Sag's Nicht Weiter, Liebling
an, und ich sehe eine Frau mit rotem Haar, die mich, die Hand auf dem Lichtschalter, streitlustig ansieht.
»Was zum Teufel machst du denn hier? Spionierst du uns nach?«
»Nein!«, sage ich. »Tut mir Leid. Ich wollte nicht … ich habe versehentlich gehört …« Ich schlucke. »Es ist so, Connor macht es nicht absichtlich kompliziert. Er will nur, dass du ehrlich bist. Er will nur wissen, was du möchtest.« Ich setze mein verständnisvollstes, weiblichstes Gesicht auf. »Francesca … sag ihm, was du willst.«
Francesca starrt mich ungläubig an, dann sieht sie zu Connor.
»Sie soll sich verpissen.« Sie zeigt auf mich.
»Oh«, sage ich erstaunt. »Äh, okay. Tut mir Leid.«
»Und mach das Licht aus, wenn du gehst«, fügt Francesca hinzu und führt Connor den Gang hoch in den hinteren Teil des Zuschauerraums.
Wollen die da vögeln ?
Okay, da will ich lieber wirklich nicht mehr hier sein.
Hastig schnappe ich mir meine Tasche und flitze die Sitzreihe entlang zum Ausgang. Ich schiebe mich durch die Doppeltür ins Foyer, mache unterwegs das Licht aus, und trete auf den Hof hinaus. Ich schließe die Tür hinter mir und sehe hoch.
Und erstarre.
Ich fasse es nicht. Da ist Jack.
Da ist Jack, und er kommt schnellen Schrittes und mit entschlossenem Gesicht über den Hof auf mich zu. Ich habe überhaupt keine Zeit nachzudenken oder mich vorzubereiten.
Mein Herz rast. Ich würde gern etwas sagen oder weinen oder … irgendwas tun, aber ich kann nicht.
Er erreicht mich auf dem knirschenden Kies, packt mich an den Schultern und sieht mich lange und intensiv an.
»Ich habe Angst im Dunkeln.«
»Was?«, stammle ich.
»Ich habe Angst im Dunkeln. Schon immer. Ich habe immer einen Baseballschläger unterm Bett, zur Vorsicht.«
Ich starre ihn völlig verwirrt an.
»Jack …«
»Ich mag keinen Kaviar.« Er sieht sich um. »Ich … mein Französisch ist mir peinlich.«
»Jack, was hast du …«
»Die Narbe auf meinem Handgelenk kommt daher, dass ich mit vierzehn einer Bierflasche den Hals abgebrochen habe. Als Kind habe ich meine Kaugummis immer unter Tante Francines Esstisch geklebt. Ich bin von einem Mädchen namens
Lisa Greenwood in der Scheune ihres Onkels entjungfert worden und habe sie hinterher gefragt, ob ich ihren BH behalten dürfte, um ihn meinen Freunden zu zeigen.«
Ich kann nicht anders, ich muss schnaubend lachen, aber Jack macht ungerührt weiter, seine Augen in meine versenkt.
»Ich habe die ganzen Krawatten, die ich immer von meiner Mutter zu Weihnachten bekomme, nie getragen. Ich wollte immer gerne ein paar Zentimeter größer sein. Ich … ich weiß nicht, was Co-Abhängigkeit ist. Ich träume immer mal wieder, dass ich Superman bin und vom Himmel falle. Manchmal sitze ich in irgendwelchen Sitzungen und denke ›Wer zum Teufel sind all diese Leute?‹.«
Er atmet tief ein und starrt mich an. Seine Augen sind dunkler denn je.
»Ich habe im Flugzeug eine Frau kennen gelernt. Und … daraufhin hat sich mein ganzes Leben verändert.«
Mein Blut gerät in Wallung. Meine Kehle ist zugeschnürt, und mir brummt der Kopf. Ich gebe mir alle Mühe, nicht zu weinen, aber mein Gesicht verzerrt sich von ganz alleine.
»Jack«, ich schlucke verzweifelt. »Ich habe nicht … ich habe wirklich nicht …«
»Ich weiß«, fällt er mir nickend ins Wort. »Ich weiß, dass du das nicht getan hast.«
»Ich würde doch nie …«
»Ich weiß, dass du das nicht tun würdest«, sagt er sanft. »Ich weiß.«
Und jetzt komme ich nicht mehr dagegen an, mir rinnen die Tränen der Erleichterung übers Gesicht. Er weiß es. Es ist okay.
»Also …«, ich wische mir das Gesicht ab und versuche, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Heißt das … bedeutet das … dass wir …« Ich kann es nicht aussprechen.
Wir schweigen unerträglich lange.
Wenn er nein sagt, weiß ich nicht, was ich tun soll.
»Na ja, vielleicht willst du dir mit der Entscheidung noch ein bisschen Zeit lassen«, sagt Jack schließlich und sieht mich mit unbewegtem Gesicht an. »Ich habe dir nämlich noch eine Menge mehr zu erzählen. Und nicht nur Schönes.«
Ich lache unsicher.
»Du musst mir gar nichts erzählen.«
»Oh, doch«, sagt Jack fest. »Ich denke doch. Wollen wir ein Stück gehen?« Er zeigt auf den Hof. »Es könnte nämlich eine Weile dauern.«
»Okay«, sage ich, immer noch mit etwas zitternder Stimme. Jack hält mir den Arm hin, und nach einem Moment hänge ich mich ein.
»Also … wo war ich?«, sagt er, als wir
Weitere Kostenlose Bücher