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Sagen von der Alhambra (German Edition)

Sagen von der Alhambra (German Edition)

Titel: Sagen von der Alhambra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Brut, wenn ein verlaufener Hund naht.
    »Welchen ungläubigen Gefährten«, sagte sie, »bringst du in dieser nächtlichen Stunde in das Haus, um die Augen der Inquisition auf uns zu ziehen?«
    »Sei ruhig, Frau!« sagte der Gallego; »es ist ein armer, kranker Fremdling, ohne Freund und Obdach. Möchtest du ihn abweisen, damit er auf der Straße sterbe?«
    Das Weib hätte sich noch gesträubt, denn obgleich sie in einer elenden Hütte lebte, so war sie doch eine eifrige Kämpferin für den Kredit ihres Hauses; aber der kleine Wasserträger war dieses Mal hartnäckig und wollte sich nicht unter das Joch beugen. Er half dem armen Moslem absteigen und breitete eine Matte und ein Schaffell für ihn in dem kühlsten Theile des Hauses auf den Boden – ein besseres Bett konnte seine Armuth nicht bieten.
    Nach einer kleinen Weile bekam der Maure die heftigsten Krämpfe, die aller hülfreichen Geschicklichkeit des einfachen Wasserträgers trotzten. Das Auge des armen Kranken sprach seine Erkenntlichkeit aus. In einem schmerzenfreien Augenblick rief er ihn an seine Seite und sagte mit leiser Stimme zu ihm: »Mein Ende, fürchte ich, ist nahe. Wenn ich sterbe, vermache ich dir diese Kapsel als Lohn für deine Güte.« Bei diesen Worten öffnete er seinen Albornoz oder das Ueberkleid, und zeigte eine kleine Kapsel von Sandelholz, die mit einem Riemen um seinen Leib gebunden war. »Gott gebe, mein Freund«, versetzte der würdige kleine Gallego, »daß Ihr viele Jahre lebt, um Euch Eures Schatzes zu erfreuen, welcher Art er auch sein mag.« Der Maure schüttelte den Kopf; er legte seine Hand auf die Kapsel und schien noch etwas in Bezug auf dieselbe sagen zu wollen, aber seine Krämpfe kamen mit erhöhter Heftigkeit zurück, und nach einer kleinen Weile war er todt.
    Des Wasserträgers Weib war jetzt wie wahnsinnig. »Das kommt von deiner thörichten Gutmüthigkeit«, sagte sie; »immer stürzest du dich ins Unglück, um Andern zu helfen. Was wird aus uns werden, wenn man diese Leiche in unserm Hause findet? Man wird uns als Mörder ins Gefängniß stecken, und wenn wir mit dem Leben davon kommen, werden uns die Advokaten und Gerichtsdiener zu Grunde richten.«
    Der arme Peregil war in gleicher Unruhe und bereute es beinahe, eine gute That gethan zu haben. Endlich durchkreuzte ihn ein Gedanke. »Es ist noch nicht Tag«, sagte er, »und ich kann die Leiche aus der Stadt bringen und sie in dem Sand an den Ufern des Xenil begraben. Niemand sah den Mauren in unser Haus kommen, und Niemand soll etwas von seinem Tode erfahren.«
    Wie gesagt, so gethan. Die Frau half ihm. Sie wickelten die Leiche des unglücklichen Moslem in die Matte, auf welcher er gestorben war, legten sie über den Esel, und Peregil zog mit ihr an das Ufer des Flusses.
    Zum Unglück wohnte dem Wasserträger gegenüber ein Barbier, Namens Pedrillo Pedrugo, einer der Neugierigsten, Schwatzhaftesten und Boshaftesten seiner klatschhaften Zunft. Es war ein wieselköpfiger, spinnenbeiniger Schurke, geschmeidig und zudringlich; der berühmte Barbier von Sevilla konnte ihn in umfassender Kenntniß der Angelegenheiten Anderer nicht übertreffen, und er konnte nicht mehr bei sich behalten wie ein Sieb. Man sagte, er schliefe immer nur mit Einem Auge, und habe Ein Ohr unbedeckt, damit er selbst im Schlafe Alles hören und sehen könnte, was vorging. So viel ist gewiß, er war eine Art Läster-Chronik für die Neuigkeitskrämer von Granada, und hatte mehr Kunden als alle übrigen Barbiere der Stadt.
    Dieser ruhelose Barbier hörte den Peregil zu einer ungewöhnlichen Stunde der Nacht ankommen, ebenso das Geschrei seines Weibes und der Kinder. Alsbald steckte er auch seinen Kopf aus dem kleinen Fenster, das ihm als ein Lug-ins-Land diente, und sah seinen Nachbarn einem Manne in maurischem Gewand in seine Wohnung helfen. Das war ein so auffallendes Ereigniß, daß Pedrillo diese Nacht nicht einen Moment schlief. Alle fünf Minuten war er an seinem Fensterchen; er gewahrte das Licht, das durch die Spalten der Thüre des Nachbars flimmerte, und sah vor Anbruch des Tages Peregil mit seinem ungewöhnlich beladenen Esel abziehen.
    Der neugierige Barbier war außer sich; er schlüpfte in seine Kleider, stahl sich schweigend fort und folgte in einiger Entfernung dem Wasserträger, wo er ihn denn auf dem Sandufer des Xenil eine Grube graben und Etwas in dieselbe verscharren sah, das wie die Leiche eines Menschen aussah.
    Der Barbier eilte nach Haus, polterte in seiner Bude umher und

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