Sag's Nicht Weiter, Liebling
ich, dass ich vielleicht befördert werde, wenn es gut läuft. In der
Stellenanzeige stand damals »Beförderung nach einem Jahr möglich«. Am Montag findet das jährliche Beurteilungsgespräch mit meinem Chef Paul statt. Ich habe »Beurteilungsgespräch« im Personalhandbuch nachgeschlagen, und dort steht, das sei »die ideale Gelegenheit, über die nächsten Karriereschritte zu sprechen«.
Karriere! Bei dem Gedanken spüre ich gleich wieder dieses stechende Verlangen in der Brust. Dann würde Dad endlich mal sehen, dass ich keine Totalversagerin bin. Und Mum. Und Kerry. Ich könnte nach Hause fahren und beiläufig erwähnen, »ach, übrigens, ich bin zum Marketing Executive befördert worden«.
Emma Corrigan, Marketing Executive. Emma Corrigan, Stellv. Geschäftsführerin (Marketing).
Wenn das heute bloß gut geht. Paul sagte, der Deal sei längst unter Dach und Fach, ich müsse nur noch nicken und ein paar Hände schütteln, und das könne selbst ich hinkriegen. Und ich würde sagen, bis jetzt läuft es richtig gut.
Na gut, neunzig Prozent von dem, was die reden, verstehe ich nicht. Aber in der mündlichen Französischprüfung habe ich damals auch nicht viel verstanden und trotzdem eine Zwei bekommen.
»Rebranding … Analyse … Rentabilität …«
Der Mann im grauen Anzug schwafelt immer noch irgendwas. So unauffällig wie möglich ziehe ich seine Visitenkarte zu mir herüber, um sie lesen zu können.
Doug Hamilton. Ach ja, richtig. Okay, das kann ich mir merken. Doug klingt wie Dog, das ist einfach. Ich merke mir einen Hund. Mit Ham , einem Schinken. Das … passt irgendwie nicht zusammen …
Na gut, vergessen wir das. Ich schreibe es mir einfach auf.
Ich notiere mir »Rebranding« und »Doug Hamilton« und rutsche unbehaglich herum, weil es so zwickt. Herrgott, mein Slip ist vielleicht unbequem. Ich meine, selbst der tollste String ist nicht bequem, finde ich, aber dieser ist besonders schlimm. Was daran liegen könnte, dass er zwei Nummern zu klein ist.
Was möglicherweise daran liegen könnte, dass Connor ihn mir gekauft und der Wäscheverkäuferin erzählt hat, ich würde 53 Kilo wiegen. Weshalb sie ihm Größe sechsunddreißig verkauft hat. Größe sechsunddreißig!
(Ehrlich gesagt glaube ich, die Frau war einfach gemein. Sie muss doch gewusst haben, dass das geschwindelt war.)
Also packe ich bei der Bescherung an Heiligabend dieses entzückende zartrosa Seidenhöschen aus. Größe sechsunddreißig. Und habe nur zwei Möglichkeiten:
A: Beichten: »Ehrlich gesagt, das ist zu klein, ich brauche eher vierzig, und übrigens wiege ich auch nicht 53 Kilo, wenn wir schon mal dabei sind.« Oder …
B: Mich hineinzwängen.
Eigentlich ging es. Man konnte die roten Striemen auf der Haut nachher kaum sehen. Und außerdem brauchte ich dann nur noch schnell sämtliche Etiketten aus meiner Kleidung zu schneiden, damit Connor nichts merkt.
Seither habe ich dieses Wäschestück kaum je getragen, ist ja klar. Aber gelegentlich, wenn ich es da so hübsch und teuer in der Schublade liegen sehe, denke ich, ach, was soll’s, so eng wird’s schon nicht sein, und quetsche mich irgendwie hinein. So auch heute Morgen. Ich dachte sogar, ich hätte wohl abgenommen, weil es sich gar nicht so schlimm anfühlte.
Vollkommen idiotische Selbsttäuschung.
»… leider, wegen unseres Rebrandings noch mal gründlich überdenken … müssen alternative Synergien erwägen …«
Bislang saß ich nur da und nickte und fand so einen Geschäftstermin ziemlich locker. Aber jetzt dringt Doug Hamiltons
Stimme plötzlich in mein Bewusstsein durch. Was redet der da?
»… zwei divergierende Produkte … nicht mehr kompatibel …«
Wie, nicht mehr kompatibel? Wieso noch mal gründlich überdenken? Plötzlich bin ich alarmiert. Möglicherweise ist das doch nicht nur Geschwätz. Möglicherweise sagt er tatsächlich etwas. Hör mal besser zu.
»Wir haben die effektive und synergetische Zusammenarbeit zwischen Panther und Glen Oil stets sehr zu schätzen gewusst«, sagt Doug Hamilton. »Aber Sie sehen ja selbst, dass wir unterschiedliche Richtungen einschlagen.«
Unterschiedliche Richtungen?
Darüber redet er die ganze Zeit?
Mir dreht sich der Magen um.
Er kann doch nicht …
Will er den Deal platzen lassen? »Entschuldigen Sie, Doug«, sage ich so lässig wie möglich. »Ich habe Ihnen natürlich sehr genau zugehört.« Ich schenke ihm ein irrsinnig professionelles Lächeln. »Aber können Sie das vielleicht noch mal … äh,
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