erhalten, während du die Armuth meiner Kapelle siehst? Gehe in das Haus des Lope Sanchez, bitte ihn in meinem Namen um einen Theil des maurischen Goldes, um zwei Leuchter für den Hauptaltar zu kaufen, und laß ihn das Uebrige in Frieden besitzen.«
Als die gute Frau von dieser Erscheinung hörte, kreuzte sie sich ehrerbietig, ging zu dem geheimen Plätzchen, wo Lope seinen Schatz verborgen hatte, und füllte einen großen ledernen Beutel mit Stücken maurischen Goldes und gab ihn dem Mönch. Dagegen ertheilte der Mönch Segen genug, um, wenn der Himmel ihn auslöst, ihr Geschlecht bis in die spätesten Zeiten zu bereichern, ließ dann den Beutel in den Aermel seiner Kutte gleiten, faltete seine Hände über seiner Brust und schied mit einer Miene demüthiger Dankbarkeit.
Als Lope Sanchez von diesem zweiten der Kirche gemachten Geschenke hörte, gerieth er fast außer sich. »Ich unglücklicher Mann«, rief er, »was soll aus mir werden? Ich werde stückweise beraubt; ich werde zu Grunde gerichtet und an den Bettelstab gebracht werden!«
Nur mit großer Mühe konnte ihn seine Frau beruhigen, indem sie ihn an den ungeheuern Reichthum erinnerte, welcher ihm noch verblieb, und ihn fühlen ließ, wie gütig es von dem heiligen Franciskus sei, sich mit einem spärlichen Antheil zu begnügen.
Unglücklicherweise hatte Pater Simon eine Anzahl armer Verwandte, für welche gesorgt werden mußte, einiger halben Dutzend starker, rundköpfiger Waisen-und verlassener Findelkinder nicht zu gedenken, die er unter seinen Schutz genommen hatte. Er wiederholte daher von Tag zu Tag seine Besuche und seine Bitten zum Besten des heiligen Dominikus, des heiligen Andreas, des heiligen Jakob, bis der arme Lope in Verzweiflung gerieth und fand, daß, wenn er sich dem Bereich des frommen Mönchs nicht entzöge, er jedem Heiligen des Kalenders Sühnopfer würde bringen müssen. Er beschloß daher, den ihm noch bleibenden Schatz zusammenzupacken, heimlich in der Nacht aufzubrechen und in einen andern Theil des Königreichs zu ziehen.
Voll von diesem Plane kaufte er ein starkes Maulthier und band es in einem dunkeln Gewölbe unten in dem Thurme der sieben Stockwerke an, an derselben Stelle, wo der Belludo, d. h. das Kobold-Pferd ohne Kopf, um Mitternacht herauskommen und durch die Straßen von Granada, gefolgt von einer Meute Höllenhunde, rennen soll. Lope Sanchez schenkte der Geschichte wenig Glauben, benutzte aber die dadurch erweckte Furcht; denn er wußte wohl, daß sich Niemand leicht in den unterirdischen Stall des Gespenster-Rosses wagen würde. Im Laufe des Tages schickte er seine Familie mit dem Befehle weg, ihn in einem entfernten Dorfe der Vega zu erwarten. Als die Nacht vorrückte, brachte er seinen Schatz in das Gewölbe unter dem Thurm, belud sein Maulthier damit, führte es heraus und leitete es vorsichtig den dunkeln Weg abwärts.
Der ehrliche Lope hatte diese Maßregeln in der größten Stille genommen und sie Niemandem als dem treuen Weibe seines Herzens mitgetheilt. Durch irgend eine wunderbare Offenbarung jedoch waren sie dem Pater bekannt geworden. Der
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