Sag's Nicht Weiter, Liebling
angefangen.
Der Barkeeper stellt mir den Wodka-Tonic hin und sieht mich fragend an. »Kopf hoch«, sagt er, »so schlimm kann es doch gar nicht sein.«
»Danke«, sage ich aufatmend und trinke einen Schluck. Fühlt sich schon besser an. Beim zweiten Schluck klingelt mein Handy.
Mein Magen macht einen nervösen Hüpfer. Wenn es das Büro ist, tue ich einfach so, als hätte ich es nicht gehört.
Ist es aber nicht, das Display zeigt unsere eigene Nummer.
»Hi«, sage ich, als ich auf den grünen Knopf drücke.
»Hallo!«, ruft Lissys Stimme. »Ich bin’s nur. Und, wie war’s?«
Lissy ist meine Mitbewohnerin und meine älteste Freundin. Sie hat wuscheliges dunkles Haar und einen IQ von ungefähr 600 und ist der süßeste Mensch, den ich kenne.
»Es war die Hölle«, jammere ich.
»Was ist denn passiert? Ist der Deal geplatzt?«
»Der Deal ist nicht nur geplatzt, sondern ich habe außerdem noch den Marketingchef von Glen Oil in Johannisbeerlimo ertränkt.«
Die Stewardess an der Bar unterdrückt ein Lächeln, und ich merke, wie ich rot werde. Na toll. Dann weiß es ja jetzt die ganze Welt.
»Du Arme.« Ich kann förmlich spüren , wie Lissy nach einem positiven Aspekt daran sucht. »Na, dann hast du ja wenigstens Aufsehen erregt«, sagt sie schließlich. »Jedenfalls werden sie dich nicht so schnell vergessen.«
»Wohl kaum«, sagte ich mürrisch. »Und, irgendwelche Nachrichten für mich?«
»Oh! Ähm … nein. Na ja, dein Vater hat angerufen, aber … also … es war nicht …«, windet sie sich.
»Lissy. Was wollte er?«
»Anscheinend hat deine Cousine irgend so einen Wirtschaftspreis gewonnen«, sagt sie entschuldigend. »Das wollen sie am Samstag feiern, zusammen mit dem Geburtstag deiner Mutter.«
»Oh. Toll.«
Ich sacke noch tiefer zusammen. Das hat mir gerade noch gefehlt. Meine Cousine Kerry, die mit einem silbernen Bestes-Reisebüro-der-Welt-oder-besser-des-Universums-Pokal triumphiert.
»Und Connor hat auch angerufen, er wollte wissen, wie es war«, fügt Lissy schnell hinzu. »Er war echt süß, er wollte dich nicht während des Meetings auf dem Handy anrufen, um dich nicht zu stören.«
»Ehrlich?«
Zum ersten Mal heute hebt sich meine Laune.
Connor. Mein Freund. Mein wunderbarer, rücksichtsvoller Freund.
»Er ist wirklich ein Schatz!«, sagt Lissy. »Er sagt, er steckt noch den ganzen Nachmittag in einem wichtigen Meeting, aber er hat sein Squash-Spiel heute Abend extra abgesagt und fragt, ob du mit ihm ausgehen willst.«
»Oh«, sage ich freudig erregt. »Oh, ja, das wäre schön. Danke, Lissy.«
Ich lege auf, trinke noch einen Schluck Wodka und fühle mich schon deutlich besser.
Mein Freund.
Es ist, wie Julie Andrews singt: When the dog bites, when the bee stings … dann muss ich nur dran denken, dass ich einen Freund habe - und schon ist alles nicht mehr ganz so beschissen.
Oder so ähnlich jedenfalls.
Und nicht einfach irgendeinen Freund. Einen großen, gut aussehenden, intelligenten Freund, über den die Marketing Week schrieb: »Einer der klügsten Köpfe in der heutigen Marktforschung.«
Ich sitze hier mit meinem Wodka und lasse mich von den Gedanken an Connor trösten. Wie sein blondes Haar im
Sonnenlicht glänzt und wie er immer lächelt. Und wie er neulich die ganze Software auf meinem Computer aktualisiert hat, ohne dass ich ihn darum gebeten hatte, und wie er … er …
Mir fällt nichts mehr ein. Das ist ja lachhaft. Ich meine, an Connor ist so vieles wunderbar, angefangen mit seinen … seinen langen Beinen. Genau. Und seinen breiten Schultern. Und wie er sich um mich gekümmert hat, als ich die Grippe hatte. Welcher Mann tut, das schon? Eben.
Ich bin so glücklich, wirklich.
Ich lege das Telefon beiseite, streiche mir durchs Haar und gucke auf die Uhr hinter der Bar. Noch vierzig Minuten bis zum Abf lug. Nicht mehr lange. Meine Nerven fangen an zu prickeln, als würden lauter kleine Insekten über mich krabbeln, und ich leere mein Glas mit einem großen Schluck.
Wird schon gehen, sage ich mir zum tausendsten Mal. Wird schon gut gehen.
Ich habe doch keine Angst. Ich habe nur … ich habe nur …
Okay. Ich habe Angst.
16. Ich habe Flugangst.
Ich habe noch nie jemandem erzählt, dass ich Flugangst habe. Das klingt einfach zu blöd. Und ich habe ja schließlich keine Phobie oder so was. Es ist nicht so, dass ich nicht in Flugzeuge einsteigen könnte. Es ist nur … wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber am Boden bleiben.
Früher hatte ich
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